Full text: Handbuch des Öffentlichen Rechts. Band II.3. Das Staatsrecht des Königreichs Preußen. (23)

§ 76. Die Stadtgemeinden. Die Städteordnung f. d. östl. Provinzen d. Monarchie v. 30/5. 1853 2c. 315 
Stellen thatsächlich entzieht, kann durch Beschluß der Stadtverordneten auf 3—6 Jahre der 
Ausübung des Bürgerrechts für verlustig erklärt und um ½ bis ¼ stärker zu den direkten 
Gemeindeabgaben herangezogen werden. Gegen den betreffenden, der Genehmigung oder Be- 
stätigung von Seiten des Magistrats oder der Aufsichtsbehörde nicht bedürfenden Beschluß 
findet die Klage im Verwaltungsstreitverfahren statt, welche auch dem Magistrate zusteht (östl 
St.O. § 74; Wiesb. St.O. 8 76; Z.G. § 11 Abs. 1 u. § 21). 
Wer eine das Bürgerrecht voraussetzende Stelle in der Verwaltung oder Vertretung der 
Stadtgemeinde bekleidet, scheidet aus derselben aus, wenn er des Bürgerrechts verlustig geht; 
im Falle des ruhenden Bürgerrechts tritt die Suspension ein. Die zu den Verwaltungs- 
deputationen gewählten stimmfähigen Bürger und anderen von der Stadtverordnetenversamm- 
lung auf eine bestimmte Zeit gewählten unbesoldeten Gemeindebeamten, zu denen jedoch die 
Schöffen nicht zu rechnen sind, können durch einen übereinstimmenden Beschluß des Magistrats 
und der Stadtverordneten auch vor Ablauf ihrer Wahlperiode von ihrem Amte entbunden 
werden (östl. St. O. § 75; Wiesb. St.O. 8§ 77). 
VI. Neben der soeben besprochenem Organisation der städtischen Verwaltung kann eine 
einfachere Organisation in Städten von nicht mehr als 2500 Einwohnern auf Antrag der Stadt- 
verordneten unter Genehmigung des Bezirksausschusses eingerichtet werden, indem 1. die Zahl 
der Stadtverordneten auf sechs vermindert, 2. statt des Magistrats nur ein Bürgermeister, der 
den Vorsitz in der Stadtverordnetenversammlung mit Stimmrecht zu führen hat und durch 
zwei oder drei Schöffen, die gleichzeitig Stadtverordnete sein können, unterstützt und vertreten 
wird, gewählt wird. Die Rechte und Pflichten des Magistrats hat der Bürgermeister mit 
mit den aus seiner Stellung als Vorsitzender der Stadtverordnetenversammlung sich ergeben- 
den Modifikationen; insonderheit steht ihm ein Recht, die Beschlüsse der Stadtverordnetenver- 
sammlung zu bestätigen nicht zu, wohl aber ein Recht der Beanstandung derselben. Die Be- 
schlüsse der Stadtverordneten bedürfen nur der Unterschrift des Vorsitzenden und eines Mit- 
gliedes (östl. St. O. §§ 72, 73; Wiesb. St.O. §§ 74, 75; Z.G. 8§ 15, 17 Nr. 1, § 21). 
VII. Die Finanzverwaltung der Stadtgemeinde. 1. Das Gemeindever- 
mögen. Ueber alle Theile des Gemeindevermögens führt der Magistrat ein Lagerbuch; die 
darin vorkommenden Veränderungen werden den Stadtverordneten bei der Rechnungsabnahme 
zur Erklärung vorgelegt (östl. St. O. § 71; Wiesb. St.O. § 71). Die Verwaltung des Ver- 
mögens ist Sache des Magistrats, über die Benutzung des Gemeindevermögens beschließen die 
Stadtverordneten, welche insbesondere darüber zu wachen haben, daß das Grundstocksvermögen 
in seinem Bestande erhalten und nicht zur Bestreitung laufender Bedürfnisse verwendet werde 
(östl. St. O. § 49; Wiesb. St.O. § 49). Das Gemeindevermögen ist entweder Kämmerei- 
vermögen, das zur Bestreitung der Lasten und Abgaben der Stadtgemeinden bestimmt ist, 
oder Bürgervermögen, dessen Nutzungen den einzelnen Gemeindemitgliedern oder Ein- 
wohnern vermöge dieser ihrer Eigenschaft zukommen. Weder das Kämmerei= noch das Bürger- 
vermögen dürfen durch eine Gemeinheitstheilung in Privateigenthum der Gemeindemitglieder 
verwandelt werden 1). 
Was das unbewegliche Vermögen anlangt, so ist zur Veräußerung von Grundstücken 
und solchen Gerechtsamen, die ihnen gesetzlich gleichgestellt sind, die Genehmigung der Aufsichts- 
behörde (des Bezirksausschusses, in Berlin des Oberpräsidenten) erforderlich, die freiwillige 
Veräußerung darf in der Regel nur im Wege der Lizitation auf Grund einer Taxe erfolgen; 
die Lizitation muß mindestens sechs Wochen zuvor im Amtsblatt und in den für die Bekannt- 
machungen des Magistrats üblichen Blättern einmal bekannt gemacht sein und durch eine Ju- 
stiz= oder Magistratsperson abgehalten werden. Zur Ertheilung des Zuschlags ist die Ge- 
  
1) In Ansehung der Verwaltung und Verwendung des Vermögens der Stiftungen bewendet es 
bei den stiftungsmäßigen Bestimmungen östl. St. O. (§ 49 Abs. 4, Wiesb. Sl.O. § 49 Absl. 2).
	        
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