Full text: Handbuch des Öffentlichen Rechts. Band II.3. Das Staatsrecht des Königreichs Preußen. (23)

156 Zweites Buch: Staat und Staatsverfassung. V. Kapitel. 8 43. 
Doch wirkt diese letztere Bestimmung nicht ebenso, wie ein auf Grund des § 19 der V. v. 1/8. 
1879 ergangener Beschluß auf Einstellung der Zwangsvollstreckung. Sie hat vielmehr, da 
das zur Zeit des Erlasses des Gesetzes von 1847 giltige Exekutionsrecht sich inzwischen geändert 
hat und die Zwangsvollstreckung nicht mehr von dem Gericht, sondern von der Partei betrieben 
wird, die Bedeutung eines an die Partei gerichteten Gebots, die Zwangsvollstreckung auszu- 
setzen. Eine etwaige Fortsetzung durch den Gerichtsvollzieher würde an sich ohne Rechtswirk- 
ungen sein, nichtsdestoweniger aber — abgesehen von späterer disciplinärer Ahndung des Voll- 
streckungsbeamten — von dem Gericht nicht verhindert werden können, da das letztere durch 
die Konfliktserhebung unzuständig geworden ist und es hier an einer ausdrücklichen Bestimmung 
fehlt, die dasselbe noch zu einem Einstellungsbeschluß ermächtigte. Aus letzterem Grunde wird 
auch eine begonnene Untersuchungshaft während der Dauer eines Strafverfahrens nicht aus- 
gesetzt werden können, abgesehen davon, daß eine solche Aussetzung mit den Zwecken und der 
Bedeutung einer solchen Haft im Widerspruch stehen würde. 
Der weitere Gang des die Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts vorbereitenden 
Verfahrens entspricht dem bei dem Kompetenzkonflikt zur Anwendung kommenden (vgl. § 57). 
Doch muß auf zwei Abweichungen hingewiesen werden. Einmal ist nicht, wie dort, das Gericht 
erster Instanz zum Mittelpunkte des Prozeßbetriebes in der Weise gemacht worden, daß auch 
ein Gericht höherer Instanz im Falle der Konfliktserhebung gegen eine bei ihm anhängige 
Sache die Akten an das Gericht erster Instanz zurückzusenden hätte (§ 6#a. a. O.). Ist daher 
die Sache bei einem Oberlandesgericht anhängig, so ist der Geschäftsgang ein einfacherer, und 
an Stelle eines doppelten gerichtlichen Gutachtens wird nur ein einziges abgegeben. 
Dagegen ist hier noch dem Justizminister gestattet, seine Bemerkungen über den Konflikt 
dem betheiligten Verwaltungschef mitzutheilen (§ 10 a. a. O.). 
Das Verfahren vor dem Oberverwaltungsgericht selbst enthält keine Abweichungen von 
dem für Verwaltungsstreitsachen vorgeschriebenen Verfahren und bedarf daher einer besonderen 
Darstellung nicht. 
Das Urtheil ergeht, wenn dem Beamten eine Ueberschreitung seiner Amtsbefugnisse oder 
Unterlassung einer ihm obliegenden Amtshandlung nicht zur Last fällt, dahin, daß der Rechts- 
weg gegen den Beamten unzulässig sei, im entgegengesetzten Falle aber, daß er zulässig sei (§ 3 
des G. v. 13/2. 1854). 
In letzterem Falle ist die Lage des gerichtlichen Verfahrens dieselbe, als ob das Kon- 
fliktsverfahren gar nicht stattgehabt hätte. Das Urtheil des Oberverwaltungsgerichts schafft nicht 
rem judicatam dahin, daß dem Beamten eine Amtsüberschreitung wirklich zur Last falle. Es 
präjudizirt weder dem Beamten in seiner weiteren Vertheidigung vor dem Gerichte, noch dem 
Gerichte in seiner rechtlichen Entscheidung der Sache (§ 3 des G. v. 13/2. 1854). Ebenso wird 
auch durch die Unzulässigkeitserklärung des Rechtswegs eine richterliche Prüfung der Frage, 
ob der Beamte sich einer Amtsüberschreitung schuldig gemacht hat, dann nicht ausgeschlossen, 
wenn dieselbe bezüglich eines Incidenzpunktes in einem anderen, nicht gegen den Beamten 
wegen der betr. Handlung gerichteten Verfahren oder selbst dann in Frage kommen, wenn der 
Konflikt im civilprozessualischen Verfahren für zulässig erklärt worden ist und der Beamte nun- 
mehr wegen derselben Handlung strafrechtlich belangt wird oder umgekehrt (Oppenhof, Die 
preuß. G. über die Ressortverhältnisse 2c., S. 534, 542, 543, 545). 
Es folgt dies daraus, daß die Frage, ob der Beamte sich einer Amtsüberschreitung 
schuldig gemacht hat, bei der Konfliktsentscheidung nicht bloß objektiv, sondern auch nach ihrem 
subjektiven Thatbestande zu beurtheilen ist, die Entscheidung daher im straf= und civilpro- 
zessualischen Verfahren verschieden ausfallen kann. Die Ansicht, daß eine die Schuldfrage 
verneinende Vorentscheidung die Wirkung habe, daß jede weitere Verfolgung des Beamten in 
Ansehung der betr. Handlung unzulässig wird, ist daher in dieser Fassung zu allgemein. Lautet 
das Urtheil dahin, daß der Rechtsweg „gegen den Beamten“ unzulässig sei, so folgt aus dieser
	        
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