Full text: Handbuch des Öffentlichen Rechts. Band II.3. Das Staatsrecht des Königreichs Preußen. (23)

5 75. Allgemeines. Ueberblick über die in der preuß. Monarchie geltenden Gemeindegesetze. 305 
7. Im Regierungsbezirke Kassel ist, soweit derselbe aus dem ehemaligen Kurfürstenthum 
Hessen besteht, noch die G. O. v. 23/10. 1834 in Kraft, die sowohl für Stadtgemeinden wie Land- 
gemeinden gilt, doch wird zwischen Stadtgemeinden und Landgemeinden unterschieden und sind wenig- 
stens in einigen Punkten für jede dieser beiden Kategorien besondere Bestimmungen getroffen. In der 
vormals bayerischen Stadt Orb gilt noch das revid. Gemeindeedikt v. 17/5. 1818 bezw. 1/7. 1834 
mit der Gem.-Wahlordnung v. 5/8. 1818 und dem Umlagengesetze v. 22/7. 1819. 
8. Im Regierungsbezirke Wiesbaden abgesehen von der Stadt Frankfurt a. M. 
war bisher soweit derselbe das ehemalige Herzogthum Nassau umfaßt, das nassauische Gemeindegesetz vom 
16/7. 1854, soweit zu demselben vormals großherzogl. hessische Landestheile gehören, die G.O. v. 30/6.1821 
u. die G. G. v. 8/1. 1852, 3/5. 1858 u. 21/6. 1852 und in dem ehemals landgräflich hessischen Amte 
Homburg die G.G. v. 9/10. 1849 u. 6/12. 1852 in Geltung. Alle diese Gesetze machten einen Unter- 
schied zwischen Stadtgemeinden und Landgemeinden nicht. Die Kr.O. für Hessen-Nassau v. 7/6. 1885 
hat jedoch diesen Unterschied eingeführt, indem sie in § 22 neununddreißig vormals nassauischen, groß- 
herzoglich-hessischen und hessen-homburgischen Gemeinden den Charakter der Städte beilegte. Am 
8. Juni 1891 erging sodann eine neue St.O. für den Regierungsbezirk Wiesbaden (G.S. S. 107 ff.), 
welche nach § 1 in den Städten Wiesbaden, Bieberich-Mosbach, Homburg v. d. Höhe, Ems, Hoöchst, 
Limburg, Oberlahnstein, Rödelheim, Diez, Oberursel und Rüdesheim zur Anwendung kommt, während 
in den übrigen im § 22 der Kr.O. v. 7/6. 1885 aufgeführten Städten mit Ausnahme der Stadt 
Frankfurt a. M. deren Einführung auf übereinstimmenden Beschluß des Gemeindevorstandes und der 
Gemeindevertretung nach Anhörung des Provinziallandtages durch kgl. Verord. zu erfolgen hat. Durch 
Kgl. V. v. 6/2. 1893 (GS. S. 7) ist sodann die Einführung der St.O. v. 8/6. 1891 vom 1/4. 1893 ab 
verfügt worden in den Stadtgemeinden Dillenburg, Eltville, Hachenburg, Hadamar, Herborn, Idstein, 
Langenschwalbach, Montabaur, Niederlahnstein und Weilburg. 
9. In Frankfurt a. M. nebst Sachsenhausen und deren Gemarkungen gilt das Gemeindever- 
fassungsgesetz v. 25/3. 1867 (G. S. S. 401), welches im Wesentlichen der St.O. v. 30/5. 1853 für die 
östlichen Provinzen nachgebildet ist. 
10. In dem ehemaligen Fürstenthume Hohenzollern-Sigmaringen sind die Verhältnisse 
aller Gemeinden durch die G. v. 5/8. 1837 u. 6/6. 1840 geregelt. Durch § 22 Zust.G. ist der 
Gemeinde Sigmaringen der Charakter als Stadtgemeinde beigelegt worden. Die Verfassung der Stadt- 
gemeinde Hechingen beruht auf der Stadtordnung v. 15/1. 1835, bezw. d. V. v. 3/2. 1826 und der 
Regierungsverfügung v. 1/8. 1848 betr. die Instruktion für das Stadtschultheißenamt. Die Verwaltung 
liegt in der Hand eines Stadtraths als Gemeindevorstand und eines Bürgerausschusses als Gemeinde- 
vertretung, ausnahmsweise tritt die Bürger= oder Gemeindeversammlung ein. Bezüglich der Gemeinde- 
steuern bestimmt die Städteordnung nur, daß sie die Zustimmung des Bürgerausschusses und der Auf- 
sichtsbehörde bedürfen. Dieselben werden in der Form von Zuschlägen zu den Staatssteuern erhoben. — 
Die Landgemeindeverfassung in Hohenzollern-Hechingen beruht auf der G.O. v. 19/10 
1833, welche in allen wesentlichen Punkten mit der St. O. v. 15/1. 1835 übereinstimmt. Hervorzuheben 
ist, daß die Stelle des Stadtraths das Ortsgericht und die des Stadtschultheißen der erste Vorsteher oder 
Vogt einnimmt. Ueber Gemeindeabgaben und Dienste enthält das G. v. 19/10. 1833 keine Bestimmungen. 
Nach dem hohenzollern-sigmaring'schen Gemeinderecht bildet den Gemeindevorstand der Ge- 
meinderath, der aus dem Bürgermeister als Vorsitzendem und je nach der Einwohnerzahl 4—10 
Gemeinderäthen besteht, und die Gemeindevertretung der Bürgerausschuß, der aus so vielen von der 
Gemeindeversammlung auf drei Jahre mindestens zur Hälfte aus der höchstbesteuerten Hälfte der 
Bürgerschaft gewählten Mitgliedern besteht, als die Zahl der Mitglieder des Gemeinderaths einschließlich 
des Bürgermeisters beträgt. Die Gemeindesteuern sind entweder Auflagen auf die Bürgernutzungen 
oder Zuschläge zu der in der Gemeinde aufkommenden Grund-, Gefäll-, Gebäude= und Gewerbesteuer. 
B8. Landgemeindeordnungen. 1. In den sieben östlichen Provinzen. Die Land- 
gemeindeordnung in diesen Provinzen beruhte bis zum Jahre 1891 auf den Bestimmungen des A.L.R. 
und der G.G. v. 14/4. 1856 betr. die Landgemeindeverfassungen in den sechs östlichen Provinzen und 
betr. die ländlichen Ortsobrigkeiten mit der Maßgabe, daß daneben und zwar durchweg in erster Linie 
Statuten und Observanzen und die Provinzialrechte in Geltung waren. Am 3. Juli 1891 ist jedoch 
die Landgemeindeordnung für die sieben östlichen Provinzen der Monarchie (G. S. S. 233 ff.) ergangen, 
welche in den Provinzen Ostpreußen, Westpreußen, Brandenburg, Pommern, Posen, Schlesien und 
Sachsen an die Stelle des daselbst geltenden Gemeinderechts getreten ist. 
2. In Westfalen beruht die Landgemeindeverfassung auf die L.G.O. v. 19/3.1856, welche nicht 
nur in den Landgemeinden, sondern auch in den Städten gilt, in denen die westfälische Städteordnung 
nicht eingeführt ist. 
3. In der Rheinprovinz regelt sich die Landgemeindeverfassung durch die ursprünglich für 
Stadt= und Landgemeinden erlassene rhein. G.O. v. 23/7. 1845. 
Handbuch des Oeffentlichen Rechts II. Zweite Auflage: Preußen. 20
	        
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