Full text: Handbuch des Öffentlichen Rechts. Band II.3. Das Staatsrecht des Königreichs Preußen. (23)

370 Fünftes Buch: Die Gemeinden und die Kommunalverbände. II. Kapitel. § 86. 
korporation in allen Kommunalangelegenheiten zu vertreten. Der Kreistag wird vom Land- 
rath berufen, der auch den Vorsitz führt, jedoch als solcher kein Stimmrecht hat; er ist beschluß- 
fähig ohne Rücksicht auf die Zahl der Erschienenen. Die Beschlüsse des Kreistages bedürfen 
der Bestätigung der Regierung, neben welcher der Oberpräsident und der Minister des Innern 
die Staatsaufsicht führen. 
Bezüglich des Kreishaushaltes war eine V. v. 25/7. 1841 (G. S. S. 48) ergangen, 
welche namentlich den Kreistagen das Recht beilegte, Kreisabgaben zu beschließen. 
Das G. v. 19/5. 1889 hat nun durch die Bestimmungen des Art. VB 2—5 die Kreis- 
verfassung hauptsächlich in folgenden Punkten geändert (vgl. auch Art. V B 1 u. 6). 1. In 
Beziehung auf die Vertheilung der Kreisabgaben treten die §§ 10— 18 einschließlich der Kr.O. 
v. 13/12. 1872 unter entsprechender Abänderung der in § 12 festgesetzten Termine in Kraft. 
2. Bezüglich der Beschwerden und Einsprüche, betreffend die Heranziehung oder die Veranlagung 
zu den Kreisabgaben sind in Art. VB 4 dem § 19 Kr. O. v. 13/12. 1872 analoge Vorschriften 
gegeben. 3. Ebenso ist die Bestätigung der Beschlüsse des Kreistages und die Zulässigkeit der 
Zwangsetatisirung nach dem Vorbilde der §§ 176 u. 180 Kr.O. v. 13/12. 1872 geregelt. 
4. Durch Beschluß des Kreistages kann dem Kreisausschusse die Verwaltung der Kommunal= 
angelegenheiten des Kreises übertragen werden. Hinsichtlich dieser Verwaltung gelten die Be- 
stimmungen der §§ 123 u. 134 Nr. 1—4 Kr.O. v. 13/12. 1872. 
§ 86. Die Verwaltung der Kreisverbände. I. Die Verwaltungsorgane des 
Kreises (a. Kr. O. 88 74—78, §§ 130—170; hann. Kr. O. 8§ 22—26, §8 87—102; 
hesfs.-nass. Kr. O. §§ 24—26, §§ 88— 103; westf. Kr. O. §§ 30—32, §§ 75—90); rhein. 
Kr. O. 9§ 30—32, §§ 75—90; schlesw.-holst. Kr. O. § 65—66, §§ 118— 138). Abgesehen 
vom Kreistage, welcher ebenfalls als Verwaltungsorgan zu betrachten ist, sind die Verwalt- 
ungsorgane des Kreises: a) der Landrath, b) der Kreisausschuß, c) die Kreiskommissionen, 
ch die Kreisbeamten. 
a) der Landrath ist staatlicher Beamter und hat vor allem die Geschäfte der allgemeinen 
Landesverwaltung im Kreise zu führen; er leitet aber auch als Vorsitzender des Kreistages und 
des Kreisausschusses die Kommunalverwaltung des Kreises. In dieser letzteren Eigenschaft führt 
er die laufenden Geschäfte der dem Kreisausschusse übertragenen Verwaltung; er bereitet die 
Beschlüsse des Ausschusses vor und trägt für die Ausführung derselben Sorge; er vertritt den 
Ausschuß nach außen, verhandelt namens desselben mit Behörden und Privatpersonen, führt 
den Schriftenwechsel und zeichnet alle Schriftstücke namens des Ausschusses. Urkunden über 
Rechtsgeschäfte, welche den Kreis gegen Dritte verbinden sollen, ingleichen Vollmachten 
müssen unter Anführung des betreffenden Beschlusses des Kreistages, bezw. Kreisausschusses 
vom Landrathe und zwei Mitgliedern des Kreisausschusses, bezw. der mit der Angelegenheit 
betrauten Kommission unterschrieben und mit dem Siegel des Landrathes versehen sein. 
b) Der Kreisausschuß besteht aus dem Landrathe und sechs Mitgliedern, welche vom 
Kreistage aus der Zahl der Kreisangehörigen auf sechs Jahre nach absoluter Stimmenmehrheit 
gewählt werden. Alle zwei Jahre findet Drittelserneuerung statt. Geistliche, Kirchendiener 
und Elementarlehrer können nicht Mitglieder des Kreisausschusses sein, richterliche Beamte, 
zu denen jedoch die technischen Mitglieder der Handels-, Gewerbe= und ähnlicher Gerichte nicht 
zu zählen sind, nur mit Genehmigung des vorgesetzten Ministers. Mitglied des Kreisaus- 
schusses, jedoch nur mit berathender Stimme, ist der Syndikus, wenn ein solcher vom Kreistag 
bestellt ist, was im Belieben des Kreistages steht. 
In den Stadtkreisen besteht zum Zwecke der Wahrnehmung der dem Kreisausschusse 
durch die Gesetze übertragenen Geschäfte der allgemeinen Landesverwaltung ein Stadtaus- 
schuß, welcher sich nach §§ 37 u. 38 L.V.G. zusammensetzt aus a) dem Bürgermeister bzw. 
dessen gesetzlichem Stellvertreter als Vorsitzenden; b) vier Mitgliedern, welche vom Magistrat, 
bzw. dem kollegialischen Gemeindevorstand aus seiner Mitte auf die Dauer des Hauptamtes
	        
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