190 Drittes Buch: Die allgemeinen Funktionen der Staatsgewalt. II. Kapitel. § 53.
soweit nicht mit der Verwaltung dieser Zweige der Polizei besondere, unmittelbar vom Minister
für Handel und Gewerbe resortirende Behörden beauftragt sind, in welchem Falle das Polizei-
verordnungsrecht in dieser Hinsicht diesen Behörden an Stelle des Oberpräsidenten zusteht. Die
vom Oberpräsidenten zu erlassenden Polizeivorschriften bedürfen der Zustimmung des Pro-
vinzialraths. In Fällen, welche keinen Aufschub zulassen, ist jedoch der Oberpräsident befugt,
die Polizeivorschrift vor Einholung der Zustimmung des Provinzialraths zu erlassen. Wird
diese Zustimmung nicht innerhalb dreier Monate nach dem Tage der Publikation der Polizei-
vorschrift ertheilt, so hat der Oberpräsident dieselbe außer Kraft zu setzen (§ 139 L. V. G.)
C. Die Regierungspräsidenten. Die Regierungspräsidenten hatten früher kein
Polizeiverordnungsrecht. Die Pr. O. vom 29/6. 1875 §. 79 hatte denselben zuerst ein solches
Recht für dringende Fälle beigelegt, das L.V.G. § 137 Abs. 1 hat aber ihnen die volle Ver-
ordnungsgewalt für ihren Bezirk übertragen. Da die Regierungspräsidenten an die Stelle der
mit der Polizeiverwaltung betrauten Abtheilung des Innern getreten sind, und in Folge dessen
auch ausdrücklich den Bezirksregierungen das Polizeiverordnungsrecht abgesprochen worden ist,
§ 137 Abs. 2 L.V.G., haben selbstverständlicher Weise in allen Fällen, in welchen in älteren
Gesetzen den Bezirksregierungen das Recht zum Erlasse von Polizeistrafverordnungen beigelegt
ist, uunmehr die Regierungspräsidenten dieses Recht auszuüben. Es ist dies z. B. bezüglich
des G. vom 9/5. 1853 betr. die Erleichterung des Lootsenzwanges in den Häfen und Binnen-
gewässern der Provinzen Preußen und Pommern in § 138 Abs. 3 A.L.V.G. ausdrücklich an-
erkannt.
In den 8§ 137, 138, 139 L.V.G. ist das Polizeiverordnungsrecht des Regierungs-
präsidenten analog dem des Oberpräsidenten geordnet. Demgemäß ist der Regierungspräsident
befugt, gemäß §§ 6, 12 und 15 des G. v. 11/3. 1850, bezw. §§ 6, 12 und 13 V. v. 20/09.1867
und des lauenburgischen G. v. 7/1. 1870 für mehrere Kreise oder für den Umfang des ganzen
Regierungsbezirks gültige Polizeivorschriften zu erlassen und gegen die Nichtbefolgung der-
selben Geldstrafen bis zu sechzig Mark anzudrohen.
Ferner steht dem Regierungspräsidenten die Befugniß zu, für den ganzen Regierungs-
bezirk, wie für einzelne Kreise oder Theile derselben, mit Ausschluß der Kreis= und Ortspolizei-
behörden über Gegenstände der Strom-, Schifffahrts= und Hafenpolizei Polizeivorschriften zu
erlassen, und für Zuwiderhandlungen gegen dieselben Geldstrafen bis zu sechzig Mark anzu-
drohen, soweit nicht mit der Verwaltung dieser Zweige der Polizei besondere, unmittelbar vom
Minister für Handel und Gewerbe ressortirende Behörden beauftragt sind, und natürlich vor-
behaltlich des diesem Minister in dieser Beziehung durch § 136 L.V.G. eingeräumten Rechts.
Wie der Oberpräsident an die Zustimmung des Provinzialraths, so ist der Regierungs-
präsident bezüglich der von ihm zu erlassender Polizeiverordnungen an die Zustimmung des
Bezirksausschusses gebunden, jedoch befugt, in Fällen, welche keinen Aufschub zulassen, die Polizei-
vorschrift vor Einholung der Zustimmung des Bezirksausschusses zu erlassen. Wird diese Zu-
stimmung nicht innerhalb dreier Monate nach dem Tage der Bekanntmachung der Vorschrift
ertheilt, so muß der Regierungspräsident dieselbe außer Kraft setzen (L. V.G. § 139).
D. Die Landräthe haben nach § 142 L.V.G. das Recht, unter Zustimmung des
Kreisausschusses nach Maßgabe der Vorschriften des G. v. 11/3. 1850, bezw. der V. v. 20/9.
1867 und des lauenb. G. v. 7/1. 1870 innerhalb des ihnen, bezw. den Kreisausschüssen zu-
gewiesenen Wirkungskreises für mehrere Ortspolizeibezirke, oder für den ganzen Umfang des
Kreises gültige Polizeivorschriften zu erlassen und gegen deren Nichtbefolgung Geldstrafen bis
zum Betrage von 30 M. anzudrohen.
E. Die Ortspolizeibehörden. 1. Die Ortspolizeibehörden in den Städten
(vgl. § 36) sind nach § 5 ff. G. v. 11/3. 1850 befugt, ortspolizeiliche Vorschriften für den
Umfang der Stadtgemeinden zu treffen. Diese Vorschriften bedürfen aber nach § 143 L. V.G.,
soweit sie nicht zum Gebiete der Sicherheitspolizei gehören, der Zustimmung des Gemeinde-