8 76. Die Stadtgemeinden. Die Städteordnung f. d. östl. Provinzen d. Monarchie v. 30/5. 1853 2c. 309
reicht bis zum zweiten Drittel der Gesammtsteuer aller stimmfähigen Bürger. Jede Abtheilung
wählt ein Drittel der Stadtverordneten, ohne dabei an die Wähler der Abtheilung gebunden
zu sein. Die Hälfte der von jeder Abtheilung zu wählenden Stadtverordneten muß aus Haus-
besitzern (Eigenthümern, Nießbrauchern und solchen die ein erbliches Besitzrecht haben) bestehen
(östl. St. O. §§ 13—16, Wiesb. St.O. §§ 13—160).
Wahlfähig sind die Gemeindebürger; nicht wahlfähig sind: 1. diejenigen Beamten
und die Mitglieder derjenigen Behörden, durch welche die Aufsicht des Staates über die Städte
ausgeübt wird; 2. die Mitglieder des Magistrats und alle besoldeten Gemeindebeamten;
3. geistliche Kirchendiener und Elementarlehrer; 4. die richterlichen Beamten mit Ausnahme
der technischen Mitglieder der Handels-, Gewerbe= und ähnlicher Gerichte; 5. die Beamten der
Staatsanwaltschaft; 6. die Polizeibeamten. — Vater, Sohn und Brüder dürfen nicht zugleich
Mitglieder der Stadtverordnetenversammlung sein. Sind dergleichen Verwandte zugleich ge-
wählt, so wird der ältere allein zugelassen (östl. St. O. § 17, Wiesb. St.O. § 17).
Die Stadtverordneten werden auf sechs Jahre gewählt, jedoch verliert jede Wahl ihre
Wirkung, sobald einer der Fälle eintritt, in denen nach den Bestimmungen des § 7 der Ge-
wählte des Bürgerrechts verlustig geht oder von der Ausübung desselben für eine gewisse Zeit
ausgeschlossen wird. Alle zwei Jahre scheidet ein Drittheil der Mitglieder aus und wird durch
neue Wahlen ersetzt, die das erste und zweite Mal Ausscheidenden werden für jede Abtheilung
durch das Loos bestimmt (östl. St. O. § 18, Wiesb. St.O. § 18).
Das Wahlverfahren ist geregelt in den §§ 19—28 östl. St. O. und §§ 19—28 Wiesb.
St.O. 1) Gegen das stattgehabte Wahlverfahren kann von jedem stimmfähigen Bürger inner-
halb zwei Wochen nach Bekanntmachung des Wahlergebnisses durch den Magistrat bei dieser
Behörde Einspruch erhoben werden. Ueber die Gültigkeit der Wahlen beschließt die Stadtver-
ordnetenversammlung, gegen deren Beschluß die Klage im Verwaltungsstreitverfahren statt
hat, die auch dem Magistrate zusteht. Die Klage hat keine aufschiebende Wirkung, jedoch dürfen
Neuwahlen für durch Beschluß der Stadtverordnetenversammlung für ungültig erklärte Wahlen
vor ergangener rechtskräftiger Entscheidung nicht vorgenommen werden (Z.G. 88 10, 11, 21,
Wiesb. St.O. 8.27).
2. Der Magistrat besteht nach der östlichen Städteordnung aus dem Bürgermeister,
einem Beigeordneten oder zweiten Bürgermeister als dessen Stellvertreter, nach der Wiesbadener
Städteordnung aus einem Bürgermeister einem oder mehrerern Beigeordneten als dessen Stell-
vertretern, dann einer Anzahl von Schöffen (Stadträthen, Rathsherren, Rathsmännern) und
wo es das Bedürfniß erfordert, noch aus einem oder mehrern besoldeten Mitgliedern (Syndi-
kus, Kämmerer, Schulrath, Baurath u. s. w.). Die Zahl der Schöffen beträgt in Stadtge-
meinden von weniger als 2500 Einwohnern 2, von 2500— 10000 Einwohnern 4, von 10 001
bis 30000 Einwohnern 6, von 30001—60000 Einwohnern 8, von 60001—100000 Ein-
wohnern 10 Schöffen. Bei mehr als 100000 Einwohnern treten für je weitere 50 000 Ein
wohner zwei Schöffen hinzu. Durch statutarische Anordnung können abweichende Festsetzungen
über die Anzahl der Magistratsmitglieder getroffen werden (östl. St. O. 829, Wiesb. St.O. 829).
Mitglieder des Magistrats können nicht sein: a) die oben sub 1, 3, 4, 5 und 6 aufge-
führten, zur Stadtverordnetenversammlung nicht wählbaren Personen; b) die Stadtverordneten,
die Gemeindeunterbeamten und in Städten über 10 000 Einwohnern die Gemeindeeinnehmer.
Vater und Sohn, Schwiegervater und Schwiegersohn, Brüder und Schwäger dürfen nicht zu-
gleich Mitglieder des Magistrats sein. Vater und Sohn, Schwiegervater und Schwiegersohn,
sowie Brüder dürfen nicht zugleich Mitglieder des Magistrats und der Stadtverordnetenver-
1) Vgl. dazu das G. v. 1/3. 1891, betr. die Abänderung und Ergänzung einiger Bestimmungen
wegen der Wahl der Stadtverordneten (G. S. S. 20), welches in Art. I die §§ 14, 21 und 25 d.
St.O. v. 30/5. 1853, entsprechend den einschlägigen Bestimmungen der Wiesb. St. O. abgeändert, bezw.
ergänzt hat.