Full text: Handbuch des Öffentlichen Rechts. Band II.3. Das Staatsrecht des Königreichs Preußen. (23)

l 35. Die Provinzial= und Bezirksbehörden. 107 
Die im Vorstehenden aufgeführte Eintheilung der preußischen Monarchie in Provinzen 
ist in § 1 L.V.G. mit der Maßgabe aufrecht erhalten worden, daß die Stadt Berlin aus der 
Provinz Brandenburg ausschied und jetzt einen Verwaltungsbezirk für sich bildet. Demgemäß 
zerfällt gegenwärtig derpreußische Staat in folgende Provinzen: 1. Ostpreußen, 2. Westpreußen, 
3. Pommern, 4. Brandenburg, 5. Sachsen, 6. Posen, 7. Schlesien, 8. Westfalen, 9. Rhein- 
provinz, 10. Hannover, 11. Hessen-Nassau. Keiner Provinz einverleibt sind a) der Stadtkreis 
Berlin, b) die Hohenzollern'schen Lande. 
Die Insel Helgoland wurde durch das G. v. 18/2. 1891 § 3 der Provinz Schleswig- 
Holstein in Bezug auf die staatliche Verwaltung zugetheilt. 
Nachdem schon durch das Publikandum v. 16/12.1808 wegen verbesserter Einrichtung der 
Provinzial-, Polizei= und Finanzbehörden 8 34 ff. die Oberpräsidenten geschaffen waren, 
welche ihre erste Geschäftsinstruktion am 26/12. 1808 erhielten, bestimmte die V. v. 30/4.1815, 
daß in jeder Provinz ein Oberpräsident die Verwaltung derjenigen allgemeinen Landesangelegen- 
heiten führen soll, welche zweckmäßiger der Ausführung einer Behörde anvertraut werden, deren 
Wirkungskreis nicht auf einen einzelnen Regierungsbezirk beschränkt ist. Zu diesen Angelegen- 
heiten gehören nach § 53 der V. v. 30/4. 1815: a) alle ständischen Angelegenheiten, soweit 
der Staat verfassungsmäßig darauf einwirkt; b) die Aufsicht auf die Verwaltung aller öffent- 
lichen Institute, die nicht ausschließlich für einen Regierungsbezirk eingerichtet und bestimmt 
sind; c) allgemeine Sicherheitsmaßregeln in dringenden Fällen, soweit sie sich über die Grenze 
eines einzelnen Regierungsbezirks hinaus erstrecken; d) alle Militärmaßregeln in außerordent- 
lichen Fällen, in welchen die Civilverwaltung gesetzlich einwirkt, soweit sie die ganze Provinz 
betreffen und zwar gemeinschaftlich mit dem kommandirenden General; e) die obere Leitung der 
Angelegenheiten des Kultus, des öffentlichen Unterrichts und des Medizinalwesens in der Pro- 
vinz. Fürdiese-Zweige der inneren Verwaltung wurden außerdem am Sitze des Oberpräsidenten 
unter dessen Vorsitze besondere Behörden gebildet: 1. ein Konsistorium für die Kirchen= und 
Schulsachen; 2. ein Medizinalkollegium für die Medizinalpolizei. 
Für die Oberpräsidenten wurde am 23/10. 1817 eine neue Instruktion erlassen, welche 
jedoch durch die Instr. vom 31/12. 1825 (G.S. 1826 S. 1) ersetzt wurde. Letztere hat die 
früheren Vorschriften hinsichtlich der Stellung und des Wirkungskreises der Oberpräsidenten 
mehrfach abgeändert, indem sie einerseits die Betheiligung derselben an den Einzelheiten der 
Regierungsverwaltung und in fiskalischen Steuerangelegenheiten u. s. w. beschränkte, anderer- 
seits aber ihren selbstständigen Wirkungskreis erheblich erweiterte und ihre Stellung als einer 
den Regierungen vorgesetzten Zwischeninstanz näher bestimmte. Nach § 1 der Instr. v. 31/12. 
1825 umfaßt nämlich der Wirkungskreis des Oberpräsidenten: I. die eigene Verwaltung aller 
derjenigen Angelegenheiten, welche nicht nur die Gesammtheit der Provinz betreffen, sondern 
sich auch nur über den Bereich einer Regierung hinaus erstrecken wie die ständischen Angelegen- 
heiten, Sicherheitsanstalten, Melioriationen, Strom= und Kunststraßenbauten, Verhandlungen 
mit den kommandirenden Generalen, Wahrnehmung der jura circa sacra u. s. w. II. Die 
Oberaufsicht auf die Verwaltung der Regierungen, der Provinzialsteuerdirektionen und der 
Generalkommissionen zur Regulirung der gutsherrlich-bäuerlichen Verhältnisse. III. Die Stell- 
vertretung der obersten Staatsbehörden in besonderem Auftrage und bei außerordentlicher Ver- 
anlassung, z. B. Entscheidung von Konflikten der Regierungen unter sich und mit den für andere 
Verwaltungsangelegenheiten bestellten besonderen Behörden, Recht und Pflicht bei außerordent- 
lichen Ereignissen und Gefahr im Verzuge die augenblicklich erforderlichen Anordnungen zu 
treffen und bei eingetretenem Kriege und vorhandener Kriegsgefahr für die Provinz bis zu 
ctwaigen anderweiten Anordnungen die Civilverwaltung zu übernehmen u. s. w. 
Außerdem sind den Oberpräsidenten durch Specialgesetze noch eine Reihe einzelner Ver- 
waltungsgegenstände übertragen worden, wie z. B. die Entscheidung in Kommunalangelegen- 
heiten, die Konzessionirung von Apotheken, die Aufsicht auf die Sparkassen u. s. w. In ein-
	        
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