316 Fünftes Buch: Die Gemeinden und die Kommunalverbände. I. Kapitel. § 76.
nehmigung der Stadtverordneten erforderlich. In besonderen Fällen kann der Bezirksausschuß
(in Berlin der Oberpräsident) auch freihändigen Verkauf oder Tausch gestatten. Mauern, Thürme,
Thore, Wälle und andere zum Verschlusse oder zur Vertheidigung der Städte dienende Anlagen
dürfen nach der Kab. O. v. 20/6.1830 (G. S. S. 113) ohne Genehmigung der Aussichtsbehörde
weder verändert noch abgetragen werden. Holzungen der Stadtgemeinden unterliegen den Vor-
schriften d. G. v. 14%/8. 1876 (G. S. S. 273), vgl. auch Wiesb. St.O. 8 55.
Zur Veräußerung oder wesentlichen Veränderung von Sachen, welche einen besonderen
wissenschaftlichen-historischen Kunstwerth haben, namentlich von Archiven, ist die Genehmigung
des Regierungspräsidenten erforderlich (östl. St. O. § 50; Wiesb. St.O. § 50 Abs. 1)
2. Gemeindeanleihen. Zu Anleihen, durch welche die Gemeinde mit einem Schulden-
stand belastet oder der bereits vorhandene vergrößert wird, ist die Genehmigung des Bezirks-
ausschusses (in Berlin des Oberpräsidenten) vorgeschrieben (östl. St. O. § 50 Nr. 3; Wiesb.
St.O. 8 50 Abs. 3; Z.G. § 16). Zur Ausgabe von Inhaberpapieren behufs Beschaffung
einer Anleihe bedarf es gemäß dem G. v. 17/6. 1833 (G. S. S. 75) einen allerhöchsten Pri-
vilegiums.
3. Die Einführung von Bürgerrechtsgeldern und Einkaufsgeldern:#), welche
auch nach dem Inkrafttreten des Kommunalabgaben-G. v. 14/7. 1893 noch zulässig sind
(vgl. § 96 Abs. 7 das.), erfolgt durch Gemeindebeschluß unter Genehmigung des Bezirksaus-
schusses (in Berlin des Oberpräsidenten). Das Bürgerrechtsgeld wird bei Erwerb des
Bürgerrechts gezahlt; vor Entrichtung des Bürgerrechtsgeldes darf das Bürgerrecht nicht aus-
geübt werden. Befreit sind 1. die unmittelbaren und mittelbaren Staatsbeamten, die Lehrer
und Geistlichen, welche gemäß dienstlicher Verpflichtung ihren Wohnsitz in der Stadt nehmen;
2. Militärpersonen, die 12 Jahre aktiv gedient, bei der ersten Niederlassung und die ad 1 be-
zeichneten Personen bei der ersten Verlegung ihres Wohnsitzes aus dem aktiven Dienste. Das
Einkaufsgeld wird für Erwerb des Theilnahmerechts an den Gemeindenutzungen anstatt
oder neben einer jährlichen Abgabe erhoben, es muß jedoch dadurch den Betheiligten ein be-
sonderer persönlicher Nutzen erwachsen, der nicht nur in den allgemeinen Vortheilen des Ge-
meindeverbandes besteht, von deren Benutzung Niemand ausgeschlossen werden kann, wie z. B.
der Armen= und Krankenanstalten. Ein Zwang zur Entrichtung des Einkaufsgelds, bezw. der
ihm entsprechenden jährlichen Abgabe besteht nicht; solange auf die Theilnahme an den Gemeinde-
nutzungen verzichtet wird, braucht dasselbe nicht gezahlt zu werden (GG. v. 14/5.1860 —
G. S. S. 237 — u. 2/3. 1867 — G. S. S. 361; Wiesb. St.O. § 52).
4. Gemeindesteuern. Soweit die Einnahmen aus dem städtischen Vermögen nicht
hinreichen, um die durch das Bedürfniß oder die Verpflichtungen der Gemeinde erforderlichen
Geldmittel zu beschaffen, konnten, bezw. können (bis zum Inkrafttreten des Kommunalabgaben-
G. v. 14/7. 1893) nach Maßgabe des § 53 östl. St. O. u. Wiesb. St.O., bezw. des Kom-
munalsteuer-Noth-G. v. 27/7.1885 2) die Aufbringung von Gemeindesteuern beschließen. Diese
können bestehen: 1. in Zuschlägen zu den Staatssteuern mit Ausnahme der Steuer für den
Gewerbebetrieb im Umherziehen 3) und bei den indirekten Steuern im Rahmen der Reichsge-
1) Abgesehen von den Bürgerrechts= und Einkaufsgeldern können die Gemeinden auch sonst
noch Gebühren und Beiträge für die Benützung gemeindlicher Anstalten und Einrichtungen erheben.
Oertel a. a. O. S. 207 f.
2) Durch das für den ganzen Umfang der Monarchie mit Ausschluß der hohenzollern'schen Lande
ergangene G. v. 27/7. 1885 ist die Gemeindebesteuerung der juristischen Personen und der Forensen
einheitlich geregelt worden. Gleichzeitig enthält das Gesetz das mit dem Inkrafttreten des Kommunal=
abgabengesetzes vom 14/7. 1893 seine Gültigkeit verliert, Bestimmungen zur Vermeidung der Doppel-
besteuerung durch Gemeindeabgaben bei physischen wie juristischen Personen.
3) Dagegen kommt die Wanderlagersteuer zum großen Theile den Gemeinden zu Gute, ogl.
G. v. 27/2. 1880 (G.S. S. 174) 8 5.