318 Fünftes Buch: Die Gemeinden und die Kommunalverbände. I. Kapitel. 8 77.
der Gemeindebeamten nach Maßgabe der V. v. 24/1. 1844 beschließt der Bezirksausschuß,
dessen Beschluß in dem zweiten Falle vorbehaltlich des Rechtswegs endgültig ist (Z.G. 8 17,
Wiesb. St.O. 8 73).
8 77. B. Die Städteordnung für Westfalen v. 19/3. 1856, die rhein. St.O. v.
15/5. 1856 und das Gemeindeverfassungs-G. für Frankfurt a. M. v. 25/3. 1867 7.
I. Die Städteordnung für Westfalrn v. 19/3. 1856 stimmt in der Hauptsache mit der
St.O. für die östl. Pro, v. 30/5. 1853 überein und weicht nur in folgenden Punkten von
derselben ab: 1. Die Zahl der Stadtverordneten ist bei Städten bis zu 30000 Einwohnern
dieselbe wie im Osten, steigt aber bei Städten über 30000 Einwohnern mit je 20000 Ein-
wohnern um je 6; der Klasseneintheilung der Wähler werden nur die direkten Staats= und
Gemeindesteuern, nicht aber auch die Steuern der weiteren Kommunalverbände zu Grunde ge-
legt (§§ 12, 13). 2. Bei Städten über 30000 Einwohnern treten für jede 20000 Einwohner
mehr zwei Schöffen als Magistratsmitglieder hinzu. Der Gemeindeeinnehmer, der von den
Stadtverordneten gewählt wird, gilt als Gemeindeunterbeamte und ist als solcher in Städten
jeder Größe von der Wählbarkeit zum Magistrat ausgeschlossen. Beschlußfähig ist der Magi-
strat in allen Städten ohne Unterschied der Größe erst bei Anwesenheit von mehr als der Hälfte
seiner Mitglieder (§§ 29, 30, 52, 55). 3. Die Staatsgenehmigung zur Einführung von Zu-
schlägen auf die indirekten Steuern ist nicht nothwendig (§ 52) (vgl. § 18 des Kommnnalab-
gaben-G. v. 14/7. 1893). 4. Nicht bloß Verkäufe, sondern auch Verpachtungen städtischer
Grundstücke und Gerechtsame müssen, insoferne die Aufsichtsbehörden nicht Ausnahmen zu-
lassen, durch öffentliches Meistgebot erfolgen (§50 Abs. 7). 5. Bei Verwaltung der Gemeinde-
waldungen sind die V. v. 24/12. 1816 und die in Gemäßheit derselben erlassenen und zu er-
lassenden Regulative maßgebend (§ 55). 6. Die Fristen für Feststellung und Auslegung der
Jahresrechnung und die Auslegung der Hebelisten über Gemeindeabgaben und Dienste ist
abweichend geregelt (§8 56, 69, 70). 7. Bestimmungen über den Erlaß von Gemeindesteuer-
Regulativen und darin aufzunehmenden Strafbestimmungen finden sich in der westfälischen
Städteordnung nicht 2). 8. Die Verfassung ohne kollegialischen Gemeindevorstand ist nicht auf
Städte über 2500 Einwohnern beschränkt, sondern kann in Städten jeder Größe eingeführt
werden; es bedarf jedoch hiezu einer zweimaligen Berathung der Stadtverordneten mit einem
Zwischenraum von mindestens 8 Tagen. Eine Verminderung der Zahl der Stadtverordneten
ist mit dieser vereinfachten Verfassung nicht verbunden.
II. Dierheinische Städteordnung v. 15/5. 1856. Die Städteverfassung der
Rheinprovinz unterscheidet sich von der St. O. v. 30/3. 1853 hauptsächlich dadurch, daß nach
der rhein. St.O. v. 18/5. 1856 nicht ein kollegialischer Magistrat die Regel bildet, sondern
derselbe durch einen Bürgermeister, dem zwei oder mehrere Beigeordneten zur Seite stehen, er-
setzt wird. Bezüglich der Wahl des Bürgermeisters und der Beigeordneten gelten dieselben Vor-
schriften wie nach der östlichen Städteordnung, nur steht, wenn die Wahl wiederholt nicht be-
stätigt worden ist, dem König, bzw. dem Regierungspräsidenten, je nachdem es sich um eine
Stadt von mehr oder weniger als 10000 Einwohnern handelt, die Ernennung der betr. Ge-
meindebeamten auf höchstens 12 Jahre zu. Der Bürgermeister ist zugleich Vorsitzender der
Stadtverordnetenversammlung; die Beigeordneten sind zu derselben wählbar. Das Recht der
Zustimmung zu den Beschlüssen der Stadtverordnetenversammlung hat der Bürgermeister nicht,
1) Zu obigen drei Gesetzen kommt jetzt hinzu das G= v. 1/3. 1891, betr. die Abänderung und
Ergänzung einiger Bestimmungen wegen der Wahl der Stadtverordneten (G. S. S. 20). — Haase, die
Städteordnungen für die östlichen Provinzen der Monarchie v. 30/5. 1853, für Westfalen und die
Rheinprovinz v. 19/3. 1856 und 15/5. 1856 (1891). — Brauchitsch, die neuen preuß. Verwaltungs-
gesetze. Ergänzungsband für die Provinz Westfalen von Brauerbehrens, für die Rhein-
provinz von Bitter.
2) Bezüglich der Besteuerung von Staatswaldungen vgl. § 4 Abs. 7 St.O. v. 19/3. 1856.