Full text: Handbuch des Öffentlichen Rechts. Band II.3. Das Staatsrecht des Königreichs Preußen. (23)

102 Zweites Buch: Staat und Staatsverfassung. IV. Kapitel. 8 34. 
ihre Verantwortlichkeit begründet werden würde, weil die betr. Maßregel sich als gesetzwidrig 
darstellt. 
II. Die verwaltungsrechtliche Stellung ist geregelt im Publikandum v. 16/12. 
1808 und in der V.O. v. 27/10. 1810 über die veränderte Verfassung aller oberster Staats- 
behörden. Die damals aufgestellten Grundsätze über das Verhältniß der Minister zum König 
sind auch heute noch maßgebend. 
An der Spitze eines jeden obersten Verwaltungsdepartements steht ein Minister, dessen 
Wirksamkeit in Betreff der ihm überwiesenen Verwaltungsgegenstände auf die ganze Monarchie 
sich erstreckt. Jeder Minister führt die ihm anvertraute Verwaltung selbstständig unter un- 
mittelbarer Verantwortlichkeit gegen den König. Trotzdem die Minister in ihrem Verwaltungs- 
zweige auf eigene Verantwortlichkeit verfügen, sind sie bei einer Anzahl von Gegenständen nach 
Maßgabe der V. vom 27/10. 1810 an die vorher einzuholende Genehmigung des Königs ge- 
bunden. (Vgl. § 33 II.) 
Der Wirkungskreis der Minister umfaßt hauptsächlich die Vorbereitung der Gesetzent- 
würfe, die Ertheilung der allgemeinen Vorschriften über die Grundsätze der Verwaltung und 
die Ueberwachung der gehörigen Befolgung der Gesetze. Zu diesem Zwecke haben sie das Recht, 
Dienstanweisungen an die ihnen untergebenen Behörden über die Ausführung und Anwendung 
der Gesetze zu erlassen. 
Außerdem haben sie die oberste Entscheidung aller in ihrem Verwaltungsgebiete ent- 
stehenden Rechts= und Zweckmäßigkeitsfragen, soweit diese Entscheidung gesetzlich nicht be- 
sonderen Behörden oder den Gerichten übertragen ist. Hervorzuheben ist dabei, daß durch die 
neuen Reformgesetze ein Theil der früheren Zuständigkeiten der Minister, namentlich der Mi- 
nister des Innern und der Finanzen auf andere Behörden, insbesondere das Oberverwaltungs- 
gericht, übergegangen ist. 
III. Die verfassungsrechtliche Stellung der Minister ergiebt sich aus Art. 44 
V. U. wonach alle Regierungsakte des Königs zu ihrer Gültigkeit der Gegenzeichnung eines 
Ministers bedürfen, der hierdurch die Verantwortlichkeit übernimmt. Die Bedeutung der Vor- 
schrift des Art. 44 ist die, daß der unverantwortliche Monarch bei Regierungsakten an die 
Mitwirkung verantwortlicher Minister gebunden ist. Diese Mitwirkung wird in der Regel als 
Gegenzeichnung der in schriftlicher Form zu Tage tretenden Anordnungen und Verfügungen 
des Monarchen erscheinen. Die Gegenzeichnung ist jedoch nur ein Beweismittel für die Mit- 
wirkung, die Verantwortlichkeit der Minister kann auch begründet sein, wenn eine Gegenzeich- 
nung nicht vorliegt. Namentlich trifft dies dann zu, wenn eine Regierungshandlung des Mo- 
narchen, welche nach gesetzlicher Vorschrift hätte vorgenommen werden sollen wie z. B. die Ein- 
berufung des Landtags, nicht vorgenommen wurde. 
In Art. 44 V. U. ist die Gegenzeichnung für alle Regierungsakte des Königs ver- 
langt; wie allgemein anerkannt ist, fallen jedoch unter diesen Begriff nicht die sog. Armeebe- 
fehle, d. h. die Verfügungen und Anordnungen des Königs, die er kraft seiner Kommando- 
gewalt über die Armee erläßt, im Gegensatze zu den Armeeverordnungen, welche Ver- 
fügungen und Verwaltungsverordnungen auf dem Gebiete der Militärverwaltung im engeren 
Sinne enthalten 1. Dem entsprechend hat die Allerh. V. v. 18/1. 1861(M. Bl. d. i. V. S. 73) 
bestimmt, daß alle der Armee bekannt zu machenden „Ordres“ den Charakter des Befehles be- 
halten sollen. Sodann stellt sie „Armeebefehle und diejenigen Ordres, welche der König in 
Militärdienstsachen oder Personalangelegenheiten“ erläßt, den nur „die Militärverwaltung im 
allgemeinen oder in ihren einzelnen Zweigen betreffenden Ordres in Armeeangelegenheiten, 
welche die Etats alteriren oder sonst einen Regierungsakt enthalten“ gegenüber. Letztere sollen 
  
1) Hecker, Armeebefehl und Armeeverordnung in Stengels Wörterbuch des Verw.-Rechts, 
I. S. 63 f.
	        
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