82. Die Gründung der brandenburgisch-preußischen Monarchie. 5
fürst (1640 — 1688). Ihm gelang es zunächst, das Staatsgebiet um 541 Quadratmeilen zu
vergrößern, so daß die sämmtlichen Besitzungen bei seinem Tode 2013 Quadratmeilen um—
faßten. Im westfälischen Frieden nämlich erhielt er Hinterpommern und an Stelle von Vor—
pommern, auf das er Ansprüche geltend machte, die säkularisirten Bisthümer Halberstadt,
Minden und Kammin und die Anwartschaft auf das Erzstift Magdeburg, das er im J. 1680
als weltliches Herzogthum in Besitz nahm. Ferner vermochte er das Herzogthum Preußen
von der polnischen Lehensherrlichkeit zu befreien; im Vertrage von Labiau von 1666 erkannte
ihn Schweden und im Vertrage von Wehlau 1657 Polen als souveränen Herzog von Preußen
an, was im Frieden von Oliva 1660 bestätigt wurde. In Folge dessen besaß das Haus
Brandenburg außerhalb des Reiches ein ansehnliches souveränes Gebiet, auf Grund dessen
der Kurfürst als formell gleichberechtigtes Mitglied den übrigen europäischen Souveränen
gegenüber treten konnte.
Die Verschmelzung der verschiedenartigen von einander durchaus selbstständigen, mit
vielgestaltigen Verfassungen versehenen Gebiete zu einem einheitlichen Staatswesen konnte
nur auf monarchisch-absolutistischer Grundlage erfolgen. Zu diesem Zwecke mußte vor allem
der Einfluß der Landstände, deren weitgehende Rechte und Privilegien in allen Gebieten den
Landesherrn auf Schritt und Tritt beschränkten, gebrochen werden. Dies ist denn auch dem
oft rücksichtslosen Vorgehen des großen Kurfürsten nach und nach gelungen. Er hat zwar die
Stände als privilegirte Körperschaften nicht beseitigt, ihnen manche Rechte auf dem Gebiete
der Steuervertheilung und der Landesverwaltung gelassen, ihre politische Macht aber in allen
Gebietstheilen beseitigt. Die Stände blieben Obrigkeiten in der Gemeinde, Herren über ihre
Unterthanen und Hörigen, sie behielten ihre privatrechtliche Abgeschlossenheit gegenüber den
übrigen Klassen des Volkes, die staatliche Macht war aber im monarchischen Staatsoberhaupte
vereinigt.
Im Zusammenhange mit der Zurückdrängung des politischen Einflusses der Stände
stand das Bestreben des Kurfürsten, die Einheit der Regierung möglichst zu befestigen, indem
er den Geheimen Rath durch Reskript vom 4. Dezbr. 1651 reorganisirte, ihn in verschiedene
Departements theilte und ihn unter seinem Vorsitze zur einheitlichen Centralbehörde für alle
seiner Herrschaft unterworfenen Länder machte 1).
Unterm 4. Dezember 1651 wurde ferner eine Centralbehörde für die Domänen und
Regalien geschaffen, in Bezug auf welche dem Kurfürsten die freie Verfügung zustand, und
eine sorgfältig geordnete Verwaltung der Einnahmen aus der Verpachtung der Domänen und
der Regalien eingeführt. Ebenso wurden Amtskammern als Verwaltungs= und Kassenbehörden
für die Verwaltung der landesherrlichen Einnahmen in den einzelnen Gebieten errichtet.
Von größter Wichtigkeit war aber die Ausbildung des Heerwesens, die sich mittel-
bar auch für die Entwickelung der Landesverwaltung und der Besteuerung geltend machte.
Die Mittel zur Unterhaltung des stehenden Heeres wurden durch die Stände in der Form
von Matrikularbeiträgen (Kontribution) bewilligt. Um nun die Heeresverwaltung von den
Ständen möglichst unabhängig zu machen, vermochte der Kurfürst — in Preußen allerdings
erst nach langem Kampfe — die Stände zur Bewilligung ständiger jährlicher Kontributionen
3 Theile. 1838/39. — Förster, Geschichte Friedrich Wilhelms des großen Kurfürsten. 4. Aufl. 1855.—
Droysen, Gesch. der preuß. Politik. III. Th. 3. Abth. 1861/65. — Urkunden und Aktenstücke zur
Geschichte des Kurfürsten Friedrich Wilhelm von Brandenburg, Bd. I—X. 1864—80. — Breysig,
der brandenburg'sche Staatshaushalt in der 2. Hälfte des 17. Jahrh. in Schmollers Jahrbuch u. s. w.
XVI. S. 1 ff.
1) Unter König Friedrich I. wurde es üblich, die Chefs aller Centralbehörden zu Mitgliedern des
Geh. Raths zu machen, so daß auf diese Weise die Einheit der Centralverwaltung im Geh. Rath
dauernd gewahrt blieb.