Full text: Handbuch des Öffentlichen Rechts. Band II.3. Das Staatsrecht des Königreichs Preußen. (23)

216 Drittes Buch: Die allgemeinen Funktionen der Staatsgewalt. II. Kapitel. 8 55. 
sicht auf den Ausfall der Voruntersuchung durch Beschluß der in erster Instanz zuständigen 
Behörde eingestellt werden; die Erhebung eines Kostenpauschquantums findet nicht statt. 
Besondere Vorschriften sind jedoch gegeben für das Disciplinarverfahren bei dem Ober- 
verwaltungsgericht durch das G. v. 8/5. 1889 (G. S. S. 107). Zur Entscheidung in den- 
jenigen auf Entfernung aus dem Amte gerichteten förmlichen Disciplinaruntersuchungen, in 
welchen die Gesetze zu derselben das Plenum des Oberverwaltungsgerichts oder das Ober- 
verwaltungsgericht berufen, wird bei demselben ein Disciplinarsenat in der Besetzung von 
zwei Präsidenten und sieben Räthen des Gerichtshofs gebildet. Den Vorsitz in diesem Senate 
führt der Präsident des Gerichtshofs und im Falle seiner Verhinderung derjenige Senats- 
präsident, welcher dieses Amt am längsten bekleidet. Im Uebrigen setzt sich der Disciplinar= 
senat in der Weise zusammen, daß bis zur Ersüllung der gesetzlichen Zahl den ständigen Mit- 
gliedern des Ersten Senats derjenige Senatspräsident, sowie diejenigen Räthe des Gerichts- 
hofs hinzutreten, welche ihr Amt am längsten bekleiden und bei gleichem Dienstalter diejenigen, 
welche der Geburt nach die ältesten sind. Die im einzelnen Falle an der Theilnahme that- 
sächlich oder rechtlich Behinderten kommen hierbei nicht in Betracht. Die Zuständigkeit des 
Disciplinarsenats erstreckt sich auch auf das Verfahren, in welchem über die Thatsache der 
Dienstunfähigkeit von Beamten Entscheidung zu treffen ist. Die für das Verfahren der ein- 
zelnen Senate des Oberverwaltungsgerichts geltenden Vorschriften finden auch auf den Dis- 
ciplinarsenat Anwendung. Die Entscheidung von Klagen, welche die Verhängung von Ord- 
nungsstrafen zum Gegenstande haben, steht bei dem Oberverwaltungsgericht dem Ersten 
Senate zu. Bezüglich der Mitglieder des Oberverwaltungsgerichts bewendet es auch ferner- 
hin bei den §§ 21, 22 und 24 der G.G. v. 3/7. 1875 und 2/8. 1880. 
Was die von den Verwaltungsgerichten zu entscheidenden Armenstreitigkeiten und 
gewerblichen Streitigkeiten anlangt, so kommen bezüglich der Armenstreitigkeiten 
durchweg die Vorschriften des L.V.G. zur Anwendung, soweit die Entscheidung von den Lan- 
desbehörden zu fällen ist, während selbstverständlicher Weise das Verfahren vor dem B. f. d. 
H. besonders geregelt ist (L.V. G. §§ 157 N. 3 und 158 N. 1; Stengel a. a. O. S. 538). 
Hinsichtlich der vor die Verwaltungsgerichte gehörigen gewerblichen Streitigkeiten 
(über die Ertheilung von Konzessionen u. s. w.) bestimmt die R.Gew.-O. § 21, daß die nähe- 
ren Bestimmungen über die Behörden und das Verfahren sowohl in der ersten, als in der 
Rekursinstanz den Landesgesetzen vorbehalten sind, jedoch gewisse Grundsätze eingehalten 
werden müssen, namentlich daß die Entscheidung in erster oder in zweiter Instanz durch eine 
kollegiale Behörde erfolgen muß und daß die Entscheidung der kollegialen Behörde in öffent- 
licher Sitzung zu ertheilen ist. Diese Grundsätze sind durch das L. V.G. gewahrt, dessen be- 
zügliche Vorschriften auf das Verfahren in gewerblichen Streitigkeiten Anwendung finden mit 
der Maßgabe jedoch, daß Vorbescheide auf Grund der §§ 64 und 67 in derartigen Angelegen- 
heiten nicht ergehen können und die Anwendbarkeit des § 80 L.V. G. ausgeschlossen ist. 
Das Verfahren in zweiter Instanz. Gegen die Endurtheile (welche auch in der 
Form der Theilurtheile oder Zwischenurtheile erscheinen können) der Kreis-(Stadt-)Ausschüsse 
und die in erster Instanz ergangenen Endurtheile der Bezirksausschüsse kann Berufung an 
den Bezirksausschuß bezw. das Oberverwaltungsgericht eingelegt werden, dagegen ist gegen 
die in erster Instanz ergangenen Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts — abgesehen 
von der Wiederaufnahme des Verfahrens — ein Rechtsmittel nicht zulässig. Zulässig ist die 
Berufung nicht bloß gegen Endurtheile der Kreisausschüsse und der Bezirksausschüsse, sondern 
auch gegen die von diesen Behörden auf Grund der §§ 64 und 67 L.V. G. erlassenen Bescheide 
(L.V.G. §§ 82 und 83). Ausgeschlossen ist die Berufung, soweit gemäß besonderer gesetzlicher 
Vorschrift die Endurtheile der Kreisausschüsse und Bezirksausschüsse endgültig oder die gegen 
dieselben stattfindenden Rechtsmittel in abweichender Weise geregelt sind.
	        
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