138 Zweites Buch: Staat und Staatsverfassung. V. Kapitel. 8 38.
beruhend, sich als öffentlich-rechtliche darstellen, läßt sich allgemein nicht sagen. Es hängt dies
von dem positiven Rechte jedes Staates ab, wie es sich historisch entwickelt hat. Dagegen läßt
sich das Charakteristische des Beamtenverhältnisses darin erblicken, daß die öffentlichen Be—
amten einen besonderen Berufsstand mit besonderen Standesrechten und Standespflichten
bilden. Nur von diesem Standpunkte aus läßt sich das Beamtenrecht befriedigend konstruiren,
erscheint die Scheidung der allgemeinen Standespflichten des Beamten und der aus der Führung
eines bestimmten Amtes sich ergebenden besonderen Amtspflichten eine naturgemäße und erhält
die Disciplinargewalt und das Disciplinarstrafrecht seine richtige Stellung. Die aus der
Führung eines bestimmten Amtes sich ergebenden Pflichten obliegen auch den dem Beamten-
stande nicht angehörenden sog. Ehrenbeamten, welche in der Regel in Erfüllung einer gesetzlichen
Pflicht, ausnahmsweise auch freiwillig bestimmte öffentliche Dienste leisten, wie die Geschworenen,
die Schöffen, die Handelsrichter, die Inhaber unbezahlter Kommunalämter. Dagegen finden
die auf die allgemeinen Standespflichten bezüglichen gesetzlichen Vorschriften auf diese Personen
nur dann Anwendung, wenn insoweit dies ausdrücklich bestimmt ist 7).
Die Beamten bilden keinen Geburtsstand sondern einen Berufsstand, wie die Geistlichen,
der auf der Gemeinschaftlichkeit des freiwillig übernommenen Berufes beruht. Da aber der
Beamtenstand ein Stand im rechtlichen Sinne ist, nicht bloß im thatsächlichen, wie z. B. der
Kaufmannstand, so ist der Eintritt in den Stand nur durch einen Rechtsakt, den Staats#dienst-
vertrag möglich und die Zugehörigkeit dauert so lange, bis sie wieder durch einen Rechtsakt
(freiwilliger Austritt, Dienstentlassung u. s. w.) aufgehoben ist. Im Zusammenhang damit hat
sich das Beamtenrecht dahin entwickelt, daß die Zugehörigkeit zum Stande und die sich daraus
ergebenden Standesrechte und Standespflichten unabhängig sind von der Führung eines Amtes.
II. Was den Kreis der Personen anlangt, welche nach preußischem Rechte als Beamte
zu betrachten und dem Beamtenstande zuzurechnen sind, und welche daher den besondern, die
Beamten betreffenden gesetzlichen Vorschriften unterliegen, so enthält kein Gesetz weder eine ge-
naue Begriffsbestimmung der „Beamten“ noch eine Aufzählung der zu den Beamten oder
Staatsdienern zu rechnenden Personen. So sagt z. B. das Gesetz betr. die Dienstvergehen der
nicht richterlichen Beamten u. s. w. vom 21/7. 1852 in § 1 lediglich, daß es unter den darin
ausdrücklich gemachten Beschränkungen auf alle in unmittelbarem oder mittelbarem Staats-
dienste stehenden Beamten Anwendung findet, die nicht unter die Bestimmungen des die Richter
betreffenden G. v. 7/5. 1851 fallen; eine Definition der Begriffe „Staatsdienst“ oder „Be-
amte“ ist im Gesetze nicht gegeben. Ebenso setzt das G. v. 7/5. 1851 den Begriff der Richter
als einen gegebenen voraus.
Ebensowenig giebt das allgemeine Landrecht in seinem „von den Rechten und Pflichten
der Diener des Staates“ handelnden Tit. 10 Th. II eine ausdrückliche Erklärung des Begriffs
„Staatsdiener“. Es sagt vielmehr nur in § 1: „Militär= und Civilbeamte sind vorzüglich be-
stimmt, die Sicherheit, die gute Ordnung und den Wohlstand des Staates unterhalten und be-
fördern zu helfen;“ § 2 fügt hinzu: „Sie sind außer den allgemeinen Unterthanenpflichten,
dem Oberhaupte des Staats besondere Treue und Gehorsam schuldig“ und in § 3 heißt es:
„Ein jeder ist nach Beschaffenheit seines Amtes und nach dem Inhalte seiner Instruktion, dem
Staate noch zu besonderen Diensten durch Eid und Pflicht zugethan.“ Nach diesen Bestimm-
ungen würden diejenigen Personen zu den Staatsbeamten zu rechnen sein, deren Aufgabe es
ist, die Sicherheit, die gute Ordnung und den Wohlstand des Staates zu unterhalten und zu
befördern, und die dem Staate zu besonderen Diensten durch Eid und Pflicht zugethan sind.
Es ist klar, daß diese Begriffsbestimmung zu allgemein ist, um in jedem einzelnen Falle ein
befriedigendes Ergebniß zu liefern. Es ist daher bei jeder auf die Beamten und den Staats-
1) Vgl. z. B. L. V.G. 8§ 38 (bezüglich der gewählten Mitglieder der Kreis-(Stadt-) Ausschüsse)
§ 32 (der Bezirksausschüsse), § 14 (des Provinzialraths).