Full text: Handbuch des Öffentlichen Rechts. Band II.3. Das Staatsrecht des Königreichs Preußen. (23)

8 58a. Die Vollstreckungsbeamten und der Waffengebrauch. 233 
§ 58 a. Die Vollstreckungsbeamten und der Waffengebrauch 1). I. Zur Vollziehung 
der Gesetze und Ausführung der von ihnen erlassenen Entscheidungen, Verfügungen und Be- 
fehle bedürfen die Verwaltungsbehörden der Vollstreckungsbeamten, welche insbesondere dann 
in Thätigkeit zu treten haben, wenn es sich um die Anwendung von unmittelbarem (physischem) 
Zwange handelt. Diese Vollstreckungsbeamten haben in der Regel ein selbstständiges Ent- 
scheidungsrecht nicht, soudern es obliegt ihnen nur die Befehle der ihnen vorgesetzten Behörden 
zu vollziehen, welche auch für diese Befehle verantwortlich sind, während der Vollzugsbeamte 
nur für die ordnungsmäßige und dem Gesetze entsprechende Ausführung des Befehls haftet. 
Zu diesen Vollzugsbeamten gehören vor Allem die Gendarmen. Die Einrichtung der 
Gendarmerie beruht gegenwärtig auf die V. v. 30/12.1820 über die anderweitige Organisation 
der Gendarmerie und die Dienstinstruktion vom gleichen Tage über die Dienstverhältnisse und 
Dienstpflichten der Gendarmerie (G. S. 1821 S. 1 ff. S. 10 ff.). Der A.CE. v. 30/12. 1850 
(G. S. 1851 S. 703) führte das in den übrigen Theilen der Monarchie bestehende Institut 
der Landgendarmerie auch in den hohenzollernschen Landen ein und das Gleiche geschah durch 
die V. v. 23/5. 1867 (G. S. S. 777 ff.) bezüglich der im Jahre 1866 mit der preußischen 
Monarchie vereinigten Gebietstheile. Was nun die Einrichtung, den Wirkungskreis und die 
rechtliche Stellung der Gendarmerie anlangt, so ergiebt sich aus den erwähnten gesetzlichen Vor- 
schriften in dieser Hinsicht Folgendes: 
1. Die Gendarmerie ist in Bezug auf Oekonomie, Disciplin, Gerichtsstand und innere 
Verfassung militärisch organisirt, und ist unter dem Oberbefehle des Chefs der Landgendarmerie 
dem Kriegsministerium untergeben. Den Armeekorps entsprechend ist sie in Brigaden einge- 
theilt, von denen jede aus einem Brigadier, und einer Anzahl von Offizieren, Oberwacht- 
meistern, berittenen und Fuß-Gendarmen besteht. 
In Hinsicht ihrer Wirksamkeit und Dienstleistung steht aber die Gendarmerie unter den 
betreffenden Civilbehörden und ist insoweit dem Ministerium des Innern untergeordnet, welchem 
auch nach Maßgabe des Bedürfnisses und der örtlichen Verhältnisse unter Rücksprache mit dem 
Chef der Gendarmerie die Vertheilung der Gendarmen im Lande zusteht. 
Die Anstellung der Offiziere erfolgt durch den König auf Vorschlag des Chefs der 
Gendarmerie; die Wachtmeister und Gendarmen werden vom Chef selbst angenommen. Die 
Gendarmen werden aus den geeigneten Unteroffizieren mit mindestens 9 jähriger Dienstzeit 
entnommen, und nach sechsmonatlicher Probedienstleistung angestellt. Bezüglich der Civilver- 
sorgungsansprüche wird der Dienst in der Gendarmerie als Militärdienst betrachtet (Bek. des 
Reichskanzlers v. 25/3. 1882 § 1, C. Bl. 1882 S. 123). 
Die unmittelbare militärische Aufsicht über die Gendarmen wird durch die Gendarmerie- 
Offiziere und Oberwachtmeister geführt. 
2. Der Wirkungskreis der Gendarmerie ergiebt sich daraus, daß dieselbe im Allgemeinen 
bestimmt ist, die Polizeibehörden in Erhaltung der öffentlichen Ruhe, Sicherheit und Ordnung 
im Innern des Staats und in der Handhabung der bezüglichen Gesetze und Anordnungen zu 
unterstützen. Der Gendarmerie liegt daher als ordentliche Dienstleistung, d. h. ohne besondere 
Requisition und Anweisung ob, über die Befolgung der vorgedachten Gesetze und Anordnungen 
zu wachen, die wahrgenommenen Hindernisse dieser Befolgung, sowie die dagegen unternommenen 
Handlungen und deren Thäter zu ermitteln und solche den betreffenden Behörden anzuzeigen. 
Dazu gehört namentlich die Verhinderung und Unterdrückung von Aufläufen, Zusammen- 
2) Rönne, das Staatsrecht der preuß. Monarchie, 4. Aufl., IV, S. 96 ff. III., S. 496. — 
Bornhak, Preuß. Staatsrecht, III, S. 125 ff. — Grotefend, Preuß. Verw.-Recht, I, S. 257 ff. 
— Stengel, Lehrbuch des Verw.-Rechts, S. 107. — G. Meyer, Art. Polizeibeamte und 
Waffengebrauch in Stengel's Wörterbuch des Vtrw.-Rechts, II, S. 363 und 848. — Stengel, 
Art. Gen darmerie in Stengels Wörterbuch des Verw.-Rechts, I, S. 567 ff. 
 
	        
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