8 85. Die Verfassung der Kreisverbände. 363
gegenüber der Kr. O. v. 13/12. 1872, namentlich in Bezug auf die Zusammensetzung des
Kreistages, und die Ausübung der Ortspolizei manche abweichende Bestimmungen haben, in
den Grundlagen und in allen wichtigen Bestimmungen aber mit der Kr.O. v. 12/12. 1872
übereinstimmen. Diese Kr. O.O. sind: a) die Kr. O. für Hannover v. 6/5. 1884; b) die Kr.O.
für Hessen-Nassau v. 7/6. 1885; c) die Kr. O. für Westfalen v. 31/7.1886sch die Kr. O. für
die Rheinprovinz v. 30/5. 1887; e) die Kr. O. für Schleswig-Holstein v. 26/5. 1888.
Sonach sind jetzt in allen preußischen Provinzen neue Kreisordnungen erlassen. Für
die Hohenzollern'schen Lande ist eine Amts= und Landes-O. v. 2/4. 1873 erlassen,
welche, was die Kommunalverhältnisse der Oberamtsbezirke anlangt, der Kr. O. v. 13/12.1872
nachgebildet ist. Nur in Posen bestehen in der Hauptsache noch die früheren weiter unten zu
besprechenden Einrichtungen fort.
Im Uebrigen ist was die Geltung der Kr. O. v. 13/12. 1872 und der schleswig-holst.
Kr.O. v. 26/5. 1888 anlangt noch Folgendes zu bemerken:
1. Nach § 181 a. Kr. O. kommen für den Umfang der in der Provinz Sachsen belegenen
Grafsschaften Wernigerode, Stolberg-Stolberg mit dem vormaligen Amte Heringen u. Stol-
berg-Roßla mit dem vormaligen Amte Kelbra die Bestimmungen der Kreisordnung nach Maß-
gabe d. G. v. 18/6. 1876 betr. die Einführung der Kreisordnung in den Grafschaften Werni-
gerode und Stolberg (G. S. S. 245 ff.) zur Anwendung. Diese Modifikationen sind folgende:
a) die Ernennung von Amtsvorstehern und deren Stellvertretern (§§ 56, 57 Kr.O.), sowie die
Bestellung kommissarischer Amtsvorsteher (§ 58) erfolgt in den genannten Grafschaften nach
Anhörung der Besitzer derselben, des Grafen zu Stolberg-Wernigerode, bezw. des Grafen zu
Stolberg-Stolberg und des Grafen zu Stolberg-Roßla unbeschadet des dem Kreistage nach
§8 56, 57 zustehenden Vorschlagsrechts. b) Der Landrath des Kreises Wernigerode wird nach
Anhörung des Grafen zu Stolberg-Wernigerode ernannt. Das der Kreisversammlung gemäß
§ 74 zustehende Vorschlagsrecht wird hierdurch nicht berührt; c) die Grafen zu Stolberg-
Wernigerode und Stolberg-Roßla sind befugt, das im Kreise Wernigerode, bezw. Sanger-
hausen ihnen zustehende Recht der Theilnahme an den von den Wahlverbänden der größeren
Grundbesitzer zu vollziehenden Wahlen von Kreistagsabgeordneten durch Stellvertreter in
gleicher Weise wie die Mitglieder der regierenden Häuser (§ 97 Z. 5 Kr. O.) auszuüben.
2. In § 8 Abs. 2 G. über die Vereinigung des Herzogthums Lauenburg mit der
preußischen Monarchie v. 23/6. 1876 (G.S. S. 169) war bestimmt worden, daß der lauen-
burgische Landeskommunalverband in seiner damaligen Begrenzung und unter Beibehaltung
seiner damaligen Benennung einen besonderen kreisständischen Verband mit den Rechten einer
Korporation bilden und als solcher bis zur anderweitigen gesetzlichen Regelung, längstens
jedoch bis zum 1. März 1878 von der Ritter= und Landschaft des Herzogthums Lauenburg
in ihrer damaligen Zusammensetzung vertreten werden sollte. Nachdem der Termin v. 1/3.
1878 durch zwei spätere Gesetze bis zum 1/10. 1882 hinausgeschoben war, legte die Regier=
ung im April 1882 dem Landtage den Entwurf eines Gesetzes, betr. die Vertretung des lauen-
burgischen Landeskommunalverbandes vor, der wegen Schlusses der Session jedoch nicht mehr
erledigt wurde. In Folge dessen erließ die Regierung auf Grund des Art. 63 V. U. die V.
24/8. 1882, betr. die Vertretung des lauenburgischen Landeskommunalverbandes (G.S. S.
343) 1), welche vorschrieb, daß a) der lauenburgische Landeskommunalverband vom 1/10. 1882
ab an Stelle der mit diesem Zeitpunkte außer Wirksamkeit tretenden Ritter= und Landschaft
des Herzogthums Lauenburg durch eine Kreisversammlung vertreten wird, welche nach den
Bestimmungen der §§ 84 — 114 a. Kr.O. zu bilden ist, b) in Betreff der Ernennung des Land-
rathes, der Geschäfte und Versammlungen des Kreistages, des Kreishaushaltes, des Kreisaus-
schusses, der Kreiskommissionen und der Oberaufsicht des Staates über die Kreisverwaltung
1) Die in Art. 63 Abs. 2 V. U. vorgeschriebene Genehmigung der beiden Kammern ist ertheilt
worden (Bekanntmachung v. 19/3. 1883, G. S. S. 35 f.).