§ 86. Die Verwaltung der Kreisverbände. 373
in derselben Weise, wie die Kreistagsbeschlüsse veröffentlicht wird. Eine Abschrift des festge-
stellten Etates wird sofort dem Regierungspräsidenten überreicht. Die Jahresrechnung wird
vom Rendanten der Kreiskommunalkasse innerhalb der ersten vier Monate nach Schluß des
Rechnungsjahres gelegt und dem Kreisausschusse eingereicht, der die Revision vornimmt, wäh-
rend die Prüfung, Feststellung und Entlastung durch den Kreistag erfolgt. (68 127 ff. a. Kr. O.
und die entsprechenden Paragraphen der übrigen Kreisordnungen).
Was die Kreisabgaben anlangt, so darf nach § 10 Kr.O. die Vertheilung der Kreis-
abgaben nach keinem anderen Maßstabe erfolgen, als nach dem Verhältnisse der von den Kreis-
angehörigen zu entrichtenden direkten Staatssteuern und zwar nur durch Zuschläge zu denselben,
bezw. zu den nach §§ 14 u. 15 zu ermittelnden fingirten Steuersätzen der Forensen, juristi-
schen Personen u. s. w. Die Grund-, Gebäude= und die von dem Gewerbetriebe auf dem
platten Lande aufkommende Gewerbesteuer der Klasse I u. II (vogl. Gewerbesteuer-G.
24/6. 1891 § 90), ist dabei mindestens mit der Hälfte und höchstens mit dem vollen Betrage
desjenigen Prozentsatzes heranzuziehen, mit welchem die (Klassen= und klassifizirte) Einkommen-
steuer belastet wird. Im Uebrigen kann die Gewerbesteuer von der Heranziehung ganz frei
gelassen, darf aber keinesfalls dazu mit einem höheren Prozentsatze, als die Grund= und Ge-
bäudesteuer herangezogen werden!).
Unter Anwendung des nach diesen Grundsätzen vom Kreistage beschlossenen Vertheilungs-
maßstabes wird nach § 11 Abs. 1 das Kreisabgabensoll für die einzelnen Gemeinden und selbst-
ständigen Gutsbezirke im Ganzen berechnet und denselben zur Untervertheilung auf die ein-
zelnen Steuerpflichtigen zur Abführung an die Kreiskommunalkasse überwiesen. Nach Abs. 2
§ 11 der a. Kr. O. der hann. und der hess.-nass. Kr. O. ist dabei den Städten die Beschlußnahme
darüber, wie ihre Antheile an den Kreisabgaben aufgebracht werden sollen, vorbehalten. In
den anderen Kreisordnungen ist dieser Vorbehalt zu Gunsten aller Gemeinden gemacht.
Während § 12 die Zeit der erstmaligen Feststellung des Maßstabes, nach welchem die
Kreisabgaben zu vertheilen sind, und Zulässigkeit einer zeitweiligen Revision dieses Maßstabes
durch den Kreistag regelt, bestimmt § 13, daß, sofern es sich um Kreiseinrichtungen handelt,
welche in besonders hervorragendem oder in besonders geringem Maße einzelnen Kreistheilen
zu Gute kommen, der Kreistag beschließen kann, für die Kreisangehörigen dieser Kreistheile
eine nach Quoten der Kreisabgaben zu bemessende Mehr= oder Minderbelastung eintreten zu
lassen und daß die Mehrbelastung nach Maßgabe der Beschlüsse des Kreistages durch Natural-
leistungen ersetzt werden kann. "
Auf Beschwerden und Einsprüche betreffend: 1. das Recht zur Mitbenutzung der öffent-
lichen Einrichtungen und Anstalten des Kreises; 2. die Heranziehung oder die Veranlagung zu
den Kreisabgaben beschließt der Kreisausschuß, gegen dessen Beschluß innerhalb zwei Wochen
1) Abs. 3 § 10 Kr.O. hatte es für zulässig erklärt, daß die erste Stufe der Klassensteuer von
der Heranziehung zu den Kreisabgaben ganz freigelassen oder dazu mit einem geringeren Prozentsatze
als die übrigen Stufen der Klassensteuer und die klaffifizirte Einkommensteuer herangezogen werden
konnte. An Stelle dieser Bestimmung ist jetzt die Vorschrift des § 74 des Einkommensteuergesetzes v.
24/6. 1891 getreten, wornach zu Beiträgen und Lasten, die kommunale Verbände nach dem Maßstabe
der Einkommensteuer aufzubringen, bezw. zu vertheilen haben, Personen mit Einkommen von nicht
mehr als 900 M. auf Grund fingirter Normalsteuersätze veranlagt werden, nämlich:
bei einem Jahreseinkommen Jahressteuer
von mehr als bis einschließlich 2/5 Proz. des ermittelten steuerpflichtigen Ein-
— M. 420 M. kommens bis zum Höchstbetrage von 1,20 M.
420 M. 660 M. 2,40 M.
660 M. 900 M. 4.— M.
Solche Personen können, wenn die Deckung des Bedarfs des betreffenden Verbandes ohne deren
Heranziehung gesichert ist, von der Beitragspflicht entbunden oder mit einem geringeren Prozentsatze als
das höhere Einkommen herangezogen werden; ihre Freilassung muß erfolgen, sofern sie im Wege der
öffentlichen Armenpflege fortlaufende Unterstützung erhalten.