§ 76. Die Stadtgemeinden. Die Städteordnung f. d. östl. Provinzen d. Monarchie v. 30 / 5. 1853 2c. 313
Bürgermeister besonders übertragen: I. wenn die Handhabung der Ortspolizei nicht königlichen
Behörden übertragen ist: 1. die Handhabung der Ortspolizei; 2. die Verrichtung eines Hülfs-
beamten der Staatsanwaltschaft nach Maßgabe des § 153 des R.G.V. G. und der auf Grund
desselben erlassenen besonderen Bestimmungen; 3. die Verrichtungen eines Amtsanwaltes bei
dem Amtsgerichte, welches in der bezüglichen Stadt seinen Sitz hat, nach Maßgabe der Vor-
schriften der §§ 64, 65 des Ausf.G. zum R.G.V. G., sofern nicht eine andere Person mit
diesem Amte betraut wird. II. Alle örtlichen Geschäfte der Kreis-, Bezirks-, Provinzial= und
allgemeinen Staatsverwaltung, namentlich auch die Standesamtsgeschäfte nach Maßgabe der
einschlagenden Bestimmungen des R.G. v. 6/2.1875, sofern nicht ein besonderer Beamter für
dieselben bestellt ist. — Einzelne der unter 1 1 u. 2 und II erwähnten Geschäfte können mit
Genehmigung des Regierungspräsidenten, hinsichtlich der Standesamtsgeschäfte des Ober-
präsidenten, einem anderen Magistratsmitgliede übertragen werden (östl. St. O. S. 62, Wiesb.
St.O. 8 62).
4. Zur dauernden Verwaltung oder Beaufsichtigung einzelner Geschäftszweige, sowie zur
Erledigung vorübergehender Aufträge können besondere Deputationen entweder bloß aus
Mitgliedern des Magistrats oder aus Mitgliedern beider Gemeindebehörden oder aus letzteren
und stimmfähigen Bürgern gewählt werden. Zur Bildung gemischter Deputationen aus beiden
Stadtbehörden ist der übereinstimmende Beschluß beider erforderlich. Zu diesen dem Magi-
strate in allen Beziehungen untergeordneten Deputationen und Kommissionen werden die Stadt-
verordneten und stimmfähigen Bürger von der Stadtverordnetenversammlung gewählt, die
Magistratsmitglieder vom Bürgermeister ernannt, welcher auch unter letzteren den Vorsitzenden
zu bezeichnen hat. Durch statutarische Anordnungen können nach den eigenthümlichen örtlichen
Verhältnissen besondere Festsetzungen über die Zusammensetzung der bleibenden Verwaltungs-
deputationen getroffen werden?).
Städte von größerem Umfange oder von zahlreicherer Bevölkerung werden vom Magistrat
nach Anhörung der Stadtverordneten in Ortsbezirke ertheilt. Jedem Bezirk wird ein Bezirks-
vorsteher vorgesetzt, welcher ebenso wie ein Stellvertreter von den Stadtverordneten aus den
stimmfähigen Bürgern des Bezirks auf sechs Jahre erwählt und vom Magistrat bestätigt wird.
Die Bezirksvorsteher sind Organe des Magistrats und verpflichtet, seinen Anordnungen Folge
zu leisten, ihn namentlich in den örtlichen Geschäften des Bezirks zu unterstützen (östl. St. O.
§8§ 59. 60, Wiesb. St.O. 8§ 59, 60).
5. Die Gemeindebeamten stellt der Magistrat an nach Anhörung der Stadtver-
ordneten und zwar soweit es sich nicht um vorübergehende Dienstleistungen handelt, auf Lebens-
zeit; diejenigen Unterbeamten, welche nur zu mechanischen Dienstleistungen bestimmt sind,
können auch auf Kündigung angenommen werden 5). Ueber die Höhe der Kautionen der Ge-
1) In Betreff der Befugniß der Stadtbehörden, ortspolizeiliche Verordnungen zu erlassen, kommen
die darauf bezüglichen Gesetze zur Anwendung (östl. St. O. 8 63; Wiesb. St.O. § 63). Vgl. dar-
über § 53.
2) Deputationen, deren Einrichtung auf besonderen Bestimmungen beruht, sind: 1. die Schul-
deputation (Instrukt. v. 26/6. 1811 — Kamptz' Annalen Bd. 17, S. 6569 —, M.R. v. 12/8. 1870 —
M. Bl. d. i. V. S. 264 —, M.RN. v. 18/5. 1875 — M. Bl. d. i. V., S. 204 —), 2. der Waisenrath
(§§ 52 ff. der Vormundschaftsordn. v. 5/7.1875); 3. die Sanitätsdeputation (Regulativ v. 8/8. 1835,
G. S. S. 240); 4. die Servis= und Einquartirungsdeputation (§ 5 N.G. v. 25/6.1868, B.G. Bl. S. 523);
5. die Armendeputation (8 3 G. v. 8/3. 1871). — Den städtischen Deputationen kann auch die Be-
fugniß zur Führung von Prozessen übertragen werden; das Recht zur selbstständigen Beschlußfassung
darüber, ob Namens der Stadt ein Prozeß geführt werden soll, kann einer Deputation aber nur in-
soweit übertragen werden, als es sich um einen Akt der laufenden Verwaltung handelt — wie bei der
Eintragung auf Grund von Hebelisten — M. R. v. 28/10. 1888 (M. Bl. d. i. V. 1889, S. 9).
3) Bezüglich der Verpflichtung der Stadtgemeinden zur Besetzung der städtischen Subaltern-
und Unterbeamtenstellen mit Militäranwärtern vogl. die Kab.O. v. 10/9. 1882 (M.Bl. d. i. V.
S. 225) und G. v. 21/7. 1892 (G. S. S. 214).