Full text: Handbuch des Öffentlichen Rechts. Band II.3. Das Staatsrecht des Königreichs Preußen. (23)

8 34. Die rechtliche Stellung der Minister und die Ministerverantwortlichkeit. 101 
dem König unterstehende, von seinen Aufträgen abhängige Staatsbehörde, deren Mitglieder 
Staatsbeamte sind. 
Nach der V. v. 27 / 10. 1810 zerfällt das Kabinett in zwei Abtheilungen, für Hof- und 
Civilsachen, und für Militärsachen; durch kaiserl. Ordres vom 28/3. und 30/3. 1889 ist vom 
Militärkabinett ein Marinekabinett abgetrennt worden. An der Spitze des Civilkabinetts steht 
ein Geheimer Kabinettsrath, der insbesondere in den sog. Gnadensachen, vor allem bei Be- 
gnadigungen in Strafsachen dem Könige Vortrag zu halten hat. Das Militärkabinett, das 
aus Militärpersonen besteht, hat alle Militärsachen, die an den König persönlich eingehen, zu 
bearbeiten und vorzutragen. Die Aufgabe des Militärkabinetts ist um so wichtiger, als für 
die lediglich aus der Kommandogewalt des Königs, bezw. Kaisers fließenden Armeebefehle 
keine ministerielle Gegenzeichnung besteht. Durch Kab. O. v. 8/3. 1883 sind die Geschäfte der 
(auf dem Etat des Kriegsministeriums verbliebenen) Abtheilung für persönliche Angelegen- 
heiten im Kriegsministerium auf das in seinem Personalbestande mit denselben zusammen- 
fallende Militärkabinett übertragen worden. Dem Chef des neu errichteten Marinekabinetts 
ist die Bearbeitung der Angelegenheiten der Kriegsmarine und der Vortrag in denselben in 
dem gleichen Umfange überwiesen, wie diese Funktionen dem Chef des Militärkabinetts für 
Armeeangelegenheiten zusteht. 
§ 34. Die rechtliche Stellung der Minister und die Ministerverantwortlichkeit!). 
I. Die rechtliche Stellung der Minister. Nach konstitutionellem Staatsrechte nehmen 
die Minister eine doppelte Stellung ein: eine verwaltungsrechtliche und eine verfass- 
ungsrechtliche. Sie sind nämlich 1. in unmittelbarer Unterordnung unter den Monarchen 
die Leiter der verschiedenen großen Verwaltungszweige, in welche die gesammte Staatsver- 
waltung zerfällt 2); 2. diejenigen höchsten Beamten, an deren Mitwirkung der Monarch bei Aus- 
übung der Staatsgewalt in der Weise gebunden ist, daß seine Willensäußerungen erst durch 
die Gegenzeichnung der Minister oder eines derselben, staatsrechtliche Gültigkeit erlangen, also 
Regierungsakte werden. 
Die Minister sind Staatsbeamte; es finden auf sic daher grundsätzlich die Vorschriften 
des Beamtenrechts Anwendungz jedoch sind sie Beamte besonderer Art, was sich in folgenden 
Beziehungen äußert: a) sie können jeder Zeit vom Monarchen entlassen, also ihres Amtes ent- 
setzt werden (Art. 45 V. U.), während sonst die Entlassung eines Beamten nur in den gesetzlich 
vorgesehenen Fällen auf Grund eines Disciplinarverfahrens zulässig ist (Vgl. § 45); b) die 
Vorschriften der Disciplinargesetze finden auf sie keine Anwendung; dieselben sind ersetzt einer- 
seits durch das freie Entlassungsrecht des Monarchen, andererseits durch die von der Volksver- 
tretung geltend zu machende besondere Ministerverantwortlichkeit; c) als Leiter der ihnen an- 
vertrauten Verwaltungszweige sind sie verantwortlich für alle von ihnen befohlenen, bezw. gut- 
geheißenen Maßregeln der ihnen untergebenen Beamten, soweit dieselben ihren Befehlen zu 
gehorchen verpflichtet sind. Ebenso sind sie verantwortlich für alle Regierungsakte des unver- 
antwortlichen Monarchen, soweit derselbe hierbei an die Mitwirkung eines Ministers gebunden 
ist; d) als Staatsbeamte sind sie an und für sich verpflichtet, die Befehle des Monarchen aus- 
zuführen; da sie jedoch für die Regierungsakte des Monarchen die Verantwortlichkeit zu über- 
nehmen haben, können sie nicht gezwungen werden, Befehle auszuführen, durch welche diese 
  
1) Vgl. die Citate zum vorigen Paragraphen (§ 33); ferner Pistorius, die Staatsgerichtshöfe 
und die Ministerverantwortlichkeit. 1891. 
2) Wenn auch in der Regel die Minister an der Spitze der verschiedenen Verwaltungszweige 
als deren verantwortliche Leiter stehen, so sind doch Minister „ohne Portefeuille“ nach preußischem 
Rechte nicht ausgeschlossen und schon wiederholt ernannt worden. Dieselben nehmen in verfassungs- 
rechtlicher Hinsicht dieselbe Stellung ein wie die übrigen Minister und sind selbstverständlicher Weise 
Mitglieder des Staatsministeriums. (Der im März 1892 ernannte Vizepräsident des Staatsministeriums, 
Graf B. Eulenburg, war z. B. Minister ohne Portefeuille.)
	        
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