274 Viertes Buch: Die Finanzverwaltung. II. Kapitel. 8 68.
hörden und Beamte, sowie die Aktiengesellschaften sind verpflichtet, ihnen die Einsicht ihrer
stempelpflichtigen Verhandlungen zu gestatten.
In den hohenzollerm#'schen Landen ist das Sportel-, Stempel= und Taxwesen durch
ein besonderes G. v. 22/6. 1875 (G. S. S. 235) geregelt 1.
II. Die Erbschaftssteuer wurde nach § 9 G. v. 7/3. 1822 auch in der Form des
Stempels erhoben. Diese Erhebungsform wurde jedoch durch das G. v. 30/3. 1873 betr. die
Erbschaftssteuer (G. S. S. 235) beseitigt. Dieses Gesetz, auf welchem gegenwärtig noch die Erb-
schaftssteuer beruht, wurde durch G. v. 22/6.1875 Art. 1 §3 (G. S. S. 235)auch in den hohen-
zollern'schen Landen eingeführt. Zum G. v. 30/5. 1873 erging für den Umfang der Monarchie
mit Ausschluß der Insel Helgoland eine Novelle, nämlich das G. v. 19/5. 1891 betr. Ab-
änderung des Erbschaftssteuergesetzes (G. S. S. 72). Durch Art. 4 Abs. 2 dieses Gesetzes
wurde der Finanzminister ermächtigt, den Text des G. v. 30/5. 1873 mit dem aus dem G.
v. 19/5. 1891 sich ergebenden Aenderungen unter Weglassung der Uebergangsbestimmungen
und unter Veränderung der Thalerwährung in Reichswährung mit einer fortlaufenden Num-
mernfolge der Paragraphen durch die Gesetzessammlung bekannt zu machen. Dies ist geschehen
durch Bekanntmachung des Finanzministers v. 24/5. 1891 (G.S. S. 78 ff.).
Nach dem G. v. 30/5. 1873, bezw. 19/5. 1891, unterliegen der Erbschaftssteuer ohne
Unterschied, ob der Anfall Inländern oder Ausländern zukommt: 1. Erbschaften, Vermächt-
nisse und Schenkungen von Todeswegen einschließlich der remuneratorischen; 2. Lehns= und
Fideikommißanfälle; 3. die Anfälle von Hebungen aus Familienstiftungen, welche in Folge
Todesfalls auf den vermöge stiftungsmäßiger oder gesetzlicher Successionsordnung Berufenen
übergehen; 4. Vermögen Verschollener, bei vorläufiger Ausfolgung an die muthmaßlichen Erb-
berechtigten. Jeder derartige Anfall wird je nach der Nähe des Verwandtschaftsverhältnisses
in dem der Empfänger zum Erblasser stand, mit ein bis acht Prozent besteuert.
Der Anfall wird versteuert:
A. mit 1 vom Hundert, wenn er an Personen gelangt, welche dem Hausstand des Erb-
lassers angehört und zu demselben in einem Dienstverhältniß gestanden haben, sofern der An-
fall in Pensionen, Renten oder anderen auf Lebenszeit beschränkten Nutzungen besteht, die ihnen
mit Rücksicht auf dem Erblasser geleistete Dienste zugewendet werden.
B. mit 2 vom Hundert, wenn er gelangt a) an adoptirte oder in Folge der Einkindschaft
zur Erbschaft berufene Kinder und deren Descendenten, b) voll= oder halbbürtige Geschwister
und deren Deszendenten.
C. mit 4 vom Hundert, wenn er gelangt an a) vorstehend nicht benannte Verwandte bis
einschließlich zum sechsten Grad der Verwandtschaft, b) Stiefkinder und deren Descendenten
und Stiefeltern, c) Schwiegerkinder und Schwiegereltern, d) natürliche, aber von dem Er-
zeuger erweislich anerkannte Kinder, e) außerdem sind mit 4 vom Hundert des Betrags zu
versteuern alle Anfälle und Zuwendungen, welche ausschließlich zu wohlthätigen, gemeinnützigen
oder Unterrichtszwecken bestimmt sind, insoferne solche nicht einzelne Familien oder bestimmte
Personen betreffen und die wirkliche Verwendung zu dem bestimmten Zwecke gesichert ist.
D. mit 8 vom Hundert: in allen anderen Fällen.
Steuerfrei sind alle Anfälle unter 150 M., sowie alle Anfälle, welche gelangen an
a) Ascendenten; b) Defcendenten; c) Ehegatten; d) Personen, die dem Hausstande des Erb-
lassers angehören und zu demselben in einem Dienstverhältnisse gestanden haben, sofern der
Anfall den Betrag von 900 M. nicht übersteigt; e) der Fiskus und alle öffentlichen Anstalten
und Kassen, die für Rechnung des Staates verwaltet werden und diesen gleichgestellt sind;
1) Orts= und Landarmenverbände zur Verwendung für Hilfsbedürftige; 9) öffentliche Armen-,
1) Auf die Reichsstempelsteuern (Spielkartenstempel, Wechselstempelsteuer u. s. w.) wird hier
natürlich nicht eingegangen. «