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Städten mit königlicher Polizeiverwaltung besteht als besonderes Organ der exekutiven Polizei
die im Jahre 1848 (Kab.O. v. 23/6. 1848) errichtete Schutzmannschaft.
Für einzelne Verwaltungsgebiete bestehen besondere Vollzugsorgane, z. B. die Forst-
und Jagdschutzbeamten, Feldhüter, Fischereimeister u. s. w.
II. Damit die Exekutivbeamten die ihnen gewordenen Aufträge zu vollziehen im Stande
sind, ist einzelnen Kategorien derselben unter gewissen Voraussetzungen die Befugniß beigelegt,
im Dienste von ihren Waffen Gebrauch zu machen. Dieses Recht ist beigelegt: 1. den Be-
amten der Gendarmerie, welche befugt sind, auch ohne Ermächtigung der vorgesetzten Be-
hörde sich der ihnen anvertrauten Waffen zu bedienen, a) wenn Gewalt oder Thätlichkeiten
gegen sie selbst, indem sie in Dienstfunktion sind, ausgeübt wird; b) wenn auf der That ent-
deckte Verbrecher, Diebe, Schleichhändler u. s. w. ihren Aufforderungen um zur nächsten Obrig-
keit geführt zu werden nicht ohne thätlichen Widerstand Folge leisten, sich vielmehr der Be-
schlagnahme der Effekten oder Waaren und Fuhrwerke oder ihrer persönlichen Verhaftung mit
offener Gewalt oder mit gefährlichen Drohungen widersetzen; c) wenn sie auf andere Art den
ihnen angewiesenen Posten nicht behaupten, oder die ihnen anvertrauten Personen nicht be-
schützen können. Diese Vorschriften finden auch auf alle exekutiven Polizeibeamten, zu
denen auch die Schutzmannschaft gehört, Anwendung. 2. Die Grenzaufsichtsbeamten,
welche in Gemäßheit des G. v. 28/6. 1834 (G.S. S. 83) befugt sind, bei Ausübung ihres
Dienstes im Grenzbezirke von den ihnen anvertrauten Waffen Gebrauch zu machen. 3. Den
königlichen Forst-und Jagdbeamten, sowie den im Kommunal= oder Privatdienste stehenden,
wenn sie auf Lebenszeit angestellt sind, oder die Rechte der auf Lebenszeit angestellten haben,
nach Vorschrift des Gesetzes über den Forstdiebstahl beeidigt und mit ihrem Diensteinkommen
nicht auf Pfandgelder, Denunziantenantheil oder Strafgelder angewiesen sind, steht auf Grund
des G. v. 31/3. 1837 (G.S. S. 65) die Befugniß zu, zum Schutze der Forsten und Jagden
gegen Holz= und Walddiebe, Forst= und Jagdkontravenienten von ihren Waffen unter gewissen
Voraussetzungen und Maßgaben Gebrauch zu machen. 4. Die Gefängnißbeamten dürfen
in Gemäßheit der Instruktion v. 11/3. 1839 (J. M. Bl. S. 114) in gewissen Fällen von ihren
Waffen Gebrauch machen.
III. Wenn die Macht der polizeilichen Exekution nicht ausreicht um den Widerstand
zu brechen, so kann militärische Hülfe in Anspruch genommen werden. Nach Art. 36 V. U. ist
dies jedoch nur zulässig in den vom Gesetze bestimmten Fällen und Formen und nur auf
Requision der Civilbehörden (mit Ausnahme der Fälle des erklärten Belagerungszustandes
[Art. 68 R.V.] und der zeitweisen und distriktsweisen Suspension des Art. 36 V. U. nach Maß-
gabe des Art. 56 V. U.).
Maßgebend sind die Vorschriften des § 48 Nr. 3 V. v. 26/12. 1808 und die Geschäfts-
anweisung für die Regierungen vom 31/12. 1825 Abschnitt II lit. A.; ferner über das Recht
zum Waffengebrauche des Militärs das G. v. 20/3. 1837 (G. S. S. 60).
§ 59. Die Zwangsenteignung 1). I. Unter Enteignung oder Zwangsent-
eignung versteht man dasjenige Verfahren, durch welches im öffentlichen Interesse und gegen
Entschädigung Eigenthum oder dingliche Rechte entzogen werden, um sie auf den Staat oder
einen an Stelle des Staates tretenden Dritten zu übertragen. Auch eine dauernde Belastung
mit einem dinglichen Rechte fällt unter den Begriff der Enteignung, dagegen nicht eine bloß vor-
1) Rönne, das Staatsrecht der preuß. Monarchie, 4. Aufl., II. S. 100 ff. — Schulze, das
preuß. Staatsrecht, 2. Aufl., S. 401. — Bornhak, Preuß. St. R., III, S. 288. — Dalcke, das
Gesetz über die Enteignung von Grundeigenthum v. 11/6. (1874). — Eger, das Gesetz über die Ent-
eignung von Grundeigenthum v. 11/6. 1874. 2 Bde. (1887/91). — Bendix, das preuß. Gesetz über
die Enteignung von Grundeigenthum, 1889. — G. Meyer, Art. Enteignung in Stengels Wörter-
buch des Verw.-R., I, S. 355 ff.