144 Zweites Buch: Staat und Staatsverfassung. V. Kapitel. 8 40.
Amtsthätigkeit bis zur etwaigen Uebertragung eines neuen Amtes entzogen. Durch die Stell-
ung zur Disposition werden die Standesrechte und die Standespflichten im Wesentlichen nicht
berührt, weshalb sie auch ihren letzten Amtstitel mit Hinzufügung einer ihre Stellung zur
Disposition andeutenden Bemerkung (z. D.) weiterführen, dagegen fallen die Amtspflichten
weg, die sich aus der Innehabung eines bestimmten Amtes ergeben. Nachdem bereits die
Kab.O. v. 31/8. 1824 bestimmt hatte, daß überflüssig werdende Beamte, die sich nicht als
dienstunfähig zur Pensionirung eigneten, an ihrem Einkommen nichts verlieren, sondern mit
ihrem vollen Gehalte bis zur Wiederanstellung in einer etatsmäßigen Stelle auf den Aussterb-
etat gebracht und auf eine ihrer bisherigen Anstellung angemessene Art beschäftigt werden
sollten, fand durch die VV. v. 14/6. 1848 u. 24/10. 1848 (G. S. S. 153, 338), welche auch
auf die neuen Provinzen übertragen wurden (V. v. 23/9. 1867 § 1 Nr. 4, G.S. S. 1619),
eine Neuregelung statt. Die V. v. 14/6. 1848 gewährte insbesondere den bereits zur Dis-
position gestellten oder mit Rücksicht auf die beabsichtigte Umbildung der Staatsbehörden
fernerhin zur Disposition zu stellenden, nicht richterlichen Beamten ein Wartegeld, bis ihnen
entweder ein anderes öffentliches Amt übertragen werde, oder ihre Pensionirung thunlich er-
scheine. Da sich das Disciplinargesetz v. 21/7. 1852 auf diese Bestimmungen, die zunächst
nur für die im Jahre 1848 beabsichtigten Behördenumbildung erlassen waren, ausdrücklich be-
zog, erhielten sie allgemeinen Charakter und haben daher in allen Fällen einer Behördenum-
bildung zur Anwendung zu kommen, soferne nicht besondere Vorschriften ergehen, wie dies z. B.
in den §§ 147 ff. L.V. G. der Fall war. Bei richterlichen Beamten kann nach § 8 G.V.G.
für den Fall einer Organisation der Gerichte oder ihrer Bezirke außer der Versetzung nur die
Entfernung vom Amte unter Belassung des vollen Gehalts durch die Landesjustizverwaltung
verfügt werden.
Neben dem Falle einer Neuorganisation der Behörden hat das G. v. 21/7. 1852 § 87
die einstweilige Versetzung in den Ruhestand unter Gewährung des gesetzlichen Wartegeldes
durch königliche Verfügung für zulässig erklärt hinsichtlich folgender Beamtenkategorien: Unter-
staatssekretäre, Ministerialdirektoren, Oberpräsidenten, Regierungspräsidenten (und Vicepräsi-
denten), Militärintendanten, Beamte der Staatsanwaltschaft bei den Gerichten, Vorsteher
königlicher Polizeibehörden, Landräthe, Gesandte und andere diplomatischer Agenten. Durch
V. v. 23/9. 1867 Art. 1 wurde die Zulässigkeit der einstweiligen Versetzung in den Ruhestand
in den neuerworbenen Landestheilen noch auf verschiedene andere Beamtenkategorien ausgedehnt.
Wartegeldempfänger sollen bei Wiederbesetzung erledigter Stellen, für die sie sich eignen,
vorzugsweise berücksichtigt werden (§ 87 G. v. 21/7. 1852); auch sind sie verpflichtet, jederzeit
ein ihnen übertragenes Amt anzunehmen, wenn es ihrer Berufsbildung entspricht und sie sich
die Versetzung in dasselbe aus dem zuletzt von ihnen verwalteten Amt gefallen lassen mußten.
(Harseim a. a. O. S. 865 8 9.)
§ 40. Die Pflichten der Staatsdiener 1). I. Die Pflichten der Staatsdiener sind ent-
weder Standespflichten oder Amtspflichten. Die Standespflichten ergeben sich
aus der Zugehörigkeit zum Staatsdienerstande und sind unabhängig von der Führung und
Verwaltung eines Amtes. Sie obliegen dem Staatsdiener daher auch dann, wenn er zur
Verfügung gestellt oder pensionirt ist und fallen erst weg, wenn er vollständig aus dem Staats-
dienerstande ausgeschieden ist. Zu den Standespflichten gehört vor Allem die Verpflichtung
des Beamten zu einem standesmäßigen Benehmen innerhalb und außerhalb des Dienstes,
also die Pflicht, solange er dem Beamtenstande angehört, ein Verhalten zu vermeiden, durch
welches die Achtung, die sein Beruf und die Beamtenehre erfordert, geschädigt wurde. Im
Zusammenhang mit dieser Verpflichtung stehen zum großen Theil die im nächsten Paragraphen
1) Rönne a. a. O. S. 462 ff. — Schulze a. a. O. S. 313 ff. — Bornhak a. a. O. S. 42 ff.
— Harseim a. a. O. S. 139 ff.