8 55. Die Verwaltungsgerichtsbarkeit. 217
Ueber die Fälle, in welche die erwähnten Endurtheile endgültig sind, vgl. Stengel,
Organisation § 56 B II und 8 57 B II.
In abweichender Weise sind, was die Urtheile des Kreisausschusses anlangt, die Rechts-
mittel namentlich geregelt in Disciplinarsachen (a. Kr. O. §§ 68 N. 2, 134; Zust.G. 8 36
Abs. 1; vgl. ferner Zust.G. § 78). Die Rechtsmittel gegen die Endurtheile der Bezirksaus-
schüsse sind insofern in einer Anzahl von Fällen in abweichender Weise geregelt, als nicht die
Berufung, sondern nur die Revision zum Oberverwaltungsgericht zulässig ist (Zust. G. 8 3;
a. Kr. O. § 19; a. Kr. O. §§ 110— 112; Zust.G. § 18; Zust.-G. § 44; Zust.-G. 88§ 115
bis 128, 124, 141, 138).
Die Befugniß zur Einlegung der Berufung steht nicht bloß den Parteien, sondern aus
Gründen des öffentlichen Interesses auch dem Vorsitzenden des Kreisausschusses und Bezirks-
ausschusses zu. Will der Vorsitzende von diesem Rechte Gebrauch machen, so hat er dies sofort
zu erklären. Die Verkündigung der Entscheidung bleibt in diesem Falle einstweilen, jedoch
längstens 3 Tage ausgesetzt und erfolgt dann mit der Eröffnung, daß im öffentlichen Interesse
die Berufung eingelegt sei. Die Gründe der Berufung sind den Parteien zur schriftlichen Er-
klärung binnen einer bestimmten Frist mitzutheilen. Nach Ablauf der Frist sind die Verhand-
lungen dem Bezirksausschusse bezw. Oberverwaltungsgericht vorzulegen und die Parteien hier-
von zu benachrichtigen (L. V. G. §§ 82, 83). In den übrigen Fällen beträgt die Frist zur Ein-
legung der Berufung zwei Wochen (§ 85 L.V. G.).
Innerhalb dieser Frist muß bei Verlust des Rechtsmittels die Berufung bei dem Ge-
richte, gegen dessen Entscheidung dieselbe gerichtet ist, schriftlich angemeldet und gerechtfertigt
werden. Zur Rechtfertigung der Berufung kann übrigens in nicht schleunigen Sachen eine
Nachfrist (nicht über zwei Wochen) gewährt werden.
Das Gericht prüft, ob die Anmeldung rechtzeitig erfolgt ist. Ist die Frist versäumt, so
muß die Berufung ohne weiteres durch einen mit Gründen versehenen Bescheid zurückgewiesen
werden, welcher Namens des Kreisausschusses auch vom Vorsitzenden, Namens des Bezirks-
ausschusses von dem Vorsitzenden im Einverständnisse mit den ernannten Mitgliedern erlassen
werden kann. Gegen diesen Bescheid ist binnen zwei Wochen die Beschwerde an das Berufungs-
gericht zulässig (L. V.G. 8 87).
Ist die Anmeldung rechtzeitig erfolgt, so wird die Berufungsschrift mit Anlagen der
Gegenpartei zur schriftlichen Gegenerklärung binnen einer bestimmten Frist zugefertigt. Der
Berufungsbeklagte kann sich auch nach Ablauf der Berufungsfrist der Berufung anschließen
(L. V. G. §§ 86, 89). Nach Ablauf der Gegenerklärungsfrist sind die Verhandlungen dem
Berufungsgerichte unter Verständigung der Parteien einzusenden (L.V.G. § 88).
Ist die Berufung von einer Partei — nicht vom Vertreter des öffentlichen Interesses —
eingelegt worden, so kann, wenn keine der Parteien die Anberaumung der mündlichen Ver-
handlung ausdrücklich verlangt hat, das Berufungsgericht ohne solche Verhandlung schon auf
Grund der Erklärungen der Parteien nach Maßgabe des § 67 L.V.G. die Abweisung der
Berufung (dagegen nicht die Abänderung des angefochtenen Urtheils) aussprechen. Gegen den
Bescheid ist nur Antrag auf mündliche Verhandlung zulässig (L. V.G. § 89).
Die Ladung der Parteien und des vom Regierungspräsidenten bezw. vom Ressort-
minister bestellten Vertreters des öffentlichen Interesses zur mündlichen Verhandlung erfolgt
unter der Verwarnung, daß beim Ausbleiben nach Lage der Verhandlungen werde entschieden
werden (L. V. G. 8 84, 90).
Für das Verfahren in zweiter Instanz gelten im Uebrigen dieselben Vorschriften, wie
für das Verfahren in erster Instanz; namentlich kann auch in zweiter Instanz die Entscheidung
ohne vorgängige Anberaumung einer mündlichen Verhandlung erlassen werden, wenn beide
Theile auf eine solche ausdrücklich verzichtet haben (L. V. G. 88 90, 82).