§ 97. Die Armenverwaltung. 45
b) Die selbstständigen Gutsbezirke. Den Gemeinden werden die außerhalb des
Gemeindeverbandes stehenden Gutsbezirke gleich geachtet. Die Bestimmungen der Gesetze über
die Verwaltung der örtlichen Angelegenheiten in den außerhalb des Gemeindeverbandes stehen-
den Bezirken sind in den letzteren überall auch für die Verwaltung der öffentlichen Armenpflege
maßgebend (§ 7). Die Gutsbesitzer haben in den Gutsbezirken die Kosten der Armenpflege
gleich den Gemeinden zu tragen. Steht der Gutsbezirk nicht ausschließlich im Eigenthum des
Gutsbesitzers, so ist auf dessen Antrag ein Statut zu erlassen, welches die Aufbringung der
Kosten der öffentlichen Armenpflege in dem Gutsbezirke anderweitig regelt und den mit heran-
zuziehenden Grundbesitzern oder Einwohnern eine entsprechende Betheiligung bei der Ver-
waltung der Armenpflege einräumt. Das Statut wird, wenn sich die Betheiligten nicht ver-
einigen, nach Anhörung derselben durch den Kreistag festgestellt und muß hinsichtlich der Bei-
tragspflicht den gesetzlichen Bestimmungen über die Vertheilung der Kommunallasten in den
ländlichen Gemeinden folgen. Dasselbe unterliegt der Bestätigung des Bezirksausschusses
(6 8 G. v. 8/3. 1871 und § 40 Z.G.).
c) Gesammtarmenverbände. Die bei Erlaß des G. v. 8/.3 1871 vorhandenen
Verbände von Gemeinden und Gutsbezirken, die einen einheitlichen Ortsverband (Gesammt-
armenverband) bereits bildeten, blieben nach § 9 d. G. bestehen. Die für die Verwaltung der
Angelegenheiten dieser Verbände maßgebenden statutarischen Vorschriften können durch ver-
fassungsmäßigen vom Bezirksausschusse bestätigten Beschluß des betreffenden Verbandes, in
Ermangelung eines solchen Beschlusses aber nur gemäß den Vorschriften des § 10 abgeändert
werden. Nach § 10 bleibt aber, soweit die Verfassung der bestehenden Gesammtarmenverbände
nicht durch statutarische Vorschriften geregelt ist, den betheiligten Gemeinden und Gutsbezirken
die Vereinbarung solcher statutarischen Vorschriften, vorbehaltlich der Bestätigung derselben
durch den Bezirksausschuß (& 40 Z.G.), überlassen, in Ermangelung einer derartigen Verein-
barung wird die Verfassung des Gesammtarmenverbandes durch ein, nach Anhörung der Be-
theiligten vom Kreistage nach Maßgabe der in § 10 Abs. 2 enthaltenen Bestimmungen zu
beschließendes, vom Bezirksausschuß zu bestätigendes Statut geregelt. Hervorzuheben sind von
diesen Bestimmungen folgende: 1. Für den Gesammtarmenverband wird eine besondere, aus
Abgeordneten der Gemeinden und Gutsbezirke bestehende Vertretung gebildet; jede Gemeinde
und jeder Gutsbezirk hat mindestens Einen Abgeordneten zu entsenden. 2. In Beziehung auf
die Verwaltung der gemeinsamen Armenpflege stehen nach Maßgabe der Gemeindeverfassungs-
gesetze der Vertretung des Gesammtarmenverbandes die Rechte der Gemeindevertretung (Ge-
meindeversammlung), dem Vorsitzenden derselben die Rechte des Gemeindevorstehers (Gemeinde-
vorstandes) zu. 3. Die Vertheilung der Kosten der gemeinsamen Armenpflege auf die einzelnen
Gemeinden und Gutsbezirke erfolgt nach Maßgabe der in ihnen aufkommenden (Klassen= und)
Einkommensteuer, der halben Gewerbesteuer, sowie der halben Grund= und Gebäudesteuer. Den
einzelnen Gemeinden bleibt die Aufbringung des auf sie vertheilten Kostenbeitrages nach den
Vorschriften der Gemeindeverfassungsgesetze überlassen.
Die aus mehreren Gemeinden oder Gutsbezirken zusammengesetzten Kommunalverbände
(Bürgermeistereien, Aemter, Sammtgemeinden), welche noch keinen einheitlichen Ortsarmen-
verband bildeten, können nach Maßgabe des § 11 unter Zustimmung des Kreistages in den
Formen, welche für die Beschlußfassung über die gemeinschaftlichen Angelegenheiten dieser
Verbände vorgeschrieben sind, als Gesammtarmenverbände eingerichtet werden. Die Bestimm-
ungen der Gesetze über die Verwaltung der gemeinschaftlichen Angelegenheiten der gedachten
Kommunalverbände sind alsdann auch für die Verwaltung der gemeinsamen Armenpflege maß-
gebend.
Gemeinden oder Gutsbezirke, welche einem der in den §§ 9 u. 11 gedachten Verbände
nicht angehören, können mittelst gegenseitiger Vereinbarung als Gesammtarmenverbände einge-
richtet oder einem bestehenden Gesammtarmenverbande einverleibt werden. Die Art der Be-