Full text: Handbuch des Öffentlichen Rechts. Band II.3. Das Staatsrecht des Königreichs Preußen. (23)

§ 76. Die Stadtgemeinden. Die Städteordnung f. d. östl. Provinzen der Monarchie v. 30/5. 1853 r2c. 311 
ung sowohl vom Magistrate als den Stadtverordneten die Einsetzung einer gemeinschaftlichen 
Kommission verlangt werden kann, so beschließt der Bezirksausschuß über die entstandene Mei- 
nungsverschiedenheit, wenn von einem Theile auf Entscheidung angetragen wird, und zugleich 
die Angelegenheit nicht auf sich beruhen kann. b) Die Ueberwachung der Verwaltung. Die 
Stadtverordnetenversammlung ist daher berechtigt, sich von der Ausführung ihrer Beschlüsse 
und der Verwendung aller Gemeindeeinnahmen zu überzeugen und zu diesem Zwecke vom 
Magistrat Einsicht der Akten zu verlangen und Ausschüsse aus ihrer Mitte zu ernennen, zu 
welcher der Bürgermeister ein Mitglied des Magistrats abzuordnen befugt ist (östl. St.O. 
§§ 35—37; Wiesb. St. O. §§ 35—37; Z.G. §. 17 Z. 1). 
Die Stadtverordnetenversammlung wählt jährlich einen Vorsitzenden und einen Stell- 
vertreter desselben und einen Schriftführer und einen Stellvertreter desselben aus ihrer Mitte, 
doch kann auch die Stelle des Schriftführers ein von den Stadtverordneten nicht aus ihrer 
Mitte gewählter in öffentlicher Sitzung hierzu vom Bürgermeister vereideten Protokollführer 
vertreten. Diese Wahlen erfolgen nach § 32 a. a. O. Die Sitzungen finden, sofern nicht regel- 
mäßige Sitzungstage festgestellt sind, in welchem Falle, mit Ausnahme dringender Fälle, die 
Tagesordnung mindestens zwei freie Tage zuvor den Mitgliedern und dem Magistrate mitzu- 
theilen ist, nach Bedürfniß statt; die Mitglieder sind dann in der von der Versammlung ein 
für allemal festgesetzten Art und Weise unter Angabe der Tagesordnung und, dringliche Fälle 
ausgenommen, mindestens zwei freie Tage zuvor vom Vorsitzenden einzuladen. Ebenso muß 
der Magistrat eingeladen werden, der sich durch Abgeordnete vertreten lassen kann und auf 
Verlangen jederzeit gehört werden muß; andererseits können auch die Stadtverordneten die An- 
wesenheit von Abgeordneten des Magistrats verlangen. Die Zusammenberufung der Stadt- 
verordneten muß auf Verlangen eines Viertels der Mitglieder und auf Verlangen des Ma- 
gistrats erfolgen. Die Sitzungen sind öffentlich, doch kann für einzelne Gegenstände durch einen 
in geheimer Sitzung zu fassenden Beschluß die Oeffentlichkeit ausgeschlossen werden. Der Vor- 
sitzende leitet die Verhandlungen und handhabt die Ordnung in der Versammlung. Zur Be- 
schlußfähigkeit gehört Anwesenheit von mehr als der Hälfte der Mitglieder; sind jedoch die 
Stadtverordneten zum zweiten Male zur Verhandlung über denselben Gegenstand zusammen- 
berufen, so sind sie ohne Rücksicht auf die Zahl der Erschienenen beschlußfähig, sofern bei der 
zweiten Zusammenberufung ausdrücklich auf diese Bestimmung hingewiesen worden ist. Die 
Beschlußfassung erfolgt nach absoluter Mehrheit der Stimmenden. An Verhandlungen über 
Angelegenheiten, bezüglich deren das Interesse eines Mitglieds mit dem der Stadtgemeinde in 
Widerspruch steht, darf dieses Mitglied nicht theilnehmen; tritt auf diese Weise Beschlußun- 
fähigkeit ein, so tritt der Magistrat an die Stelle der Stadtverordneten und wenn auch dieser 
aus gleichem Grunde beschlußunfähig ist, hat der Bezirksausschuß für die Wahrung des Ge- 
meindeinteresses zu sorgen und nöthigenfalls einen besonderen Vertreter für die Stadtgemeinde 
zu bestellen. Für Prozesse der Stadt gegen Magistratsmitglieder aus Anlaß ihrer Geschäfts- 
führung bestellt der Regierungspräsident auf Antrag der Stadtverordneten einen Anwalt für 
die Stadt. 
Alle Beschlüsse der Stadtverordnetenversammlung müssen dem Magistrat mitgetheilt 
werden, auch diejenigen, die ihm durch Gesetz nicht zur Ausführung überwiesen sind. Die Stadt- 
verordnetenversammlung darf in keinem Falle ihre Beschlüsse selbst zur Ausführung bringen. 
Der Stadtverordnetenversammlung ist es überlassen, unter Zustimmung des Magistrats 
eine Geschäftsordnung abzufassen, und darin Zuwiderhandlungen der Mitglieder gegen die zur 
Aufrechterhaltung der Ordnung gegebenen Vorschriften mit Strafe zu belegen. Diese Strafen 
können nur in Geldbußen bis zu 15 M. und bei nochmals wiederholten Zuwiderhandlungen 
in der auf eine gewisse Zeit oder für die Dauer der Wahlperiode zu verhängenden Ausschließ- 
ung aus der Versammlung bestehen. Versagt der Magistrat seine Zustimmung, so tritt das in 
§36 vorgeschriebene Verfahren ein (s. o.). Ueber die Strafen, welche gegen ihre Mitglieder wegen
	        
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