Full text: Handbuch des Öffentlichen Rechts. Band II.3. Das Staatsrecht des Königreichs Preußen. (23)

272 Viertes Buch: Die Finanzverwaltung. II. Kapitel. 8 68. 
Zwecke der Berechnung des Reinertrages werden die Grundstücke nach Lage und Kulturart in Klassen 
getheilt, und der Reinertrag der Grundstücke erster Klasse speziell, der der übrigen nach Verhältniß be- 
rechnel. Die Berechnung des Steuerkapitals der Gefällsteuer erfolgt nach dem 25 fachen Rein- 
ertrage der Gefälle. Bei der Gebäudesteuer berechnet man das Stammkapital nach dem Nutzungs- 
und Gebrauchswerthe der Gebäude unter Berücksichtigung ihrer Bestimmung, Bauart, Lage und Größe. 
Eine Anzahl von Mustergebäuden wird speziell veranschlagt, der Werth der übrigen wird damit in Ver- 
hältniß gebracht. 
Bei der Gewerbesteuer wird das Stammkapital nach dem Ertrage des Gewerbebetriebs 
und nach dem Gewinne aus dem Betriebskapitale berechnet. Zum Zwecke der Veranlagung werden 
vier Hauptabtheilungen gebildet (a) Handwerker; b) Fabrik= und Handelsgewerbe; c) Mühlen= und 
andere Werke; d) Wirthschaftsgewerbe), welche nach dem G. v. 6/6. 1835 je nach der Ausdehnung des 
Betriebs in Klassen zerfallen, die wieder in Unterabtheilungen zerlegt werden. Für die Unterabtheil= 
ungen werden verschiedene Stammkapitalien festgestellt. 
Die Kapitaliensteuer wird für das ganze Jahr nach dem Besitzstande vom Mai bestimmt 
und zwar auf Grund einer Fassion der Steuerpflichtigen; gewisse Kapitalien, insbesondere alle nicht 
verzinslichen, sind freigegeben. 
Die Hundesteuer wird auf Grund des G. v. 27/6. 1875 im Betrage von 8 M. jährlich er- 
hoben, wovon ½/8 der Landeskasse und 3⅝ der Gemeindekasse zufließen. 
§ 68. Die Stempel= und Erbschaftssteuern ). I. Die Stempelsteuern. Man 
versteht darunter jede Abgabe, bei deren Entrichtung Stempelzeichen verwendet werden. In 
dieser Form können aber Abgaben der verschiedensten Art, Gebühren, Verkehrssteuern, Ver- 
mögenssteuern u. s. w. erhoben werden. In Preußen erfolgte lange Zeit die Entrichtung der Ver- 
kehrssteuern in der Form der Stempelsteuer. Die Grundlage der Stempelsteuern bildet das 
G. v. 7/3. 1822 (G.S. S. 57), welches das Stempelwesen für den ganzen Umfang der Mo- 
narchic vollständig neu regelte. Inzwischen hat dieses Gesetz durch zahlreiche Kabinettsordres, 
Abänderungs= und Ergänzungsgesetze, dann durch den Einfluß der Reichsgesetzgebung so weit- 
tragende Aenderungen erfahren, daß die Gesetzgebung zur Zeit wenig übersichtlich ist. Für die 
neuen Landestheile wurden durch VV. und zwar v. 19/7. 1867 für Hannover, Hessen und 
Nassau, v. 7/8. 1867 für Schleswig-Holstein, v. 16/8. 1867 für Frankfurt selbstständige Vor- 
schriften erlassen, welche durch spätere Gesetze theilweise wieder abgeändert worden sind; im 
Wesentlichen und insbesondere für die hier in Betracht kommenden Verkehrssteuern besteht nun- 
mehr Uebereinstimmung mit den Vorschriften für die alten Provinzen. 
Die Stempelabgaben umfassen Gebühren und Verkehrssteuern. Der Charakter der letz- 
teren herrscht insofern vor, als die Steuerpflicht in gleichem Umfange und in gleicher Höhe bei 
privaten Schriftstücken besteht, wie bei öffentlichen Beurkundungen; Schriftlichkeit ist Erforder- 
niß der Stempelpflicht. Der Stempel ist, je nachdem er nach dem Gegenstande oder dem Werthe 
der Verhandlung erhoben wird, ein Fixstempel oder ein Werthstempel. Um Uebrigen richten 
sich die Stempelbeträge nach den den einzelnen Gesetzen oder Verordnungen beigefügten, alpha- 
betisch geordneten Stempeltarifen. Die Tarifsätze für die wichtigeren Rechtsgeschäfte sind: 
Versicherungsverträge („Assekuranzpolicen") ½2 % der für die ganze Vertragsdauer zu entrich- 
tenden Prämie (bei Lebensversicherungen ist nur die Jahresprämie maßgebend): betragen die 
Prämien nicht 300 M., so beläuft sich der Stempel auf 1,50 M. (bei Prämien bis zu 150 M. ein- 
schließlich besteht Stempelfreiheit), LKautionsbestellungen („Kautionsinstrumente") bis 600 M.: 
50 Pfg., bis 1200 M.: 1M., bei höheren Beträgen 1,50 M., „Cessionsinstrumente“ 1,50 M., 
Eheversprechen 1,50 M., Eheverträge 1,50 M., Erbfolgeverträge 1,50 M., Erbtheilungen 
(„Erbrezesse und Erbtheilungsrezesse"), bei erbschaftssteuerpflichtigen Verlassenschaften stempel- 
1) Labes, das preuß. Stempelgesetz v. 7/3. 1822 u. s. w., 5. Aufl., 1892. — Severin, 
die preuß. Stempelabgaben, 2. Aufl., 1890. — Keerl, das preuß. Stempelrecht in den neuen Landes- 
theilen der Monarchie. — Kühnemann, die Stempel= und Erbschaftssteuer u. s. w., 3. Aufl., 1892. 
— Rönne, das Staatsrecht der preuß. Monarchie, 4. Aufl., IV, S. 845 ff. — Bornhak, Preuß. 
Staatsrecht, III, S. 541, Erg.-Bd. S. 63.— v. Mayr, Art. Stempelsteuer §6 und Erbschafts- 
steuer in Stengels Wörterbuch des Verw.-Rechts, II, S. 545 und 1, S. 360, und Art. Erbschafts- 
steuer (preußische) im I. Erg.-Bd. S. 33 und in II. Erg. Bd. S. 61. 
 
	        
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