8 85. Die Verfassung der Kreisverbände. 367
Die den Mitgliedern regierender Häuser vorstehend unter Nr. 5 eingeräumte Befugniß
steht noch zu: 1. nach Maßgabe des bereits erwähnten G. v. 18/6. 1876 den Grafen zu
Stolberg-Wernigerode, Stolberg-Stolberg und Stolberg-Roßla, in den Kreisen Wernigerode
und Sangerhausen, 2. nach § 53 hannov. Kr.O. dem Herzoge von Arenberg in den Kreisen
Meppen, Aschendorf und Hümmling, dem Herzoge von Looz-Corswaren im Kreise Lingen,
dem Fürsten von Bentheim im Kreise Bentheim, dem Grafen Stolberg-Wernigerode und dem
Grafen von Stolberg-Stolberg im Kreise Ilfeld; 3. nach § 54 der hess.-nass. Kr. O. den Mit-
gliedern des nassauischen und hessischen Fürstenhauses, sowie den fürstlichen und gräflichen
ehemals reichsunmittelbaren Familien; 4. nach § 99 der westf. und § 99 der rhein. Kr.O.
den Mitgliedern der ehemals reichsunmittelbaren Familien.
2. Im Wahlverbande der Landgemeinden sind zu unterscheiden: a) Die Ver-
tretung der Landgemeinden; dieselbe wird auf indirekte Weise gewählt und zwar werden die
Wahlmänner von der Gemeindeversammlung und in denjenigen Landgemeinden, in welchen
eine gewählte Gemeindevertretung besteht, von der letzteren und dem Gemeindevorstande aus
der Zahl der stimmberechtigten Gemeindemitglieder gewählt. Ein Stimmrecht bei der Urwahl
haben sonach alle diejenigen, welche in der Gemeinde stimmberechtigt sind mit Ausschluß der-
jenigen, welche zum Wahlverbande der größeren Grundbesitzer gehören. b) Die nicht zum Wahl-
verbande der größeren Grundbesitzer gehörigen Besitzer selbstständiger Gutsbezirke und die oben
erwähnten, zum Wahlverbande der Landgemeinden gehörigen Gewerbetreibenden und Berg-
werksbesitzer. Das Stimmrecht in dieser Abtheilung ist von denselben Voraussetzungen ab-
hängig, welche für das Stimmrecht im Wahlverbande der größeren Grundbesitzer gelten.
In Westfalen erfolgt die Wahl der Kreistagsabgeordneten der Amtsverbände in den-
jenigen Amtsbezirken, welche für sich einen oder mehrere Abgeordnete zu wählen haben, durch
die Amtsversammlung. In denjenigen Amtsbezirken, welche mit anderen Amtsbezirken des
Kreises zu einem Wahlverbande vereinigt sind, hat die Amtsversammlung auf je 250 Ein-
wohner einen Wahlmann zu wählen. Die Wahlmänner des Wahlbezirks treten unter der Leitung
des Landrathes behufs der Wahl der Kreistagsabgeordneten zusammen (westf. Kr. O. § 40).
Eine entsprechende Bestimmung bezüglich der Abgeordneten der Lundbürgermeistereien in der
Rheinprovinz enthält der § 46 der rhein. Kr.O.
3. Im Wahlverband der Städte. Für das Wahlrecht zum Kreistage ist das Wahl-
recht für die Gemeindevertretung maßgebend.
Anlangend die Wählbarkeit, so ist 1. im Wahlverbande der Städte jeder Einwohner
der im Kreise belegenen Städte, welcher sich im Besitze des Bürgerrechts befindet, wählbar;
2. in den Wahlverbänden der größeren Grundbesitzer, sowie der Landgemeinden ist ein
jeder seit einem Jahre im Kreise angesessene ländliche Grundbesitzer, sowie ein jeder, welcher
in einer Versammlung dieser Verbände ein Wahlrecht — auch als Stellvertreter — ausübt
und seit einem Jahre im Kreise einen Wohnsitz hat, zum Mitgliede des Kreistags, bezw. zum
Wahlmanne wählbar, sofern bei diesen Personen die Voraussetzungen der Reichsangehörigkeit,
der Selbstständigkeit und der Unbescholtenheit zutreffen.
Was das Wahlverfahren betrifft, so werden die für die einzelnen Wahlverbände —
mit Ausnahme der Stadtgemeinden — erforderlichen Wahlverzeichnisse vom Kreisausschusse
aufgestellt und öffentlich bekannt gemacht. Anträge auf Berichtigung dieser Verzeichnisse sind
binnen vier Wochen zulässig; über dieselben beschließt der Kreisausschuß, dessen Beschlüsse
innerhalb zweier Wochen durch Klage beim Bezirksausschuß angefochten werden können.
Die Vertheilung der Kreistagsabgeordneten auf die einzelnen Wahlverbände, die Bild-
ung von Wahlbezirken für die Landgemeinden und die zum Verbande derselben gehörigen
selbstständigen Gutsbezirke, Gewerbetreibende und Bergwerksbesitzer, bezw. die Amtsverbände
in Westfalen und die Landbürgermeistereien in der Rheinprovinz, sowie die Vertheilung der
Abgeordneten auf die einzelnen Städte, bezw. die Bildung von Städtewahlbezirken wird auf