136 Zweites Buch: Staat und Staatsverfassung. IV. Kapitel. § 37.
Zur Justizverwaltung gehört endlich, wenigstens in gewissem Umfange, auch das
Hinterlegungsweseny. Gegenwärtig ist dasselbe geregelt durch die für die ganze Monar-
chie erlassene Hinterlegungsordnung v. 14/3. 1879 (G. S. S. 249 ff.). Nach derselben bilden
für Hinterlegung von Geld, von Werthpapieren auf Inhaber und auf Namen, auf welche
Zahlung dem Inhaber geleistet werden kann, und von Kostbarkeiten die Bezirksregierungen
(in Hannover nur die Bezirksregierungen von Hannover, Lüneburg und Osnabrück) die
Hinterlegungsstellen. Außerdem ist in Berlin eine Behörde als Hinterlegungsstelle durch
Anordnung des Justizministers und Finanzministers bestimmt, nämlich die Ministerial-,
Militär= und Baukommission (M.Vf. v. 31/7. 1879, J.M. Bl. S. 117).
In vorläufige Verwahrung können in dringenden Fällen die erwähnten Gegenstände bei
den Amtsgerichten genommen werden; zur gerichtlichen Anordnung anderer als der erwähnten
Gegenstände und für das weitere Verfahren sind in Angelegenheiten, die nicht zur streitigen
Gerichtsbarkeit gehören, die Amtsgerichte zuständig.
Sovweit nach den bestehenden Vorschriften die gerichtliche Verwahrung letztwilliger Ver-
fügungen stattfindet, erfolgt die Verwahrung bei den Amtsgerichten (Hinterleg.-O. § 87 ff.).
VII. Das Gefängnißwesen? fällt insoferne in den Bereich der Justizverwaltung,
als die Centralverwaltung der Gefängnißanstalten zwischen dem Minister des Innern und
dem der Justiz getheilt ist. In den Provinzen Ost= und Westpreußen, Posen, Pommern,
Schlesien, Brandenburg, Sachsen und Westfalen gehören die sämmtlichen Gerichtsgefäng-
nisse (für Untersuchungs-, Schuld= und solche Strafgefangene, die lediglich zu Gefängniß-
strafe verurtheilt sind) zur Verwaltung des Justizministeriums, während zur Verwaltung des
Ministeriums des Innern die sämmtlichen Strafanstalten gehören, d. h. die zur Verbüßung der
Zuchthausstrafen bestimmten Anstalten und außerdem die größeren Centralgefängnisse, welche
zur Verbüßung von Gefängnißstrafen von mehr als drei und sechsmonatlicher Dauer bestimmt
sind. Ausnahmen bilden in den östlichen Provinzen die Stadtvogtei in Berlin und theilweise
die große Gefängnißanstalt in Breslau. Außerdem stehen unter der Oberaufsicht des Mini-
steriums des Innern auch ein großer Theil der kleineren Gefängnisse des Regierungsbezirks
Minden. In der Rheinprovinz sind alle großen und kleinen Gefängnisse mit Ausnahme der
zum Oberlandesgericht Hamm gehörigen dem Ministerium des Innern überwiesen. In den
im J. 1866 mit der preußischen Monarchie vereinigten Gebietstheilen stehen die gerichtlichen
Gefängnisse unter der obersten Leitung des Justizministers, die Strafanstalten unter der des
Ministers des Innern.
Die obere Leitung der Verwaltung der Gefängnisse der Justizverwaltung führt der
Oberstaatsanwalt unter Aufsicht des Justizministers; an denjenigen Orten, an denen der
Sitz eines Landgerichts ist, versieht die Geschäfte des Gefängnißvorstehers der erste Staats-
anwalt, an anderen Orten der Amtsrichter, bezw. bei einem mit mehreren Richtern besetzten
Amtzsgerichte der aufsichtführende Richter, soferne nicht andere Anordnung getroffen ist. Für
einzelne Gefängnisse mit großem Umfange werden vom Justizminister besondere Beamte als
Vorsteher angestellt. Die zum Ressort des Ministers des Innern gehörigen Straf= und Ge-
fängnißanstalten stehen unter der Aufsicht des Regierungspräsidenten (in Berlin des Polizei-
präsidenten).
1) Spieß, die Hinterlegung und vorläufige Verwahrung von Geld, Werthpapieren und Kost-
barkeiten, 1891.
2) Wollenzien, die Gefängnißverwaltung bei den preuß. Justizbehörden, 1890. — Dalcke
und Genzmer, Handbuch der Strafvollstreckung und Gefängnißverwaltung in Preußen (1889). —
Wulff, die Gefängnisse der Justizverwaltung in Preußen, 1890. — Rönne, das Staatsrecht der
preuß. Monarchie, 4. Aufl., IV, S. 77 ff. — Hue de Grais, Handbuch der Verfassung und Ver-
waltung, 6. Aufl., S. 227. — Seuffert, Art. Gefängnißverwaltung in Stengels Wörterbuch
des Verw.-Rechts, I, S. 481 ff.