Full text: Handbuch des Öffentlichen Rechts. Band II.3. Das Staatsrecht des Königreichs Preußen. (23)

390 Sechstes Buch: Die Landesverwaltung. I. Kapitel. 8 90. 
Sicherheitspolizeiliche Maßregeln sind auch Haussuchungen und Durchsuchungen 
u. dgl. 1); auf dieselben kommen die Vorschriften der R. Str. Pr. O. §§ 102 ff. zur Anwendung, 
insoweit sie strafprozessualer Natur sind, was in der Regel der Fall sein wird. Im Uebrigen 
finden auch auf diese Fälle die Vorschriften des G. v. 12/2. 1850 Anwendung, das in 87 
bestimmt, daß Niemand in eine Wohnung wider den Willen des Inhabers eindringen darf, 
außer auf Grund einer aus amtlicher Eigenschaft folgenden Befugniß oder eines von einer 
gesetzlich dazu ermächtigten Behörde ertheilten Auftrags. Während der Nachtzeit (d. h. während 
der Stunden von 6 Uhr Abends bis 6 Uhr Morgens für die Zeit vom 1. Oktober bis 31. März 
und von 9 Uhr Abends bis 4 Uhr Morgens für die Zeit vom 1. April bis 30. September) 
ist das Eindringen in die Wohnung verboten (§ 8). Das Verbot des Eindringens in eine 
Wohnung während der Nachtzeit begreift aber nicht Fälle einer Feuers= oder Wassernoth, 
einer Lebensgefahr oder eines aus dem Innern der Wohnung hervorgegangenen Ansuchens 
und bezieht sich nicht auf Orte, in welchen während der Nachtzeit das Publikum ohne Unter- 
schied zugelassen wird, so lange diese Orte dem Publikum zum ferneren Eintritt, oder dem 
eingetretenen Publikum zum ferneren Verweilen geöffnet sind (vgl. auch unten sub II). 
II. Sonstige Beschränkungen der Bewegungsfreiheit (Ausweisungen, 
Aufenthaltsbeschränkungen, Verstrickungen u. s. w.) Während Ausländer kein 
Wohnrecht im Reichsgebiete haben, folglich auch keinen Anspruch auf Niederlassung in einer 
bestimmten Gemeinde, hat nach § 1 d. Freizügigkeits-G. v. 1/11. 1867 (R.G. Bl. S. 55) jeder 
Reichsangehörige das Recht, innerhalb des Reichsgebietes an jedem Orte sich aufzuhalten oder 
sich niederzulassen wo er eine eigene Wohnung oder ein Unterkommen sich zu verschaffen im 
Stande ist. Auch kann er an jedem Orte Grundeigenthum aller Art erwerben. Der Aufent- 
halt oder die Niederlassung darf namentlich auch keinem Bundesangehörigen um des Glaubens- 
bekenntnisses willen oder wegen fehlender Landes= oder Gemeindeangehörigkeit verweigert 
werden. Zur Niederlassung bedarf der Reichsangehörige keiner obrigkeitlichen Erlaubniß und 
darf ihm der Aufenthalt an einem Orte nur untersagt werden, wenn ausdrückliche reichsgesetz- 
liche Vorschriften dies zulassen. Das Niederlassungsrecht darf auch nicht durch lästige Be- 
dingungen, wie die Erhebung von Anzugs-, Abzugs= oder Aufenthaltsgebühren, Forderung 
von Leumunds= oder Vermögenszeugnissen beschränkt werden; nur der Nachweis der Reichs- 
angehörigkeit kann von jedem Anziehenden und der Nachweis der Genehmigung ihres Gewalt 
habers kann bei unselbstständigen Personen verlangt werden. 
Der Grundsatz der Freizügigkeit erleidet gewisse Ausnahmen aus armenpolizei- 
lichen und aus sicherheitspolizeilichen Gründen. Ueber die armenpolizeilichen Be- 
schränkungen der Freizügigkeit vgl. § 95; als sicherheitspolizeiliche Maßregeln sind aber 
hier folgende zu erwähnen: 
1. Die Stellung unter Polizeiaufsichto). Was die Zulässigkeit anlangt, so kann 
nach § 38 R. Str. G.B. in den durch das Gesetz ausdrücklich vorgesehenen Fällen neben einer 
Freiheitsstrafe durch das Strafgericht die Zulässigkeit der Stellung unter Polizeiaufsicht aus- 
gesprochen werden. Auf Grund eines solchen rechtskräftig gewordenen Urtheils ist die Landes- 
polizeibehörde (d. h. die höhere Polizeibehörde im Gegensatze zur Ortspolizeibehörde) befugt 
— nicht verpflichtet — nach Anhörung der Gefängnißverwaltung den Verurtheilten auf die 
Zeit von höchstens fünf Jahren vom Tage der Verbüßung, der Verjährung oder Erlassung 
der Freiheitsstrafe unter Polizeiaufsicht zu stellen. Die Verhängung der Polizeiaufsicht hat 
zur Folge: 1. daß dem Verurtheilten der Aufenthalt an einzelnen bestimmten Orten von der 
  
werden kann, letztere von einer mit selbstständiger Verfügungsgewalt ausgestatteten Behörde angeordnet 
werden muß, aber nicht auf die Handhabung der Polizeigewalt beschränkt ist. 
1) Vgl. Seuffert, Art. Durchsuchung in Stengel's Wörterbuch des Verw.-N., I, S. 290 ff. 
" 2) Vgl. Seuffert, Art. Polizeiaufsicht in Stengel's Wörterbuch des Verw.-Rechts, II, 
S. 249 ff.
	        
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