8 54. Die polizeilichen Verfügungen. 197
Daß die Klage, welche gemäß 8 63 L. V. G. beim Oberverwaltungsgerichte angebracht
werden muß, nur dem Beschwerdeführer, nicht der Polizeibehörde zusteht, welche die angegriffene
Verfügung erlassen hat, ergiebt sich aus dem ganzen Zusammenhange der betr. Vorschriften,
insbesondere aber daraus, daß die Klage nur auf die Verletzung der subjektiven Rechtssphäre
des Klägers gestützt werden kann.
Die Gründe, auf welche sich die Klage nach Abs. 3 § 127 stützen muß, entsprechen im
Allgemeinen den Gründen, durch welche eine Revision motivirt werden kann. Eine freilich
mehr scheinbare als wirkliche Ausnahme enthält die N. 2 des Abs. 2. Diese Bestimmung hat jedoch
nur die Bedeutung, daß der Verwaltungsrichter die Befugniß hat, das streitige Sachmaterial
soweit zu untersuchen, als es nothwendig ist, um über die rechtliche Zulässigkeit der ange-
fochtenen Verfügung unter den gegebenen thatsächlichen Verhältnissen zu einem zutreffenden
Urtheile gelangen und bemessen zu können, ob die Verfügung nicht etwa die äußersten, dem
polizeilichen Ermessen gezogenen Grenzen überschreite und überhaupt nicht sowohl auf objek-
tiven polizeilichen Motiven, sondern vielmehr auf Willkür oder sonstiger Pflichtwidrigkeit der
Behörde beruhe.
Dagegen ist dem Verwaltungsgerichte keineswegs die Befugniß eingeräumt worden, zu
prüfen, ob die angefochtene Verfügung im gegebenen Falle angemessen oder nothwendig ge-
wesen sei.
In § 127 Abs. 5 L.V.G. ist ausdrücklich bestimmt, daß die Entscheidung des Oberver-
waltungsgerichts in den Fällen der Abs. 3 und 4 endgültig ist, jedoch „unbeschadet aller pri-
vatrechtlichen Verhältnisse.“ Daraus ergiebt sich, was die fortdauernde Gültigkeit des G. v.
11/5. 1842 anlangt folgendes:
Die 88§ 1, 2 und 3 d. G. sind durch die Vorschriften der §§ 127 ff. L.V.G. beseitigt;
8 6 d. G. ist jedoch in seiner Geltung nicht berührt und bestimmt insbesondere § 131 L.V.G.,
daß derselbe auch dann Anwendung finde, wenn eine polizeiliche Verfügung im Verwaltungs-
Streitverfahren aufgehoben worden ist. Der von der Befugniß der Polizeibehörden zur vor-
läufigen Anordnung einer Angelegenheit vorbehaltlich der Rechte der Betheiligten handelnde
§5 d. G. besteht ebenfalls noch zu Recht und ebenso ist anzunehmen, daß § 4 in Gültigkeit
geblieben ist, der die Fälle regelt, in welchen ein Eingriff in Privatrechte geschehen ist, für
welchen Schadensersatz geleistet werden muß.
Nach Art. 127 L.V.G. ist in erster Linie gegen Verfügungen der Orts= und Kreispoli-
zeibehörden die Beschwerde zulässig, wahlweise mit der Beschwerde läßt jedoch das Gesetz
auch die Klage zu. Nach § 128 L.V. G. findet nämlich an Stelle der Beschwerde in allen
Fällen des § 127 die Klage statt und zwar a) gegen die Verfügungen der Ortspolizeibehörden
auf dem Lande oder einer zu einem Landkreise gehörigen Stadt, deren Einwohnerzahl bis zu
10 000 Einwohnern beträgt, beim Kreisausschusse; b) gegen die Verfügungen des Landraths
oder der Ortspolizeibehörde eines Stadtkreises oder einer zu einem Landkreise gehörigen Stadt
mit mehr als 10 000 Einwohnern beim Bezirksausschusse. Die Klage kann nur auf die gleichen
Behauptunge gestützt werden, wie die Klage beim Oberwaltungsgerichte nach § 127 Abs 3u. 4.
Die Beschwerde im Falle des § 127 Abs. 1 und die Klage im Falle des § 128 sind
bei derjenigen Behörde anzubringen, gegen deren Verfügung sie gerichtet sind.
Die Behörde, bei welcher die Beschwerde oder Klage angebracht ist, hat dieselbe an
diejenige Behörde abzugeben, welche darüber zu beschließen oder zu entscheiden hat. Der Be-
schwerdeführer bezw. Kläger ist hievon in Kenntniß zu setzen.
Die Frist zur Einlegung der Beschwerde und zur Anbringung der Klage gegen die
polizeiliche Verfügung, sowie gegen den auf Beschwerde ergangenen Bescheid beträgt zwei
Wochen.
Die Anbringung des einen Rechtsmittels schließt das andere aus. Ist die Schrift,
mittels deren das Rechtsmittel angebracht wird, nicht als Klage bezeichnet oder enthält dieselbe