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folgt werden. Insoweit es sich um die Verfolgung dinglicher Ansprüche handelt, bestehen also
keine Abweichungen von den allgemeinen Vorschriften, bei Geldforderungen gegen den Fiskus
kommen dagegen die schon vor dem Inkrafttreten der Civilprozeß-Ordnung in Geltung ge-
wesenen Bestimmungen zur Anwendung. Vgl. Anh. 8153 zu A.G.O. 124 § 45 u. Anh. 8 242
zu A.G.O. 1 35 § 33, rhein. Ress.-Regl. v. 20/6. 1818 §25 (Oppenhof, Die preußischen
Gesetze über die Ressortverhältnisse S. 287 Nr. 279), allgem. Verf. d. Justizministeriums
v. 18/6. 1881 (J. M. Bl. S. 160.)
§ 61. Das Staatsvermögen 1). I. Zum Staatsvermögen gehören begrifflich alle Ver-
mögensgegenstände — bewegliche wie unbewegliche Sachen — welche im Eigenthum des Staates
stehen. Das Staatsvermögen läßt sich aber nach seiner Zweckbestimmung in drei Bestandtheile
zerlegen: 1. Die öffentlichen Sachen, wie öffentliche Wege, Flüsse und Gewässer u. s. w.,
welche ein der allgemeinen Benutzung bestimmtes Staatsgut bilden?). 2. Das sogen. Ver-
waltungsvermögen, d. h. diejenigen Gegenstände, welche unmittelbar den Zwecken der
einzelnen staatlichen Verwaltungszweige dienen, wie amtliche Gebäude, Strafanstalten,
Waffen, Pferde und sonstige Gebrauchsgegenstände der Militärverwaltung. Diese Gegenstände
sind dem allgemeinen Gebrauche durch Jedermann entzogen. 3. Das Finanzvermögen,
d. h. diejenigen Vermögensgegenstände, die durch ihren Grundstock oder ihren Ertrag unmittel-
bar zur Bestreitung des Staatsaufwandes zu dienen bestimmt sind, wie Domänen, Forsten,
Aktivkapitalien des Staats u. s. w. Ein anderes System der Eintheilung hat das preußische
allgemeine Landrecht. Dasselbe unterscheidet zwischen gemeinem und besonderem Staats-
eigenthum. Zum gemeinen Staatseigenthum gehören diejenigen Gegenstände, deren Gebrauch
unter Beobachtung der dafür bestehenden Vorschriften einem jeden Staatsangehörigen zusteht,
wie die Land= und Heerstraßen, die von Natur schiffbaren Ströme, die Ufer des Meeres und
die Häfen (A.L.R. II 14 § 21). In § 22 a. a. O. wird auch noch das ausschließliche Recht,
gewisse Arten von herrenlosen Sachen in Besitz zu nehmen, dazu gerechnet. Zum besonderen
Eigenthum gehören dagegen alle Gegenstände, welche im ausschließlichen Eigenthum des Staates
stehen und unmittelbar oder mittelbar zur Bestreitung von Staatsbedürfnissen dienen, wie
Staatsgebäude, Domänen, Forsten, gewerbliche Anstalten des Staats u. s. w. (vgl. insbesondere
§l 15 Tit. 14 Th. II A.L. R.).
Das besondere Eigenthum des Staates im Sinne des allgemeinen Landrechts umfaßt
daher im Wesentlichen das Verwaltungs= und Finanzvermögen, während mit dem Ausdrucke
„gemeines Eigenthum“ in der Hauptsache die öffentlichen Sachen bezeichnet werden. Da hier
im Abschnitte über die Finanzverwaltung das Staatsvermögen nur insoweit in Betracht
kommt, als es einen finanziellen Ertrag abwirft, dies aber in der Regel nur beim Finanzver-
mögen der Fall ist, scheidet die Besprechung der öffentlichen Sachen und des Gebrauchsver-
mögens grundsätzlich aus. Nur die an das gemeine Eigenthum sich anschließenden Nutzungs-
rechte, die sog. niederen Regalien (A.L.R.II 14, 824), werden berücksichtigt werden (vgl. 869).
II. Den wichtigsten Bestandtheil des Finanzvermögens bildeten früher wenigstens die
Domänen. Als Domänen= oder Kammergüter werden aber im A.L. R. II 148 11 bezeichnet,
„einzelne Grundstücke, Gefälle und Rechte, deren besonderes Eigenthum dem Staate und die
ausschließliche Benutzung dem Oberhaupte desselben zukommt.“ Erläuternd fügt § 12 hinzu,
1) Rönne, das Staatsrecht der preuß. Monarchie, 4. Aufl., IV, S. 747 ff. — Schulze, das
preuß. Staatsrecht, 2. Aufl., II, S. 69 ff. — Bornhak, Preuß. Staatsrecht II. S. 495 ff. —
Brockhaus, Art. „Staatsvermögen“ in Stengel's Wörterbuch des Verw.-Rechts, II, S. 514 ff.
— Oelrich's Art. „Domäuen“. Ebendaselbst, II, Erg.-Bd. S. 30 ff.
2) Die öffentlichen Sachen müssen selbstverständlicher Weise nicht immer im Eigenthum des
Staates stehen, sondern können ebenso gut Gemeinden, Korporationen und selbst Privatpersonen ge-
hören. Vgl. den Art. „Oeffentliche Sachen“ in Stengel's Wörterbuch, II, S. 183 ff.
Handbuch des Oeffentlichen Rechts, II, Zweite Auflage: Preußen. 16