Full text: Handbuch des Öffentlichen Rechts. Band II.3. Das Staatsrecht des Königreichs Preußen. (23)

314 Fünftes Buch: Die Gemeinden und die Kommunalverbände. I. Kapitel. § 76. 
meindebeamten entscheidet ebenfalls der Magistrat nach Anhörung der Stadtverordneten. In 
Städten bis zu 10000 Einwohnern können die Geschäfte des Gemeindeeinnehmers nach Ver- 
nehmung der Stadtverordnetenversammlung und mit Zustimmung des Bezirksausschusses dem 
Kämmerer übertragen werden. 
Ueber die Besoldungen aller besoldeten Gemeindebeamten wird vom Magistrat ein 
Normaletat entworfen und von den Stadtverordneten festgesetzt. Soweit dies nicht der Fall, 
wird die Besoldung vor der Wahl festgesetzt. Hinsichtlich des Bürgermeisters und der besoldeten 
Magistratsmitglieder unterliegt die Festsetzung der Besoldung der Genehmigung des Bezirks- 
ausschusses, in Berlin des Oberpräsidenten. Sofern der Beigeordnete unbesoldet ist, kann ihm 
mit Genehmigung des Bezirksausschusses eine feste Entschädigung bewilligt werden. Schöffen 
und Stadtverordnete erhalten weder Gehalt noch Remuneration, nur die Vergütung baarer 
Auslagen ist zulässig. 
Die auf Lebenszeit angestellten besoldeten Gemeindebeamten erhalten, insofern nicht mit 
den Beamten ein Anderes verabredet worden ist, bei eintretender Dienstunfähigkeit Pension 
nach den für die unmittelbaren Staatsbeamten geltenden Grundsätzen 1). Den Bürgermeistern 
und den besoldeten Mitgliedern des Magistrats sind, sofern nicht mit Genehmigung des Bezirks- 
ausschusses eine Vereinbarung wegen der Pensionen getroffen ist, bei eintretender Dienstun- 
fähigkeit oder wenn sie nach abgelaufener Wahlperiode nicht wieder gewählt werden, als Pension 
zu gewähren: ¼ des Gehaltes nach sechsjähriger Dienstzeit, ½ nach zwölfjähriger Dienstzeit, 
2⅜Z nach vierundzwanzigjähriger Dienstzeit. 
Die Pension fällt fort oder ruht insoweit, als der Pensionirte durch anderweitige An- 
stellung im Staats= oder Gemeindedienste ein Einkommen oder eine neue Pension erwirbt, 
welche mit Zurechnung der ersten Pension sein früheres Einkommen übersteigen. Ueber streitige 
Pensionsansprüche der Bürgermeister, der besoldeten Magistratsmitglieder und der übrigen be- 
soldeten Gemeindebeamten beschließt der Bezirksausschuß — in Berlin der Oberpräsident — 
und zwar soweit der Beschluß sich darauf erstreckt, welcher Theil des Diensteinkommens bei 
Feststellung der Pensionsansprüche als Gehalt anzusehen ist, vorbehaltlich der den Betheiligten 
gegeneinander zustehenden Klage im Verwaltungsstreitverfahren beim Bezirksausschusse — in 
Berlin beim Oberverwaltungsgerichte — im Uebrigen vorbehaltlich des ordentlichen Rechts- 
wegs. Der Beschluß ist vorläufig vollstreckbar. Ueber die Thatsache der Dienstunfähigkeit der 
Bürgermeister, Beigeordneten und sonstigen Gemeindebeamten ist gegebenen Falls in dem 
durch § 82 Abs. 1 Nr. 2 St.O. bezüglich der Entfernung aus dem Amte vorgeschriebenen Ver- 
fahren Entscheidung zut reffen (östl. St. O. §§ 56 Nr. 6, 61, 65, Wiesb. St.O. 88 56 Nr.6, 
65, 66, Z.G. § 20)7. 
6. Soweit die Stellen in der Gemeindevertretung oder-Verwaltung unbesoldet sind, ist zu 
ihrer Annahme und mindestens dreijähriger Verwaltung jeder stimmfähige Bürger verpflichtet. 
Zur Ablehnung oder früheren Niederlegung einer solchen Stelle berechtigen nur folgende Ent- 
schuldigungsgründe: 1. anhaltende Krankheit; 2. Geschäfte, die eine häufige oder lange dauernde 
Abwesenheit mit sich bringen; 3. ein Alter über sechszig Jahre; 4. die früher stattgehabte Ver- 
waltung einer unbesoldeten Stelle für die nächsten drei Jahre; 5. die Verwaltung eines an- 
deren öffentlichen Amtes; 6. ärztliche und wundärztliche Praxis; 7. sonstige besondere Verhält- 
nisse, welche nach dem Ermessen der Stadtverordnetenversammlung eine gültige Entschuldig- 
ung begründen. Wer sich ohne diese Entschuldigungsgründe weigert, eine unbesoldete Stelle 
in der Gemeindeverwaltung oder-Vertretung anzunehmen oder die noch nicht drei Jahre lang 
versehene Stelle ferner zu versehen, sowie derjenige, welcher sich der Verwaltung solcher 
  
1) Vgl. G. v. 1/3. 1891, betr. die Ausdehnung einiger Bestimmungen des G. v. 31/3. 1882 
wegen Abänderung des Pensionsgesetzes v. 27/3. 1872 auf mittelbare Staatsbeamte (G. S. S. 19). 
2) Ueber die Dienstvergehen der Gemeindebeamten vgl. § 84.
	        
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