308 Fuünftes Buch: Die Gemeinden und die Kommunalverbände. I. Kapitel. § 76.
1. während der Dauer eines über den Berechtigten verhängten Konkurses; 2. während der
Dauer eines wegen eines Verbrechens oder eines Vergehens, das die Aberkennung der bürger-
lichen Ehrenrechte zur Folge haben kann, eingeleiteten Strafverfahrens (§ 7 a. a. O.).
Außer den Bürgern steht das städtische Wahlrecht, sofern die übrigen Erfordernisse des-
selben vorhanden sind, auch denjenigen nicht in der Stadt wohnhaften physischen, sowie den-
jenigen juristischen Personen zu, die seit einem Jahre mehr als einer der drei höchstbesteuerten
Einwohner sowohl an direkten Staats-, als an Gemeindeabgaben gezahlt haben. Diese sind
auch allein berechtigt, sich bei der Wahl der Stadtverordneten durch stimmberechtigte Bürger
vertreten zu lassen (östl. St. O. §§ 8, 25, Wiesb. St. O. 8§ 8 u. 25).
Auf Beschwerden und Einsprüchen, betr. den Besitz und Verlust des Bürgerrechts, ins-
besondere des Rechts zur Bekleidung einer den Besitz des Bürgerrechts voraussetzenden Stelle
in der Gemeindeverwaltung oder Gemeindevertretung beschließt die Gemeindevertretung; der
Beschluß derselben bedarf keiner Genehmigung oder Bestätigung des Gemeindevorstandes oder
der Aufsichtsbehörde. Gegen den Beschluß findet die Klage im Verwaltungsstreitverfahren
statt, welche auch dem Gemeindevorstande zusteht. Sie hat keine aufschiebende Wirkung (Z.G.
8§ 10, 11, Wiesb. St.O. § 9).
III. Die Stadtgemeinden sind Korporationen, denen die Selbstverwaltung ihrer Ange-
legenheiten zusteht und die insbesondere befugt sind, statutarische Anordnungen zu treffen:
1. über solche Angelegenheiten der Stadt, sowie über solche Rechte und Pflichten ihrer Mit-
glieder hinsichtlich deren die Städteordnungen Verschiedenheiten gestatten, oder keine ausdrück-
liche Bestimmungen enthalten; 2. über sonstige eigenthümliche Verhältnisse und Einrichtungen.
— Dergleichen Anordnungen bedürfen der Bestätigung des Bezirksausschusses (in Berlin des
Oberpräsidenten) (östl. St. O. §8§ 9, 11, Wiesb. St.O. 88 10, 11).
IV. Organe der Stadtgemeinde sind 1. die Stadtverordnetenversammlung; 2. der
Magistrat (östl. St. O. § 10, Wiesb. St.O. § 10 Abs. 2).
1. Die Stadtverordnetenversammlung. Die Mitglieder derselben werden ge-
wählt. Die Zahl der Mitglieder bestimmt sich nach der Einwohnerzahl. Die Versammlung
besteht bei weniger als 2500 Einwohnern aus 12 Mitgliedern und steigt bis zu 60 Mitgliedern
bei einer Einwohnerzahl von 90 001 bis 120 000 Einwohnern, von da ab treten für je 50 000
Einwohnern sechs Stadtverordnete hinzu. Durch statutarische Anordnung können abweichende
Festsetzungen über die Anzahl der Stadtverordneten getroffen werden (östl. St. O 8 12, Wiesb.
St. O. 12).
Wahlberechtigt sind die Gemeindebürger, die stimmberechtigten Forensen, und die-
jenigen, die in der Stadt seit einem Jahre mehr als einer der drei höchstbesteuerten Ein-
wohner sowohl an direkten Staats= als an Gemeindeabgaben entrichten, auch ohne daß sie im
Stadtbezirke wohnen oder sich daselbst aufhalten, falls bei ihnen die übrigen Erfordernisse des
Wahlrechts vorhanden sind und die juristischen Personen, wenn sie in dem angegebenen Maße
in der Gemeinde besteuert sind (östl. St. O. §§ 5, 8, Wiesb. St.O. 8§§ 5, 8).
Die Wahl der Stadtverordneten erfolgt nach dem Dreiklassenwahlsystem, d. h. zum
Zwecke der Wahl werden die Wahlberechtigten der ganzen Stadt nach Maßgabe der von ihnen
zu entrichtenden direkten Steuern (Staats= und Kommunalabgaben), nach § 13 der Wiesb.
St. O. nur der direkten Staatssteuern (Grund-, Gebäude-, Einkommen= und Gewerbesteuer
mit Ausschluß der Steuer vom Gewerbebetriebe im Umherziehen) in drei Abtheilungen ge-
theilt 1) Die erste Abtheilung besteht aus denjenigen, auf welche die höchsten Beträge bis zum
Belaufe eines Drittels des Gesammtbetrags der Steuern aller stimmfähigen Bürger fallen.
Die übrigen stimmfähigen Bürger bilden die zweite und die dritte Abtheilung 2); die zweite
1) Vgl. hiezu § 5 d. G. v. 14/7. 1893, betr. die Aufhebung direkter Staatssteuern.
2) Vgl. hiezu § 77 des Einkommensteuergesetzes v. 24/6. 1891.