Full text: Handbuch des Öffentlichen Rechts. Band II.3. Das Staatsrecht des Königreichs Preußen. (23)

8 66a. Die Gewerbesteuern. 261 
innerhalb der zu bestimmenden, mindestens einwöchentlichen Frist schriftlich über bestimmte, 
zum Theil im Gesetze angeführte, auf die äußerlich erkennbaren Merkmale des Betriebes ge- 
richtete Fragen wahrheitsgemäß zu antworten. Ebenso ist er verpflichtet, auf besondere Auf- 
forderung des Vorsitzenden des zuständigen Steuerausschusses in verschlossenem Schreiben oder 
mündlich zu Protokoll Angaben über den jährlichen Ertrag seines Gewerbebetriebes und den 
Werth seines Anlage= und Betriebskapitals zu machen. Dieselben brauchen jedoch nur die That- 
sache festzustellen, daß der Ertrag bezw. das Betriebskapital in eine der gesetzlich festgesetzten 
Klassen falle, also z. B. zwischen 20 000 bis einschließlich 50 000 M. bezw. 150 000 bis aus- 
schließlich 1000 000 M. betragen. Weitergehende Auskunftsertheilungen über die Höhe des 
Ertrages oder den Werth des Anlage= und Betriebskapitals kann der Steuerpflichtige ablehnen. 
Andererseits kann die Veranlagungsbehörde, wie bei der Einkommensteuer, die Einschätzung 
auch unabhängig von den Angaben des Steuerpflichtigen vollziehen und haben die Gemeinde- 
vorstände diesbezügliche Aufforderungen des Ausschußvorsitzenden zur Nachforschung über Einzel- 
verhältnisse Folge zu leisten, die Behörden haben, wie bei der Einkommensteuer, Einsicht in 
alle die Gewerbeverhältnisse der Steuerpflichtigen betreffenden Bücher u. s. w. zu gewähren und 
es können nöthigenfalls Sachverständige und Auskunftspersonen vernommen und selbst beeidigt 
werden. Doch bleiben Personen, die bei dem Pflichtigen bedienstet waren oder sind, sofern er 
nicht einverstanden ist, ausgeschlossen und ebenso findet eine Vorlegung der Geschäftsbücher nur 
statt, wenn der Gewerbetreibende selbst damit einverstanden ist. Juristische Personen, Aktien- 
gesellschaften, Kommanditgesellschaften auf Aktien, eingetragene Genossenschaften und alle zur 
öffentlichen Rechnungslegung verpflichteten gewerblichen Unternehmungen müssen ihre Geschäfts- 
berichte und Jahresabschlüsse, sowie darauf bezügliche Beschlüsse der Generalversammlungen 
alljährlich der Bezirksregierung einreichen. Eine Kontrolle aller Angaben endlich bilden die Ein- 
kommensteuerdeklarationen, in welchen die Jahreseinkünfte aus dem Gewerbebetriebe besonders 
auszuweisen sind. Die Veranlagung erfolgt für jedes Steuerjahr und zwar nach Maßgabe 
des Ertrags bezw. des Anlage= und Betriebskapitals im mittleren Stande des bereits abge- 
schlossenen Wirthschaftsjahres. 
Was als Ertrag oder Anlage= und Betriebskapital anzusehen ist, wird im Gesetze nicht 
näher bestimmt. Bezüglich des letzteren heißt es, daß es alle dem Gewerbebetriebe dauernd ge- 
widmeten Werthe umfaßt, der erstere wird gar nicht näher umschrieben, doch giebt das Gesetz 
einige Anhaltspunkte bezüglich seiner Ermittelung, indem die zur Ausmittelung des steuer- 
pflichtigen Ertrages abzugsberechtigten Posten aufgeführt werden. Dazu gehören alle Betriebs- 
kosten und angemessenen Abschreibungen, insbesondere auch die Zinsen für solche Schulden, die 
aus dem laufenden Geschäftsbetriebe herrühren. Wenn das Gesetz ferner ausdrücklich hervor- 
hebt, daß die aus den Betriebseinnahmen bestrittenen Ausgaben für Verbesserungen und Ge- 
schäftserweiterungen, sowie für den Unterhalt des Gewerbetreibenden und seiner Angehörigen 
dem Ertrage zuzurechnen sind, so wird damit eine Selbstverständlichkeit hervorgehoben, da sie 
ja nach wirthschaftlichem Gebrauche des Wortes Theile des Ertrages sind. Als nicht abzugs- 
berechtigt gelten Zinsen für das Anlage= und Betriebskapital, auch wenn letzteres einem dritten 
gehört, und für Schulden, welche behufs Anlage oder Erweiterung des Geschäftes oder zu 
sonstigen Verbesserungen aufgenommen sind. Einen weitgehenden Schutz haben die durch das 
Eindringen der Steuerbehörde in die Betriebsangelegenheiten der Gefahr einer Verletzung des 
Geheimnisses ausgesetzten Gewerbetreibenden dadurch erhalten, daß das Gesetz, wie bei der 
Einkommensteuer, die Verpflichtung der Verschwiegenheit für alle Beamten wie für die Aus- 
schußmitglieder und Vorsitzenden der Ausschüsse statuirt unter Androhung von Strafen von 
höchstens 1500 M. oder 3 Monate Gefängniß. (§ 72 f.) 
c) Veranlagungsorgane und Rechtsmittel (8§ 15 ff.). Für die Veranlagung 
sind bestimmte Veranlagungsbezirke durch das Gesetz geschaffen worden, die jedoch im Bedarfs- 
falle durch den Finanzminister geändert werden können. Diese Bezirke sind für die I. Klasse
	        
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