Full text: Handbuch des Öffentlichen Rechts. Band II.3. Das Staatsrecht des Königreichs Preußen. (23)

§ 94. Die Ordnungspolizei. 405 
Nach Maßgabe dieser Gesindeordnungen ist die Thätigkeit der Polizei in Gesindestreitig- 
keiten eine dreifache: 1. die vorläufige Entscheidung von Streitigkeiten aus dem Gesindever- 
hältniß; 2. die Anwendung obrigkeitlicher Zwangsmittel, um das Gesinde zum Antritte oder 
zur Fortsetzung des Dienstes anzuhalten; 3. die Ausfertigung der Dienstzeugnisse an Stelle 
der Herrschaft, wenn das von dieser ausgestellte Zeugniß sich als wahrheitswidrig erweist (vgl. 
M. Vf. v. 13/2. 1890, M. Bl. d. i. V. S. 34). 
II. Die Miethspolizei. Bei Miethsstreitigkeiten steht der Polizeibehörde eine soweit 
gehende Einmischung nicht zu wie bei Gesindestreitigkeiten. Namentlich ist der Polizei nirgends 
ein vorläufiges Entscheidungsrecht eingeräumt. Immerhin steht ihr in gewissen Fällen im In- 
teresse der öffentlichen Ordnung ein Einschreiten zu. Nach dem G. v. 30/6. 1834 (S. S. S. 91) ist 
die Polizei befugt, durch der Bestätigung des vorgesetzten Regierungs-Präsidenten unterliegende 
Verordnungen die Räumungsfrist bei größeren Wohnungen unter Berücksichtigung der beson- 
deren örtlichen Verhältnisse zu verlängern. Ferner ist die Polizeibehörde befugt, Streitigkeiten 
bei Ausübung des Zurückbehaltungsrechtes vorläufig zu regeln, um etwaigen Gewaltthätig- 
keiten vorzubeugen (E. d. O.V.G., Bd. IV (S. 415 f.). 
III. Fundsachen. Die Beziehungen zwischen dem Finder einer verlorenen Sache und 
dem Eigenthümer bezw. dem Verlierer regeln die Vorschriften des bürgerlichen Rechtes. Das- 
selbe gilt auch von dem Anspruch auf den Finderlohn, wie auch von dem Rechte des Finders 
sowohl wie etwaiger dritter Personen, wenn sich der Eigenthümer der Sache nicht meldet, bezw. 
nicht zu ermitteln ist. 
Trotzdem es sich sonach zunächst nur um privatrechtliche Verhältnisse handelt, so tritt 
doch in Preußen eine vermittelnde Thätigkeit der Polizeibehörden ein. Das A.L. R. hat in 
§§ 19—72 T. I Tit. 9 genaue Vorschriften hinsichtlich der Behandlung verlorener Sachen 
gegeben: namentlich ist in §§ 20 ff. a. a. O. vorgeschrieben, daß der Finder den Fund bei der 
nächsten Obrigkeit zur Anzeige bringen muß, daß die gefundene Sache in gerichtliche Verwahrung 
genommen und dann ein in §§ 31 ff. näher geregeltes Aufgebotverfahren vom Gerichte durch- 
geführt wird. Die einschlägigen landrechtlichen Vorschriften sind nun durch § 23 des Ausf.G. 
zur C. Pr.O. v. 24/3. 1879 (G. S. 281) in der Weise abgeändert worden, daß unter Aufrecht- 
haltung der Anzeigepflicht des Finders und seines Anrechtes auf den Fund, welches er bezüg- 
lich des Mehrwerthes mit der Ortsarmenkasse zu theilen hat, die Ablieferung an das Gericht 
aufgehoben und das öffentliche Aufgebot vom Antrage der Betheiligten abhängig gemacht wurde. 
Durch das ergehende Ausschlußurtheil wird dem unbekannten Verlierer oder Eigenthümer der 
Anspruch auf Herausgabe des durch den Fund erlangten und zur Zeit der Erhebung des An- 
spruches vorhandenen Vortheiles vorbehalten, jedes weitere Recht aber ausgeschlossen. Auf 
Grund des § 23 des G. v. 24/3. 1879 ist das Reglement, betreffend die polizeiliche Behand- 
lung der Fundsachen im Geltungsgebiete des A.L. R. v. 21/4. 1882 ergangen (M. Bl. f. d. i. 
V. S. 88). Nach diesem Reglement hat die Polizeibehörde über die von den Findern zu er- 
stattenden Anzeigen ein Verzeichniß zu führen und dem Verlierer oder Eigenthümer einer Sache 
auf Nachfrage über die erfolgte polizeiliche Anmeldung des Fundes Auskunft zu ertheilen. Ein 
Verzeichniß der angemeldeten Funde ist öffentlich bekannt zu machen mit der Aufforderung an 
die Betheiligten, sich zur Geltendmachung ihrer Rechte binnen drei Monaten zu melden (8§ 1 
und 2). Die Polizeibehörde muß die Verwahrung gefundener Sachen übernehmen, wenn der 
Finder die gefundene Sache zur polizeilichen Verwahrung anbietet (6 3). Meldet sich der Ver- 
lierer oder Eigenthümer der Sache, so hat die Polizeibehörde, welche die Sache in Verwahrung 
hat, die Legitimation des sich Meldenden zu prüfen und über die Herausgabe der gefundenen 
Sache, zugleich aber über die Gewährung eines Fundgeldes, soweit solches vom Finder gefordert 
und vom Verlierer oder Eigenthümer bewilligt wird, zu befinden, event. den Finder auf den 
Rechtsweg zu verweisen (§6). Meldet sich dagegen der Verlierer oder Eigenthümer innerhalb der 
in der polizeilichen Bekanntmachung festgesetzten Abhebungsfrist nicht, so ist, wenn der Werth der
	        
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