Full text: Handbuch des Öffentlichen Rechts. Band II.3. Das Staatsrecht des Königreichs Preußen. (23)

§ 88. Die Verwaltung der Provinzialverbände. 387 
sondern der Kreis als steuerpflichtig erscheint und in den einzelnen Stadtkreisen und Landkreisen 
die Aufbringung der auf sie treffenden Antheile an den Provinzialabgaben gleich den übrigen 
Kreis= und bezw. Gemeindebedürfnissen nach den Vorschriften der einschlägigen Kreisordnung 
bezw. Städteordnung bethätigt wird. 
Die Vertheilung der Provinzialabgaben (Bezirksabgaben) auf die einzelnen Kreise ob- 
liegt dem Provinzialausschusse (Landesausschusse). 
Ueber Reklamationen der Kreise gegen die Vertheilung der Provinzialabgaben (Bezirks- 
abgaben) beschließt der Provinzialausschuß (Landesausschuß), gegen dessen Beschluß innerhalb 
zwei Wochen Klage beim Oberverwaltungsgerichte zulässig ist. 
Wie die beiden Kommunallandtage Kassel und Wiesbaden Bezirksabgaben erheben können, 
so kann auch der hessen-nassauische Provinziallandtag die Ausschreibung von Provinzialabgaben 
beschließen, welche auf die Bezirksverbände lediglich nach Maßgabe der in ihnen aufkommenden 
direkten Staatssteuern ausschließlich der Gewerbesteuer vom Hausirgewerbe durch den Pro- 
vinzialausschuß vertheilt werden. Die Aufbringung der auf die Bezirksverbände entfallenden 
Antheile an den Provinzialabgaben erfolgt gleich den übrigen kommunalen Bedürfnissen dieser 
Verbände. 
Wie bereits in § 86, auf welchen hier zu verweisen ist, dargelegt wurde, hat § 91 des am 
1/4. 1895 in Kraft tretenden Kommunalabgabengesetzes vom 14/7.1893 die bestehenden Vor- 
schriften über die Aufbringung der Provinzialsteuern, wie der Kreissteuern mit verschiedenen Maß- 
gaben aufrecht erhalten. Ebenso sind in §92 d. G. v. 14/7. 1893 die Vorschriften der §§ 51, 71 
bis74 desselben miteiner Abänderung beider Provinzialbesteuerung für anwendbar erklärt worden. 
III. Die Aufsicht über die Verwaltung der Angelegenheiten der Pro- 
vinzialverbände. (Bezirksverbände.) (a. Pr.O., hann. Pr.O., westf. Pr.O., rhein. Pr.O. 
schlesw.-holst. Pr. O. 88 114—122, hess.-nass. Pr. O. §§ 87—95). Die Aussicht über die Ver- 
waltung der Angelegenheiten der Provinzialverbände bezw. Bezirksverbände wird vom Oberprä- 
sidenten und in höherer Instanz vom Minister ausgeübt. Die Aufsichtsbehörden haben mit den 
ihnen gesetzlich zugewiesenen Mitteln darüber zu wachen, daß die Verwaltung den Bestimmungen 
der Gesetze gemäß geführt und in geordnetem Gange erhalten werde. Zu diesem Behufe können 
sie über alle Gegenstände der Verwaltung Auskunft erfordern, die Einsicht der Akten verlangen 
und Geschäfts= und Kassenrevisionen vornehmen. 
Beschlüsse des Provinziallandtags (Kommunallandtags), Provinzialausschusses (Landes- 
ausschusses) oder einer Provinzialkommission (Bezirkskommission), welche deren Befugnisse 
überschreiten oder die Gesetze verletzen, kann der Oberpräsident gegebenenfalls auf Weisung 
des Ministers beanstanden, dagegen ist Klage beim Oberverwaltungsgerichte zulässig. 
Beschlüsse des Provinziallandtages (Kommunallandtages), welche betreffen: 1. den Er- 
laß von Statuten oder Reglements; 2. Mehr= oder Minderbelastung einzelner Theile der Pro- 
vinz bezw. des Bezirks; 3. Aufnahme von Anleihen; 4. eine Belastung des Provinzialver- 
bandes bezw. Bezirksverbandes über 25% des Gesammtaufkommens an direkten Staats- 
steuern; 5. eine Neubelastung des Provinzialverbandes bezw. Bezirksverbandes ohne gesetz- 
liche Verpflichtung — bedürfen, wie bereits hervorgehoben, entweder überhaupt oder unter 
gewissen Voraussetzungen der landesherrlichen bezw. ministeriellen Bestätigung. 
Die Zwangsetatisirung gegenüber dem Prvoinzialverbande bezw. Bezirksverband übt 
der Oberpräsident durch eine mit Gründen versehene Verfügung aus, gegen welche der Pro- 
vinzialverband bezw. Bezirksverband binnen zwei Wochen beim Oberverwaltungsgerichte 
Klage enheben kann. 
Endlich können auf Antrag des Staatsministeriums durch königl. Verordnung die 
Provinziallandtage und Kommunallandtage aufgelöst werden. Die Neuwahlen müssen binnen 
drei Monaten vom Tage der Auflösung an erfolgen; die Zusammenberufung des Landtags. 
muß binnen sechs Monaten stattfinden. 
  
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