Full text: Handbuch des Öffentlichen Rechts. Band II.3. Das Staatsrecht des Königreichs Preußen. (23)

380 Fünftes Buch: Die Gemeinden und die Provinzialverbände. III. Kapitel. § 87. 
In gleicher Weise wurde auch aus der Provinz Schleswig-Holstein durch die 
königliche V. v. 22/9. 1867 ein provinzialständischer Verband gebildet, welcher, abgesehen von 
der etwas veränderten Zusammensetzung des Provinziallandtages dieselbe Verfassung erhielt. 
wie Hannover. 
Dagegen wurde die Provinz Hessen = Nassau zunächst nicht zu einem provinzial- 
ständischen Verbande gemacht; es wurden vielmehr aus den beiden Regierungsbezirken zwei 
kommunalständische Verbände gebildet: a) der kommunalständische Verband Wiesbaden, jedoch 
mit Ausschluß des Stadtkreises Frankfurt a. M.; b) der kommunalständische Verband Kassel, 
Die nach dem ständischen Prinzipe zusammengesetzten Kommunallandtagee rhielten einestheils 
die den älteren Provinziallandtagen, andererseits auch die den Landtagen von Hannover und 
Schleswig-Holstein eingeräumten Rechte eingeräumt, nämlich im Interesse des Verbandes Aus- 
gaben und Leistungen zu übernehmen und die Art und Weise der Aufbringung derselben zu be- 
schließen. Namentlich wurde auch im Verbande des Regierungsbezirkes Kassel ein ständischer 
Verwaltungsausschuß eingesetzt und ein Landesdirektor bestellt. 
Nachdem es gelungen war, durch die Kr. O. v. 16/12. 1872 wenigstens für einen Theil 
der Monarchie neue Grundlagen für die Verfassung und Verwaltung der Kreise zu schaffen, 
wurde durch die Pr.O. v. 29/6. 1875 auch die Verfassung und Verwaltung der Provinzen 
Preußen (welche Provinz später durch das G. v. 19/3. 1877 in die Provinzen Ostpreußen 
und Westpreußen zerlegt wurde), Pommern, Brandenburg, Schlesien und Sachsen reformirt. 
Die Reformen, welche in der Provinzialverfassung vorgenommen wurden, beziehen sich 
zunächst auf die Erweiterung des Wirkungskreises der Provinzialverbände, in welcher Hinsicht 
namentlich auf die Dotationsgesetze zu verweisen ist (ogl. S 74 a) und die Einräumung größerer 
Rechte an die Provinziallandtage, wie z. B. des Rechtes Provinzialabgaben aufzuerlegen und 
zu Lasten des Provinzialverbandes Anlehen aufzunehmen. Sodann wurde, nachdem das stän- 
dische Prinzip bei der Bildung der Kreistage verlassen war, auch die Zusammensetzung der 
Provinziallandtage in der Weise geändert, daß dieselben lediglich aus Abgeordneten der sämmt- 
lichen zur Provinz gehörigen Land= und Stadtkreise bestehen. Endlich ist hervorzuheben, daß 
die Provinzialverbände, deren Angelegenheiten früher durch die Oberpräsidenten besorgt wurden, 
nach der neuen Gesetzgebung ihre eigenen Verwaltungsorgane erhielten. 
Die Pr.O. v. 29/6. 1875, zu welcher am 23/3. 1881 eine Novelle erging, wurde mit 
verschiedenen, den Verhältnissen der einzelnen Provinzen angepaßten Aenderungen eingeführt 
a) in Hannover durch G. v. 7/5. 1884 (G. S. 257 ff.); b) in Hessen-Nassau durch G. v. 8/6. 
1885 (G. S. 242 ff.); c) in Westfalen durch G. v. 1/8. 1886 (G. S. 254 ff.); c) in der Rhein- 
provinz durch G. v. 1/6. 1887 (G. S. 249 ff.); e) in Schleswig-Holstein durch G. v. 27/5. 
1888 (G.S. 191 ff.). Nur in der Provinz Posen bestehen wenigstens in der Hauptsache noch 
die früheren Provinzialeinrichtungen. 
II. Die Grundlagen der Provinzialverfassung. (a. Pr. O. § 1—8, hann. 
Pr.O. 8§ 1—8, hesfs.-nass. Pr. O. §§ 1—6, westf. Pr. O. 88 1—8, rhein. Pr. O. §§ 1—8, 
schlesw.-holst. Pr.-O. §§ 1—8.) Die Provinzen bilden mit den Rechten einer Korporation 
ausgestattete Kommunalverbände zur Selbstverwaltung ihrer Angelegenheiten. Während 
früher die Grenzen der Provinzen als Verwaltungsbezirke mit den Grenzen der Provinzial- 
verbände nicht allenthalben zusammenfielen, und daneben auch innerhalb der einzelnen Pro- 
vinzialverbände besondere kommunalständische Verbände für einzelne Angelegenheiten bestanden, 
decken sich jetzt grundsätzlich die Provinzen als Verwaltungsbezirke und als Kommunalverbände, 
diekommunalständischen Verbände sind in den älteren Provinzen der Monarchie bis auf die Kur- 
mark und Niederlausitz (Provinz Brandenburg), Oberlausitz (Provinz Schlesien), Altmark 
(Provinz Sachsen)beseitigt und deren Angelegenheiten auf die Provinzialverbände übergegangen.). 
1) Vgl. § 128 a. Pr.O. (Brauchitsch, II, S. 221).— Anders liegt die Sache zur Zeit noch 
in Hannover. Hier bestanden aus alter Zeit sieben Provinziallandschaften, welche durch das Landes- 
 
	        
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