Full text: Handbuch des Öffentlichen Rechts. Band II.3. Das Staatsrecht des Königreichs Preußen. (23)

§ 46. Die Versorgung der Hinterbliebenen der Beamten. 165 
Gründe der Pensionirung eröffnet, daß der Fall der Versetzung in den Ruhestand vorliege. 
Dagegen kann der Beamte innerhalb sechs Wochen seine Einwendungen bei der vorgesetzten 
Dienstbehörde anbringen. Ist dies geschehen, so werden die Verhandlungen dem zuständigen 
Minister eingereicht, der sofern der Beamte nicht vom Könige ernannt ist, über die Pensionir- 
ung entscheidet. Gegen die Entscheidung steht dem Beamten binnen vier Wochen nach Empfang 
derselben der Rekurs an das Staatsministerium zu, welches selbst entscheidet, wenn der Be- 
amte nicht vom König ernannt ist; andernfalls entscheidet der König auf Antrag des Staats- 
ministeriums (§ 90 G. v. 21/7. 1852). Erhebt der Beamte innerhalb der sechswöchigen Frist 
keine Einwendungen, so wird ebenso verfügt, als wenn er seine Pensionirung selbst nachgesucht 
hatte (§ 92 a. a. O.). Das Gleiche findet statt, wenn ein nicht-richterlicher Beamter, der das 
65. Lebensjahr vollendet hat, seine Pensionirung nicht nachsucht (G. v. 31/3. 1882). 
Ein dienstunfähiger Beamter, der noch keinen Pensionsanspruch hat, kann gegen seinen 
Willen nur unter Beobachtung der für die Disciplinaruntersuchung vorgeschriebenen Formen 
in den Ruhestand versetzt werden. Nur wenn die Gewährung der Pension in dem Betrage, wie 
er sie nach erreichter Pensionsberechtigung zu beanspruchen hätte, für angemessen erachtet wird, 
kann die Pensionirung in den gewöhnlichen Formen erfolgen (6 93 G. v. 21/7. 1852). 
Auf Universitätslehrer finden diese Vorschriften überhaupt nicht (§ 96 G. vom 21/7. 
18525, auf mittelbare Staatsbeamte nur in modificirter Weise Anwendung, im Uebrigen kommen 
die betr. Gemeindegesetze, Kreis= und Provinzialordnungen zur Anwendung (§§ 90 u. 95 . a. O.). 
§ 46. Die Versorgung der Hinterbliebenen der Beamten 7). I. Die preußische Ge- 
setzgebung hat ein Recht der Hinterbliebenen eines Staatsdieners auf Versorgung aus Staats- 
mitteln erst durch das G. v. 20/5. 1882 betr. die Fürsorge für die Wittwen und Waisen der 
unmittelbaren Staatsdiener (G. S. S. 298 ff.) anerkannt. Bis dahin hatte der Staat den 
Hinterbliebenen der Beamten nur gewisse Gnadenkompetenzen zugestanden und nur durch die 
Errichtung von Wittwenkassen und Unterstützungsanstalten Fürsorge für dieselben getroffen. 
Mit diesem Systeme hat das G. v. 20/5.1882 vollständig gebrochen, indem den unmittelbaren 
Staatsbeamten in § 22 der Beitritt zur allgemeinen Wittwenverpflegungsanstalt untersagt, 
dagegen in § 1 die Verpflichtung auferlegt wurde, Wittwen= und Waisengeldbeiträge zur 
Staatskasse zu entrichten und der Staat die Verpflichtung übernahm (§ 7), der Wittwe und 
den hinterbliebenen ehelichen oder durch nachgefolgte Ehe legitimirten Kindern der betr. Be- 
amten aus der Staatskasse Wittwen= und Waisengeld zu bezahlen. Die Wittwen= und Waisen- 
geldbeiträge betrugen nach § 3 d. G. jährlich 3 % des pensionsfähigen Diensteinkommens, des 
Wartegelds oder der Pension mit der Maßgabe, daß der die Jahressumme von 9000 M. des 
pensionsfähigen Diensteinkommens oder Wartegelds und von 5000 Mk. der Pension über- 
steigende Betrag nicht beitragspflichtig war. In §23 d. G. war dabei bestimmt, daß die nach 
§ 1 zur Entrichtung von Wittwen= und Waisengeldbeiträgen verpflichteten Beamten, welche 
Mitglieder einer Militär= oder Staatsbeamtenwittwenkasse oder einer sonstigen Veranstaltung 
des Staats zur Versorgung der Hinterbliebenen von Beamten und denselben nicht erst nach 
Verkündigung des G. vom 20/5. 1882 beigetreten sind, von Entrichtung der Wittwen= und 
Waisengeldbeiträge befreit blieben, wenn sie dinnen drei Monaten nach dem Inkrafttreten des 
G. vom 20/5. 1882 auf das in den §§ 7 ff. bestimmte Wittwen= und Waisengeld verzichteten. 
Andernfalls waren sie berechtigt, aus der Landesanstalt auszuscheiden. 
Das G. v. 28/3. 1888 betr. den Erlaß der Wittwen= und Waisengeldbeiträge der un- 
mittelbaren Staatsbeamten (G.S. S. 48) hat nun in Art. I die Pflicht zur Entrichtung der 
Wittwen= und Waisengeldbeiträge, jedoch unbeschadet des an dieser Verpflichtung ge- 
knüpften Anspruchs auf Wittwen= und Waisengeld, vom 1/4. 1888 ab aufgehoben 
1) Rönne a. a. O., III, S. 551 ff., wo auch der Rechtszustand vor dem G. v. 20/5. 1882 
eingehend dargestellt ist. — Bornhak a. a. O. S. 80 ff. — Schulze a. a. O. S. 334 ff. — Har 
seim, Art. Wittwen= und Waisengelder a. a. O., II, S. 926 ff. 
 
	        
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