8 53. Die Polizeistrafverordnungen. 191
vorstandes, welche auf Antrag der Behörde durch Beschluß des Bezirksausschusses ergänzt
werden kann. In Fällen, welche keinen Aufschub zulassen, ist die Ortspolizeibehörde befugt,
die Polizeivorschrift vor Einholung der Zustimmung des Gemeindevorstandes zu erlassen, sie
muß aber die Zustimmung innerhalb vier Wochen nach dem Tage der Publikation der Polizei-
vorschrift erwirken, widrigenfalls sie die Vorschrift außer Kraft zu setzen verpflichtet ist. Handelt
es sich um eine ortspolizeiliche Vorschrift, die ins Gebiet der Sicherheitspolizei gehört, so
ist die Zustimmung des Gemeindevorstandes nicht nothwendig, wohl aber wird die vorgängige
Berathung mit demselben erfordert.
2. Die Ortspolizeibehörden auf dem Lande. Im Geltungsgebiete der Kr.O.
v. 13/12. 1872 und der schlesw.-holst. Kreisordnung bestimmen die §§ 623 bezw. § 54: „Das
durch die §§ 5 ff. G. v. 11/3. 1850 der Ortspolizeibehörde für den Umfang einer Gemeinde
beigelegte Recht zum Erlaß von Polizeistrafverordnungen wird auf den Amtsvorsteher mit der
Maßgabe übertragen, daß er nicht nur für den Umfang einer Gemeinde oder eines einzelnen
Gutsbezirks, sondern auch für den Umfang mehrerer Gemeinden oder Gutsbezirke und für den
Umfang des ganzen Amtsbezirks unter Zustimmung des Amtsausschusses auch im Falle des
§ 7 des Gesetzes derartige Vorschriften zu erlassen befugt ist. Versagt der Amtsausschuß die
Zustimmung, so kann dieselbe auf Antrag des Amtsvorstehers durch Beschluß des Kreisaus-
schusses ergänzt werden. Der Beschluß ist endgiltig.“
Hienach hat der Amtsvorsteher das Recht, ortspolizeiliche Vorschriften zu erlassen und
deren Uebertretung mit Geldstrafen bis zu neun Mark, mit Genehmigung des Regierungs-
präsidenten bis zu dreißig Mark, zu bedrohen. Dagegen haben die zum Amtsbezirke gehörigen
Gemeinden oder Gutsvorsteher ein solches Polizei-Verordnungsrecht nicht mehr, sie sind gemäß
§§ 29, 30, 31 Kr.O. nur die ausführenden Organe des Amtsvorstehers. Zum Erlasse von
Polizeivorschriften bedarf der Amtsvorsteher der nöthigenfalls durch Beschluß des Kreisaus-
schusses zu ergänzenden Zustimmung des Amtsausschusses, gleichgültig, um welchen Gegenstand
des Polizei-Verordnungsrechts es sich handelt. Derfrüher bestandene Unterschied zwischen den Ver-
ordnungen über Gegenstände der landwirthschaftlichen Polizei, bezüglich welcher nach § 7 des
Gesetzes v. 1 1|/3. 1850 die Zustimmung der Gemeindevertretung erforderlich war, und den
übrigen Polizeivorschriften, welche vom Polizeiverwalter schon nach Berathung mit dem Ge-
meindevorstande erlassen werden konnten, ist beseitigt.
Besteht der Amtsbezirk nur aus einer Gemeinde, so tritt nach § 51 Nr. 2 Kr. O. an die
Stelle der Zustimmung des Amtsausschusses die der Gemeindevertretung bezw. Gemeindever-
sammlung. Besteht der Amtsbezirk nur aus einem Gutsbezirke, in welchem Falle ein Amts-
ausschuß nicht errichtet ist, so erläßt der Amtsvorsteher, wenn er mit dem Gutsvorsteher identisch
ist, vollkommen selbstständig die Polizeivorschriften, außerdem nach Berathung mit letzterem.
In Hannover steht die Ortspolizei nach § 24 hannov. Kr. O. dem Landrathe zu (val.
übrigens auch § 29 a. a. O.), der insoweit er ortspolizeiliche Vorschriften erläßt, nach der V.
v. 20/9. 1867 vor Erlaß der Vorschrift die Vorsteher der Gemeinde anzuhören und wenn es
sich um Gegenstände der landwirthschaftlichen Polizei handelt, die Zustimmung des Gemeinde-
ausschusses bezw. der Gemeindeversammlung einzuholen hat. (Vgl. Gostkowski, Die Gem.=
Verf.-Gesetze für die Provinz Hannover S. 161.)
In den übrigen Provinzen steht das Recht des Erlasses von Polizeiverordnungen den
mit Ausübung der Ortspolizei betrauten Behörden nach Maßgabe der Vorschriften des G. v.
11/3. 1850 bezw. der V. v. 20/9. 1867 zu, so daß eine Zustimmung der Organe der Ge-
meinden nur bei Gegenständen der landwirthschaftlichen Polizei nothwendig ist, während im
Uebrigen nur die Anhörung dieser Organe gefordert wird ?).
——*– der Zuständigkeit der Bergbehörden zum Erlasse von Polizeistrafverordnungen
ogl. § 121.