l 35. Die Provinzial= und Bezirksbehörden. 107
Die im Vorstehenden aufgeführte Eintheilung der preußischen Monarchie in Provinzen
ist in § 1 L.V.G. mit der Maßgabe aufrecht erhalten worden, daß die Stadt Berlin aus der
Provinz Brandenburg ausschied und jetzt einen Verwaltungsbezirk für sich bildet. Demgemäß
zerfällt gegenwärtig derpreußische Staat in folgende Provinzen: 1. Ostpreußen, 2. Westpreußen,
3. Pommern, 4. Brandenburg, 5. Sachsen, 6. Posen, 7. Schlesien, 8. Westfalen, 9. Rhein-
provinz, 10. Hannover, 11. Hessen-Nassau. Keiner Provinz einverleibt sind a) der Stadtkreis
Berlin, b) die Hohenzollern'schen Lande.
Die Insel Helgoland wurde durch das G. v. 18/2. 1891 § 3 der Provinz Schleswig-
Holstein in Bezug auf die staatliche Verwaltung zugetheilt.
Nachdem schon durch das Publikandum v. 16/12.1808 wegen verbesserter Einrichtung der
Provinzial-, Polizei= und Finanzbehörden 8 34 ff. die Oberpräsidenten geschaffen waren,
welche ihre erste Geschäftsinstruktion am 26/12. 1808 erhielten, bestimmte die V. v. 30/4.1815,
daß in jeder Provinz ein Oberpräsident die Verwaltung derjenigen allgemeinen Landesangelegen-
heiten führen soll, welche zweckmäßiger der Ausführung einer Behörde anvertraut werden, deren
Wirkungskreis nicht auf einen einzelnen Regierungsbezirk beschränkt ist. Zu diesen Angelegen-
heiten gehören nach § 53 der V. v. 30/4. 1815: a) alle ständischen Angelegenheiten, soweit
der Staat verfassungsmäßig darauf einwirkt; b) die Aufsicht auf die Verwaltung aller öffent-
lichen Institute, die nicht ausschließlich für einen Regierungsbezirk eingerichtet und bestimmt
sind; c) allgemeine Sicherheitsmaßregeln in dringenden Fällen, soweit sie sich über die Grenze
eines einzelnen Regierungsbezirks hinaus erstrecken; d) alle Militärmaßregeln in außerordent-
lichen Fällen, in welchen die Civilverwaltung gesetzlich einwirkt, soweit sie die ganze Provinz
betreffen und zwar gemeinschaftlich mit dem kommandirenden General; e) die obere Leitung der
Angelegenheiten des Kultus, des öffentlichen Unterrichts und des Medizinalwesens in der Pro-
vinz. Fürdiese-Zweige der inneren Verwaltung wurden außerdem am Sitze des Oberpräsidenten
unter dessen Vorsitze besondere Behörden gebildet: 1. ein Konsistorium für die Kirchen= und
Schulsachen; 2. ein Medizinalkollegium für die Medizinalpolizei.
Für die Oberpräsidenten wurde am 23/10. 1817 eine neue Instruktion erlassen, welche
jedoch durch die Instr. vom 31/12. 1825 (G.S. 1826 S. 1) ersetzt wurde. Letztere hat die
früheren Vorschriften hinsichtlich der Stellung und des Wirkungskreises der Oberpräsidenten
mehrfach abgeändert, indem sie einerseits die Betheiligung derselben an den Einzelheiten der
Regierungsverwaltung und in fiskalischen Steuerangelegenheiten u. s. w. beschränkte, anderer-
seits aber ihren selbstständigen Wirkungskreis erheblich erweiterte und ihre Stellung als einer
den Regierungen vorgesetzten Zwischeninstanz näher bestimmte. Nach § 1 der Instr. v. 31/12.
1825 umfaßt nämlich der Wirkungskreis des Oberpräsidenten: I. die eigene Verwaltung aller
derjenigen Angelegenheiten, welche nicht nur die Gesammtheit der Provinz betreffen, sondern
sich auch nur über den Bereich einer Regierung hinaus erstrecken wie die ständischen Angelegen-
heiten, Sicherheitsanstalten, Melioriationen, Strom= und Kunststraßenbauten, Verhandlungen
mit den kommandirenden Generalen, Wahrnehmung der jura circa sacra u. s. w. II. Die
Oberaufsicht auf die Verwaltung der Regierungen, der Provinzialsteuerdirektionen und der
Generalkommissionen zur Regulirung der gutsherrlich-bäuerlichen Verhältnisse. III. Die Stell-
vertretung der obersten Staatsbehörden in besonderem Auftrage und bei außerordentlicher Ver-
anlassung, z. B. Entscheidung von Konflikten der Regierungen unter sich und mit den für andere
Verwaltungsangelegenheiten bestellten besonderen Behörden, Recht und Pflicht bei außerordent-
lichen Ereignissen und Gefahr im Verzuge die augenblicklich erforderlichen Anordnungen zu
treffen und bei eingetretenem Kriege und vorhandener Kriegsgefahr für die Provinz bis zu
ctwaigen anderweiten Anordnungen die Civilverwaltung zu übernehmen u. s. w.
Außerdem sind den Oberpräsidenten durch Specialgesetze noch eine Reihe einzelner Ver-
waltungsgegenstände übertragen worden, wie z. B. die Entscheidung in Kommunalangelegen-
heiten, die Konzessionirung von Apotheken, die Aufsicht auf die Sparkassen u. s. w. In ein-