Full text: Handbuch des Öffentlichen Rechts. Band II.3. Das Staatsrecht des Königreichs Preußen. (23)

234 Drittes Buch: Die allgemeinen Funktionen der Staatsgewalt. II. Kapitel. 8 58a. 
rottungen und Tumulten, die Verhinderung von Verbrechen wider die öffentliche Sicherheit 
oder wider die Person und das Eigenthum der Einzelnen, Anzeige strafbarer Handlungen, Er- 
mittelung und Festnahme der Thäter, Beaufsichtigung von Vagabunden und verdächtigen Per- 
sonen, Sorge für Aufrechthaltung der Ruhe und Ordnung auf öffentlichen Straßen, Plätzen, 
Messen, Märkten, bei Festlichkeiten, Volkszusammenkünften u. dgl., Transport von Verbrechern 
und Vagabunden u. s. w. 
Außerdem haben die Gendarmen die Pflicht, gegebenen Falls a) die Posten, den Trans- 
port öffentlicher Gelder und anderer Gegenstände und die Fortschaffung von Pulvervorräthen 
und anderen eine besondere Vorsicht erfordernden und bei deren Vernachlässigung gefährlichen 
Gegenständen zu decken; b) den Verwaltungs= und Justizbehörden zur Unterstützung und Sicher- 
ung der Exekutionen in denjenigen Fällen als bewaffnete Macht zu dienen, in welchen Wider- 
setzlichkeit zu besorgen ist, oder sonst Militärexekution eintreten würde; c) bei Truppenmärschen 
die Nachzügler und Excedenten anzuhalten und an ihre Corps abzuliefern. 
Damit die Gendarmen ihre Obliegenheiten erfüllen können, ist Jedermann verpflichtet, 
den Anforderungen und Anordnungen derselben unbedingt Folge zu leisten. Um ihren An- 
ordnungen Folge zu verschaffen, sind die Gendarmen befugt, von ihren Waffen Gebrauch zu 
machen. Die Eigenschaft von militärischen Wachen haben aber die Landgendarmen nicht mehr. 
(Vgl. Hecker, Lehrbuch des deutschen Militärstrafrechts S. 187, 32). Ebenso ist Jedermann, 
namentlich aber jede Militär-, Civil= und Gemeindebehörde verpflichtet, die Gendarmerie und 
die einzelnen Mitglieder derselben auf deren Erfordern und Requisition in Ausübung ihrer 
Pflichten kräftigst zu unterstützen und ihr die zur Aufrechterhaltung ihres Ansehens und Er- 
reichung ihrer Bestimmung nöthige Hilfe unweigerlich und augenblicklich zu leisten. 
3. Die Gendarmerie steht in ihren Dienstobliegenheiten und in Beziehung auf deren An- 
ordnung und Ausführung lediglich unter den Civilbehörden. Jeder Gendarm ist daher zunächst 
derjenigen Behörde unterstellt, welcher er zur Unterstützung zugewiesen ist; in erster Linie dem 
Landrath (die Amtsvorsteher können zwar die Gendarmen regquiriren, haben aber keine Dienst- 
aufsicht auf dieselben, Kr. O. v. 23/12.1872 § 65), außerdem den Ortspolizeibehörden in den 
Städten oder auf den Transportstationen. Diese Behörden haben die Gendarmen in ihrer 
Dienstführung unmittelbar mit Anweisung zu versehen, zu leiten und zurechtzuweisen. Dem 
entsprechend haben auch die militärischen Vorgesetzten die Amtsverrichtungen der den Civilbe- 
hörden überwiesenen Gendarmen nur dann zu leiten, wenn etwa bei den Dienstleistungen selbst 
ein Offizier das Kommando führt. Im Uebrigen haben sie jedoch die Gendarmen auch in An- 
sehung der Pünktlichkeit, Angemessenheit und Pflichttreue in ihrer Dienstführung zu überwachen 
und darauf zu achten, daß dieselben den Gesetzen und den Anweisungen der Dienstbehörde voll- 
ständige Folge leisten. 
Für die Rechtmäßigkeit und Zweckmäßigkeit der von ihnen den Gendarmen ertheilten 
Aufträge und Anweisungen sind allein die betreffenden Dienstbehörden verantwortlich, die Gen- 
darmen haften aber für deren pünktliche Erfüllung und Ausführung. Alle anderen, als die un- 
mittelbar vorgesetzten Civilbehörden müssen, wenn sie der Unterstützung der Gendarmerie be- 
dürfen, sofern nicht Gefahr im Verzuge ist, ihre Requisitionen oder Befehle an die betreffende 
Dienstbehörde richten. 
Die Civilbehörden und die vorgesetzten Militärbehörden der Gendarmerie stehen nicht im 
Verhältniß der Ueberordnung und Unterordnung zu einander; insbesondere sind die Gendarmerie- 
Offiziere, sofern sie nicht in wichtigen Fällen persönlich zur Anführung eines Kommandos oder 
zu anderen Dienstleistungen für das Civil kommandirt und deshalb an die näheren Anord- 
nungen der Civilbehörde verwiesen sind, lediglich ihren Militärvorgesetzten untergeben. 
Neben der Gendarmerie kommen als allgemeine Vollstreckungsbeamte in Betracht die 
sog. exekutiven Polizeibeamten der Ortspolizeibehörden, die Polizeiinspektoren, Polizeikommis- 
sarien, Polizeisergeanten und Polizeidiener. Für den Polizeibezirk Berlin und in den übrigen
	        
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