Full text: Handbuch des Öffentlichen Rechts. Band II.3. Das Staatsrecht des Königreichs Preußen. (23)

334 Fünftes Buch: Die Gemeinden und die Kommunalverbände. I. Kapitel. § 81. 
Vorsitzenden des Kreisausschusses einzureichen. Der Gemeindehaushalt ist nach dem Voran- 
schlage zu führen. Alle Gemeindeeinkünfte müssen zur Gemeindekasse gebracht werden. Aus- 
gaben, welche außerhalb des Voranschlages geleistet werden sollen, oder über deren Verwendung 
besondere Beschlußfassung vorbehalten ist, sowie Ueberschreitungen des Voranschlages bedürfen 
der vorherigen Genehmigung der Gemeindeversammlung (Gemeindevertretung). Durch Beschluß 
des Kreisausschusses kann einzelnen Gemeinden die Festsetzung eines Voranschlages nachge- 
lassen werden, wenn deren Verhältnisse dies unbedenklich erscheinen lassen (6 119). 
Ueber alle Einnahmen und Ausgaben der Gemeinde muß nach § 120 ein nach Vorschrift 
angelegtes Gemeinderechnungsbuch geführt werden. Die Gemeinderechnung ist binnen drei 
Monaten nach dem Schlusse des Rechnungsjahres der Gemeindeversammlung (Gemeindever- 
tretung) zur Prüfung, Feststellung und Entlastung vorzulegen. 
Wo ein besonderer Gemeindeeinnehmer bestellt ist, erfolgt die Einreichung der Rechnung 
zunächst an den Gemeindevorsteher (Gemeindevorstand), welcher sie einer Vorprüfung zu unter- 
ziehen und, mit seinen Erinnerungen versehen, der Gemeindeversammlung (Gemeindevertretung) 
vorzulegen hat. Die Feststellung der Rechnung muß innerhalb drei Monaten nach Vorlegung 
der Gemeinderechnung bewirkt sein. Nach erfolgter Feststellung ist die Rechnung während 
eines Zeitraumes von zwei Wochen zur Einsicht der Gemeindeangehörigen auszulegen. Dem 
Vorsitzenden des Kreisausschusses ist eine Abschrift des Feststellungsbeschlusses sofort einzu- 
reichen. Dem Kreisausschusse liegt die Revision der Gemeinderechnungen ob, welche alljährlich 
bei mehreren Gemeinden des Kreises zu erfolgen hat. 
Der Kreisausschuß beschließt: 1. an Stelle der Aufsichtsbehörde über die Feststellung 
und den Ersatz der bei Kassen und anderen Verwaltungen der Landgemeinden vorkommenden 
Defekte nach Maßgabe der V. v. 24/1. 1844 (G.S. S. 52), der Beschluß ist vorbehaltlich 
des ordentlichen Rechtsweges endgiltig. 2. über die Art der gerichtlichen Zwangsvollstreckungen 
wegen Geldforderungen gegen Landgemeinden (§ 15 Z. 4 des E.G. zur Deutschen C. Pr.O. 
v. 30/1. 1877, N.G.Bl. S. 244) 121). 
§ 1. (Fortsetzung.) Die selbstständigen Gutsbezirke 1) und die Gemeindeverbände. 
I. Die Gutsbezirke. Unter einem „selbstständigen Gutsbezirke“ versteht man nach seiner 
geschichtlichen Entstehung den Inbegriff der Besitzungen der Gutsherrschaft, das sog. Dominium, 
im Gegensatze zur Gesammtheit der Besitzungen der früheren Gutsunterthanen, welche jetzt 
den Landgemeindebezirk bilden (vgl. v. Möller, Landgemeinden, § 131, R. d. M. v. 14/4. 
1853, M. Bl. d. inn. Verw. S. 172). 
Das Allgemeine Landrecht kennt als kommunale Verbände auf dem Lande nur die Ge- 
meinden. Die von den Gemeinden und vom Bauernstande handelnden Tit. 6 u. 7 Th. IIA.L. R. 
fanden jedoch auf die Rittergüter, adeligen Güter und Gutsherrschaften keine Anwendung. Das 
Landrecht beschränkt sich hinsichtlich dieser auf die Regelung der Rechtsverhältnisse zwischen dem 
Gutsherrn und seinen Unterthanen und kennzeichnet auf diese Weise das Unterthänigkeitsver- 
hältniß als die Grundlage der Gutsherrschaften, welche als außerhalb des Gemeindeverbandes 
stehend betrachtet wurden. Aus diesen Gutsherrschaften haben sich in Folge der Ed. v. 
9/10. 1807 und 14/9. 1811 die selbstständigen Gutsbezirke in der Weise entwickelt, daß nach 
der durch diese Edikte erfolgten Abgrenzung der bäuerlichen, die Landgemeinde bildenden Feld- 
marken von den herrschaftlichen Besitzungen die spätere Gesetzgebung diese letzteren Besitzungen 
als selbstständige kommunale Gebilde beibehielt und den Landgemeinden gleichstellte. Es ent- 
stand sonach nicht sowohl durch ausdrückliche gesetzliche Vorschrift, als durch die geschichtliche 
Entwickelung der Rechtszustand, wonach der Eigenthümer des einen Gutsbezirk bildenden Gutes 
als solcher Träger der gemeindlichen Rechte und der kommunalen Pflichten ist. Allerdings 
  
1) Genzmer, Entstehung und Rechtsverhältnisse der Gutsbezirke in den sieben östlichen Pro- 
vinzen, 1891. — Stengel, Art. Gutsbezirk in dessen Wörterbuch des Verw.-R., I, S. 617 ff.
	        
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