Full text: Handbuch des Öffentlichen Rechts. Band II.3. Das Staatsrecht des Königreichs Preußen. (23)

81. Die Mark Brandenburg. 3 
kischen Adels mehr und mehr entwickelte. Im Jahre 1506 gründete er die Universität Frank- 
furt a / O., welche hauptsächlich der Pflege des römischen Rechts dienen sollte, ebenso gab er 
dem aus einer Verbindung des Lehenshofgerichts mit der persönlichen Gerichtsbarkeit des Kur— 
fürsten entstandenen Kammergericht i. J. 1516 eine Kammergerichtsordnung, welche die sub— 
sidiäre Anwendung „des gemeinen geschriebenen Kaiserrechts“, also im wesentlichen des römi— 
schen Rechts anordnete 1). Die Reformation bekämpfte er auf das Nachdrücklichste. Sein 
Sohn Joachim II. (1535— 1571) dagegen trat sofort zur evangelischen Kirche über und 
führte in seinen Landen die Reformation durch, die das Kirchenregiment in die Hände des 
Landesherrn (summus episcopus) legte, dessen Macht sowohl durch die kirchenregimentlichen 
Befugnisse, wie durch den Erwerb der eingezogenen Kirchengüter sehr erheblich vermehrt wurde. 
Trotzdem sah sich Joachim II. durch finanzielle Bedrängnisse gezwungen, sich an die Stände 
um Hilfe zu wenden und ihnen gegen die Bewilligung von Steuern die Zusicherung zu er- 
theilen, daß in Zukunft keine wichtige Angelegenheit, „daran der Lande Gedeih und Verderb 
gelegen“", vorgenommen, und kein Bündniß mit Auswärtigen geschlossen werden sollte, ohne 
Rath und Bewilligung der Landstände. Die von ihnen bewilligten Steuern hatten die Stände 
selbst zu erheben und das gesammte Schuldenwesen wurde unter ständische Kontrolle gestellt. 
Nachdem schon der von Friedrich II. seinen Nachfolgern hinterlassene Besitz inzwischen 
durch verschiedene weitere Erwerbungen vermehrt und abgerundet worden war, legte Joachim II. 
den Grund zu zwei weiteren für die Entwickelung des brandenburgisch-preußischen Staats- 
wesens höchst wichtigen Erwerbungen. Am 19. Oktober 1537 schloß er nämlich mit dem 
Herzog von Liegnitz, Brieg und Wohlau eine Erbverbrüderung ab, welche Anlaß zu der 
späteren Erwerbung von Schlesien gab und am 19. Juli 1569 erwirkte er von der Krone 
Polen die Mitbelehnung mit dem i. J. 1525 in ein polnisches Lehen und ein weltliches Her- 
zogthum verwandelten Ordenslande Preußen für die Kurlinie). 
Unter Johann Georg (1571 — 1598) machte sich der Einfluß der Stände noch in 
größerem Maße geltend, als unter seinem Vater, namentlich wurde die Gutsherrlichkeit noch 
weiter ausgebildet, so daß die Bauern nur noch mittelbare landesherrliche Unterthanen waren, 
während der adelige Grundherr sie unmittelbar und fast unumschränkt beherrschte. In der 
Kirche gelangte durch die Visitations= und Konsistorialordnung das Lutherthum in strengster 
Orthodoxie und Ausschließlichkeit zur Geltung. 
Die Regierung von Joachim Friedrich (1598— 1608) ist namentlich bedeutsam 
durch die Fortbildung der hohenzollern'schen Hausverfassung. Da nämlich die Achillea schon 
wiederholt verletzt worden war und damals wegen des bevorstehenden Erlöschens der fränki- 
schen Linie eine neuerliche Regelung bezw. Befestigung der Erbfolgeordnung dringend geboten 
erschien, kam zwischen beiden Linien (der kurfürstlichen und der fränkischen) am 11. Juli 1603 
der sog. Geraische Vertrag zu Stande, der die brandenburgische Hausverfassung im Wesent- 
lichen zum Abschlusse brachte. Nach diesem Hausgesetze sollte nämlich in Bestätigung der Achillea 
die Kurwürde und die gesammte Mark Brandenburg nebst allen damit verbundenen Gebieten und 
künftigen Anwartschaften auf ewige Zeit ungetheilt dem Erstgeborenen zukommen. In Franken 
aber sollten gemäß der Achillea nie mehr als zwei regierende Herren sein. Die fränkischen 
Lande erhielten nach dem durch den Tod des Markgrafen Georg Friedrich von Ansbach und 
Bayreuth (Kulmbach) i. J. 1603 erfolgten Aussterben der fränkischen Linie sodann die jünge- 
ren Brüder von Joachim Friedrich, von denen Christian die Linie Bayreuth, Joachim Ernst 
  
1) Holtze, Geschichte des Kammergerichts in Brandenburg-Preußen. 1890. 
2) Gegen das Hausgesetz von 1473 und gegen die goldene Bulle hatte Joachim I. in seinem 
Testamente v. 22. Okt. 1534 die Theilung seiner Lande in der Weise verordnet, daß der Kurprinz 
die Kurwürde und das größere Gebiet, der jüngere Sohn, Markgraf Johann aber die Neumark, das 
Land Sternberg, Krossen, Kotbus und Peitz erhielt. Markgraf Johann starb aber am 13. Januar 1571 
ohne Hinterlassung von Söhnen, so daß dessen Lande an die Hauptlinie zurückfielen. 
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