286 Viertes Buch: Die Finanzverwaltung. II. Kapitel. § 71.
Die obere Kontrolle der Kassen wird von der Kassenkuratel geführt. Zur Beauf-
sichtigung der Kassen und Aufrechthaltung der Ordnung in der Verwaltung derselben dienen
insbesondere auch die Kassenrevisionen, die entweder gewöhnliche oder außergewöhnliche
sind, nach Maßgabe der Kab.O. v. 19/8. 1823 (G.S. S. 159) stattzufinden haben?).
III. Die Rendanten der Staatskassen, denen die Einziehung, Aufbewahrung und Ver-
wendung des staatlichen Einkommens übertragen ist, sind zur Rechnungslegung verpflichtet,
deren Zweck ist die Resultate der Verwaltung darzustellen und den Nachweis zu liefern, daß
die Staatseinkünfte richtig erhoben, verwendet und berechnet sind, sowie, daß nach richtigen
Grundsätzen und im Interesse des Staats gewirthschaftet worden ist. Die Rechnungen sind
entweder Spezial= oder Hauptrechnungen, je nachdem sie sich auf einzelne oder sämmt-
liche einer Kasse zur Verrechnung überwiesene Verwaltungszweige à fonds beziehen oder
extraordinäre Rechnungen, die die einer Kasse zu besonderen Zwecken überwiesenen Gelder,
sowie zur etatsmäßigen Verwaltung nicht gehörende Nebenfonds betreffen. Letztere werden den
Etatsrechnungen als Anhang beigefügt.
Ueber das Formelle des Rechnungswesens enthält die Instruktion für die Oberrechnungs-
kammer v. 18/12. 1824 in § 46 genaue Vorschriften.
Alle diejenigen Rechnungen, durch welche die Ausführung des festgestellten Staatshaus-
haltsetats und der sämmtlichen Etats und sonstigen Unterlagen, auf welchen derselbe beruht,
dargethan wird, unterliegen der Kontrolle und Revision durch die Oberrechnungskammer. Die
Revision der Rechnungen muß außer der Rechnungssjustifikation noch darauf gerichtet werden,
1. ob bei der Erwerbung, Benutzung und Veräußerung von Staatseigenthum, und bei der Er-
hebung und Verwendung der Staatseinkünfte, Abgaben und Steuern, nach den bestehenden
Gesetzen und Vorschriften unter genauer Beobachtung der maßgebenden Verwaltungsgrund-
sätze verfahren worden ist und 2. ob und wo nach den aus den Rechnungen zu beurtheilenden
Ergebnissen zur Beförderung des Staatszwecks Abänderungen nöthig oder rathsam sind.
Die Oberrechnungskammer, deren Geschäftsjahr mit dem 1. Oktober des einen Jahres
beginnt und mit dem 30. September des folgenden Jahres schließt, ist verpflichtet für die Er-
ledigung der gezogenen Erinnerungen und die Berichtigung der Rechnungen dergestalt zu
sorgen, daß der Abschluß des Revisionsverfahrens spätestens im Laufe des folgenden Geschäfts-
jahres erfolgt.
Jede Rechnung muß vor deren Einsendung an die Oberrechnungskammer bei der Ver-
waltungsbehörde abgenommen werden, nachdem solche zuvor in calculo vollständig geprüft und
attestirt worden ist. Bei der Abnahme ist die Rechnung in formeller und materieller Hinsicht
gründlich zu prüfen mit den nöthigen Erläuterungen und Bemerkungen und auch mit den
noch etwa fehlenden Bescheinigungen zu versehen.
Wenn die rechnungsführenden Beamten ihren Verbindlichkeiten vollständig genügt und
die im Revisionsprotokolle der Oberrechnungskammer aufgestellten Erinnerungen erledigt haben,
ertheilt die Oberrechnungskammer denselben Decharge mit den in den §§ 146 bis 153 Th. 1
T. 14 A.L. R. einer Quittung beigelegten Wirkungen.
Ergeben sich Vertretungen des Rechnungsführers oder anderer Beamten bei der Rech-
nungsrevision, deren Deckung durch die Notatenbeantwortung nicht nachgewiesen wird, so hat
die Oberrechnungskammer die weitere Verfolgung, welche von der vorgesetzten Behörde zu be-
wirken ist, nöthigenfalls durch Eintragung in das Soll der Einnahmen anzuordnen.
1) Zur Sicherung der Kassen dienen die von den Rendanten zu bestellenden Amtskautionen
und die Einrichtung, wonach die Spezialkassen verpflichtet sind, denjenigen Betrag, der zur Bestreitung
ihrer Ausgaben nicht erforderlich ist, an die Regierungshauptkasse abzuliefern. — Wenn bei öffentlichen
Kassen Defekte entdeckt werden, so findet das sog. Defektenverfahren statt (ggl. § 44).