8 52. Mittel und Verfahren der Verwaltung. 185
Auf Grund dieser reichsgesetzlichen Bestimmung ist die gemeinschaftliche Verfügung des
Justizministers und des Ministers des Innern v. 15/9. 1879 ergangen betr. die Ausführung
des § 153 Abs. 2 R.G.V.G. (M. Bl. d. i. V. S. 265, J.M. Bl. S. 349). Darnach gehören
zu diesen Beamten in Städten mit königlicher Polizeiverwaltung die Polizeikommissarien,
in den übrigen Städten die Bürgermeister, Polizei-Inspektoren und -Kommissarien; auf dem
Lande die Amts-, Guts= und Gemeindevorsteher, die Polizeidistriktskommissarien (Posen), die
Bürgermeister in der Rheinprovinz, die Amtmänner in Westfalen, die Bürgermeister in Hessen-
Nassau und sonstige mit der Ortspolizeiverwaltung betraute Beamte, ferner die Revierbeamten
des Berg-, Hütten- und Salinenwesens, die mit Ausübung der Fischereipolizei betrauten Be-
amten (vgl. Vf. vom 27/2. 1885 M. Bl. d. i. V. S. 49, J.M. B. S. 78). Ebenso sind als
Hülfsbeamte der Staatsanwaltschaft bezeichnet worden die Revierförster, Hegemeister, Förster,
Forstaufseher, Forsthülfsjäger und auf Forstanstellungsberechtigung dienenden Waldwärter
Vff. v. 23/11. 1881 (M. Bl. d. i. V. 1882 S. 43), 3/1. u. 23/7. 1883 (ibid. S. 24, 181).
Nach §§ 80, 81 Ausf.G. v. 24/4. 1878, bezw. G. v. 9/4. 1879 betr. Abänderung von
Bestimmungen der Disciplinargesetze (G. S. S. 345) sind diese Beamten, soweit sie ihr Amt
nicht als Ehrenamt versehen, dem Staatsanwalt beim Landgericht und dem Oberstaatsanwalt
unterstellt und können dieselben gegen sie, sobald die vorgesetzte Behörde vergeblich um Ab-
hülfe ersucht worden, Rügen und Ordnungsstrafen bis zu 100 M. aussprechen.
VII. Die Staatspflege. Im Gegensatze zur Polizei als einer vorbeugenden mit. Zwang
verbundenen Thätigkeit umfaßt die Staatspflege alle Maßregeln der öffentlichen Verwaltung,
welche die direkte Förderung der physischen, geistigen und wirthschaftlichen Wohlfahrt der Staats-
angehörigen bezwecken, ohne daß dabei Zwang gegen dieselben ausgeübt wird. Hierher gehören
die Maßregeln, Einrichtungen und Anstalten der Gesundheitspflege, des Bildungswesens, des
Verkehrswesens u. s. w., soweit die Benutzung der betr. Anstalten und Eimichtungen dem freien
Ermessen der Einzelnen überlassen ist. Wie bereits hervorgehoben, lassen sich die Maßregeln
polizeilicher und pfleglicher Natur auf den meisten Verwaltungsgebieten weder praktisch noch
auch theoretisch scharf scheiden und ist daher eine gesonderte Darstellung der Staatspflege
nicht thunlich.
852. Mittel und Verfahren der Verwaltung 1). I. Die von den Verwaltungsbe-
hörden zur Erreichung der staatlichen Zwecke und Aufgaben zu ergreifenden Maßregeln sind
entweder rein thatsächlicher, bezw. technischer Natur, wie z. B. der Bau von Wegen und
anderen Verkehrsmitteln, oder statistische Erhebungen, Vernehmungen (Enquéten) über wirth-
schaftliche, soziale und ähnliche Verhältnisse, Belehrungen des Publikums u. s.w., oder sie haben
rechtliche Bedeutung, indem durch dieselben Rechte oder Pflichten der Unterthanen begründet
und überhaupt rechtliche Wirkungen hervorgebracht werden. Maßregeln von rechtlicher Be-
deutung sind abgesehen von den Verträgen, die selbst wieder völkerrechtliche, staatsrechtliche oder
privatrechtliche sein können, 1. die Verordnungen, 2. die Verfügungen.
Die Verordnungen sind im Allgemeinen schon in § 48 besprochen worden, eine Er-
örterung einer besonderen Art von Verordnungen, der Polizeistrafverordnungen, wird im näch-
sten Paragraphen zu geben sein. Im Gegensatze zu den allgemeine Anordnungen enthaltenden
Verordnungen stehen die Verfügungen, durch welche einzelne, konkrete Verhältnisse geregelt
und unter Umständen subjektive Rechte und Pflichten begründet werden. Die Verfügungen
können sein: 1. Befehle (Gebote oder Verbote), 2. Beurkundungen (z. B. Civilstandsregister),
3. Entscheidungen (Beschlüsse und Urtheile), 4. rechtsbegründende und rechtsaufhebende Ver-
fügungen (Erlaubnißertheilungen, Konzessionen, Genehmigungen, Enteignungen u. s. w.).
1) Stengel, Lehrbuch des deutschen Verw.-Rechts S. 190 ff. — Laband, das Staatsrecht
des deutschen Reiches, 2. Aufl., 1, S. 686 ff. — G. Meyer, Art. Verfügung in Stengel's Wörter-
buch des Verw.-Rechts, II, S. 669 f. — Bernatzik, Rechtsprechung und materielle Rechtskraft S. 6 ff.