g 86a. Die Amtsbezirke. 375
westf. K. O. 889 1 95;rhein. Kr. O. I9 1—–95; schlesw.-holst. Kr. O. S 139—144). Die staat-
liche Aufsicht über die Kommunalverwaltung der Landkreise wird ausgeübt vom Regierungs-
präsidenten und in zweiter und letzter Instanz vom Oberpräsidenten, vorbehaltlich der in gewissen
Fällengesetzlich vorgeschriebenen Mitwirkung des Bezirksausschusses und Provinzialrathes. Die
Aufsichtsbehörden haben darüber zu wachen, daß die Verwaltung den Gesetzen gemäß geführt
und in geordnetem Gange erhalten werde. Zu diesem Behufe sind die Aufsichtsbehörden insbe-
sondere befugt: a) über alle Gegenstände der Verwaltung Auskunft zu erfordern, die Einsendung
der Akten, insbesondere auch des Haushaltsetats und der Jahresrechnungen zu verlangen, sowie
Geschäfts= und Kassenrevisionen an Ort und Stelle zu veranlassen; b) den Landrath anzuweisen,
Beschlüsse des Kreistages, der Kreiskommissionen, sowie Beschlüsse des Kreisausschusses in
Kommunalangelegenheiten, welche deren Befugnisse überschreiten, oder die Gesetze verletzen,
mit aufschiebender Wirkung zu beanstanden; c) sog. Zwangsetatisirungen zu verfügen.
Gewisse Beschlüsse des Kreistages bedürfen ferner der Genehmigung und zwar theils
der landesherrlichen (Kreisstatuten), theils der ministeriellen Genehmigung, oder auch der Be-
stätigung des Bezirksausschusses. Der ministeriellen Bestätigung bedürfen z. B. Beschlüsse,
durch welche eine Mehr= oder Minderbelastung einzelner Kreistheile verfügt wird. Als äußerste
Maßregel des Oberaufsichtsrechtes stellt sich die Auflösung des Kreistages dar, welche auf
Antrag des Staatsministeriums durch königliche Verordnung erfolgen muß. Die Neuwahlen
haben binnen sechs Monaten vom Tage der Auflösung an stattzufinden. Die vom aufgelösten
Kreistage gewählten Mitglieder des Kreisausschusses und der Kreiskommissionen bleiben so
lange in Wirksamkeit, bis der neu gewählte Kreistag die erforderlichen Neuwahlen vollzogen hat.
§ 86 a. Die Amtsbezirke 1). I. Nach §§ 21 und 47 a. Kr. O. und bezw. 88 21 und 33
schlesw.-holst. Kr. O. zerfallen die Landkreise in Amtsbezirke, bezw., wenn sich im Kreise Städte
befinden, in Stadtbezirke und Amtsbezirke. Die Stadtbezirke fallen mit den betreffenden Stadt-
gemeinden nach Umfang und Begrenzung zusammen, und ihre Verfassung und Verwaltung be-
mißt sich nach den Vorschriften der einschlägigen Städteordnung. Die Amtsbezirke können aus
einer oder mehreren Landgemeinden, bezw. Gutsbezirken oder auch aus Landgemeinden und
Gutsbezirken bestehen. Die Eintheilung der Kreise in Amtsbezirke ist erfolgt „behufs Ver-
waltung der Polizei und Wahrnehmung anderer öffentlicher Angelegenheiten“. Die Bedeutung
der Amtsbezirke liegt darin, daß durch diese Einrichtung unter Aufhebung der gutsherrlichen
Polizeigewalt (§ 46 a. Kr. O. und § 32 schlesw.-holst. Kr. O.) eine Reform der ländlichen
Polizeiverwaltung erfolgte. Die Amtsbezirke sind daher in erster Linie polizeiliche Verwaltungs-
bezirke mit dem zur Verwaltung der Ortspolizei zuständigen Amtsvorsteher an der Spitze; sie
sind aber auch Kommunalverbände, wenn auch mit beschränktem Wirkungskreise. Auf Grund
gesetzlicher Vorschrift (8 55 a. Kr. O. und § 44 schlesw.-holst. Kr. O.) stehen nämlich dem Amts-
verbande für die nach den Bestimmungen der Kreisordnung den Gemeinden und Gutsbezirken
gemeinsamen Angelegenheiten (der örtlichen Polizeiverwaltung) die Rechte einer Korporation
zu, welche nach außen durch den Amtsvorsteher vertreten wird. Außerdem sind gemäß § 53
a. Kr. O. und 8 41 schlesw.-holst. Kr. O. die zu einem Amtsbezirke gehörigen Gemeinden und
Amtsbezirke befugt, durch übereinstimmenden (einstimmigen) Beschluß einzelne Kommunalan=
gelegenheiten, z. B. Armenpflege-Angelegenheiten, Schulsachen, Feuerlöschwesen, dem Amts-
bezirke zu überweisen, der dann auch in Bezug auf solche Angelegenheiten (z. B. Wegesachen,
Angelegenheiten der Armenpflege) als Kommunalverband (Gesammtgemeinde)h gilt.
Bezüglich der Bildung der Amtsbezirke hat die a. Kr. O. in § 48 bezw. die schlesw.-holst.
Kr.O. § 38 gewisse Grundsätze aufgestellt (vgl. Instr. v. 18/6. 1873 M. Bl. S. 150 ff.). Der
1) Stengel, die Organisation der #preuß. Verwaltung, S. 205—224. — Strutz, die Kom-
munalverbände in Preußen, S. 170—172. — Brauchitsch, die neuen preuß. Verwalt.-Gesetze, II
(11. Aufl.), S. 77 ff. — Haase, Erg.-Bd. f. Schleswig-Holstein, S. 139 ff. — Parey, Rechts-
grundsätze, II. Aufl., S. 93—104.