20 Erstes Buch: Geschichtliche Einleitung. III. Kapitel. 86.
und Finanzbehörden und durch die Instruktion vom gleichen Tage für die neugeschaffenen Re—
gierungen traten nämlich an die Stelle der Kriegs= und Domänenkammern kollegialisch einge-
richtete Regierungen mit mehreren Abtheilungen, auf welche die gesammte Verwaltung,
namentlich die Angelegenheiten der Finanzverwaltung und der inneren Verwaltung überging.
Die alten „Regierungen“ (Landesjustizkollegien) wurden durch Oberlandesgerichte ersetzt,
denen die Entscheidung in Civil= und Strafsachen zweiter bezw. erster Instanz übertragen
wurde. Dabei wurde die bereits erwähnte Scheidung der Justizsachen von den Verwaltungs-
sachen dahin vorgenommen, daß die sog. Kammerjustiz auf die Gerichte überging, dagegen die
bisher von den Regierungen besorgten Verwaltungssachen wie die Landeshoheitssachen u. s. w.
den neuen Regierungen überwiesen wurden, denen natürlich die Entscheidung der auf den ver-
schiedenen Verwaltungsgebieten entstehenden öffentlich-rechtlichen Streitigkeiten verblieb.
Nach der Verordnung vom 26. Dez. 1808 sollten auch Laien, ständische Repräsentanten,
Mitglieder der Regierungen sein. Dieser Plan (Stein's) kam jedoch nicht zur Ausführung und
die Verordnung vom 30. April 1815 wegen verbesserter Einrichtung der Provinzialbehörden
erwähnt daher diese Einrichtung nicht mehr.
Das Publikandum vom 16. Dezember 1808 schuf noch eine weitere Provinzialbehörde,
nämlich die Oberpräsidenten, die den Regierungen zwar übergeordnet sein, aber keine
Zwischeninstanz zwischen ihnen und den Ministern bilden, sondern nur als ständige Kommissäre
der letzteren eine fortwährende Kontrolle und Aufsicht über die Verwaltung ihres Amtsbezirks
ausüben und außerdem gewisse Angelegenheiten selbstständig verwalten sollten.
Die Verordnung vom 30/4. 1815 enthielt genauere Vorschriften hinsichtlich der Stell-
ung und des Wirkungskreises der Oberpräsidenten wie der Regierungen, die als Organe der
Oberpräsidenten bezeichnet wurden. Nach § 1 der Verordnung wurde der preußische Staat
in zehn Provinzen eingetheilt, von denen jede zwei oder auch mehrere Regierungsbezirke um-
fassen sollte.
In jeder Provinz führt ein Oberpräsident die Verwaltung derjenigen allgemeinen
Landesangelegenheiten, welche zweckmäßiger der Ausführung einer Behörde anvertraut werden,
deren Wirksamkeit sich nicht auf einen Regierungsbezirk beschränkt. Zu dieser Angelegenheit
rechnet § 53 der Verordnung die ständischen Angelegenheiten, allgemeine Sicherheitsmaß-
regeln, außerordentliche Militärmaßregeln u. s. w. Für die dem Oberpräsidenten überwiesenen
Kirchen= und Schulsachen wurde im Hauptort der Provinz ein Konsistorium und für die
ihm gleichfalls übertragenen Angelegenheiten der Medizinalpolizei ebenso ein Medizinal-
kollegium, beide Behörden unter dem Vorsitze des Oberpräsidenten gebildet.
Für die Oberpräsidenten wurde am 23. Okt. 1817 eine Instruktion erlassen, die jedoch
durch eine neue Instruktion vom 31/12. 1825 ersetzt wurde. Diese Instruktion änderte die
Vorschriften hinsichtlich der Stellung und des Wirkungskreises der Oberpräsidenten mehrfach
ab, indem einerseits die Betheiligung der Oberpräsidenten an den Einzelnheiten der Ver-
waltung der Regierungen und ihr Einfluß auf fiskalische, Steuerangelegenheiten u. s. w. be-
schränkt wurde und andererseits ihre Befugnisse für außerordentliche Fälle und Zustände in
der Provinz und ihre Stellung als einer den Regierungen vorgesetzten Zwischeninstanz näher
bestimmt wurde. Außerdem wurde ihnen noch eine Anzahl von Angelegenheiten besonders
übertragen.
Bezüglich der Regierungen bestimmte § 9 der Verordnung vom 30/4. 1815, daß
sie aus zwei unter Einem Präsidenten vereinigten Hauptabtheilungen bestehen sollen, welche
nur bei Gegenständen, die eine gemeinschaftliche Berathung erfordern, zusammenzutreten und
Eine Behörde zu bilden haben. Eine genauere Regelung der Geschäftsführung der Regierun-
gen erfolgte durch die Instruktion vom 23/10. 1817, die jedoch durch die Instruktion vom
31/12. 1825 und eine Kabinetsordre vom gleichen Datum, betr. eine Abänderung in der bis-
herigen Organisation der Provinzialbehörden abgeändert, bezw. ersetzt worden ist. In dieser