444 Sechstes Buch: Die Landesver waltung. II. Kapitel. § 105.
innerhalb des Bezirkes einer Kammer getrennt nach Regierungsbezirken (Wahlbezirken), auf je
fünfzig Wahlberechtigte trifft ein Mitglied und ein Stellvertreter, mindestens aber sind je zwöl
Mitglieder und Stellvertreter für jede Kammer zu wählen. Wahlberechtigt und wählbar sind
diejenigen Aerzte, welche innerhalb des Wahlbezirkes ihren Wohnsitz haben, Angehörige des
deutschen Reiches sind und sich im Besitze der bürgerlichen Ehrenrechte befinden. Unter ge-
wissen Voraussetzungen kann die Wählbarkeit und das Wahlrecht durch Beschluß des Vor-
standes der Aerztekammer dauernd oder auf Zeit entzogen werden.
Der aus einem Vorsitzenden und mindestens vier Mitgliedern bestehende Vorstand wird
von der Aerztekammer für die Dauer der Wahlperiode gewählt ½).
2. Die Apotheker und die Apotheken?). Die Apotheker bedürfen nach § 29
R.Gw.O. zur Ausübung ihres Gewerbes, d. h. zum selbstständigen Betriebe einer Apotheke,
einer Approbation, welche auf Grund eines Nachweises der Befähigung ertheilt wird. Die
Approbation als Apotheker wird wie diejenige der Aerzte von den Centralbehörden derjenigen
Bundesstaaten ertheilt, welche eine oder mehrere Universitäten in ihrem Gebiete haben 3). Ueber
die Zurücknahme der Approbation gilt dasselbe wie über die Zurücknahme der Approbation
der Aerzte.
Wer die Approbation als Apotheker erworben hat, ist innerhalb des Reiches in der Wahl
des Ortes, wo er sein Gewerbe betreiben will, an und für sich nicht beschränkt; da jedoch die
Reichsgewerbeordnung nach § 6 auf die Errichtung und Verlegung von Apotheken keine An-
wendung findet, so kommen in dieser Hinsicht die betreffenden Vorschriften des Landesrechtes zur
Anwendung und ist der approbirte Apotheker bezüglich der Ausübung seines Gewerbes den
Beschränkungen des Landesrechtes unterworfen. Nach preußischem Rechte dürfen nur Personen,
welche ihre Befähigung zum Betriebe des Apothekergewerbes in vorschriftsmäßiger Weise dar-
gethan haben, eine Apotheke anlegen, verwalten oder in derselben als Gehilfe thätig sein. Zur
Errichtung neuer und zur Verlegung schon bestehender Apotheken bedarf es einer besonderen
staatlichen Genehmigung, welche vom Oberpräsidenten ertheilt wird. Die Anlegung neuer
Apotheken soll nur stattfinden, wenn das Bedürfniß einer Vermehrung derselben erwiesen ist
(allg. Gew. O. v. 17/1. 1845 — G. S. S. 41 — § 54, Instr. für die Oberpräsidenten v.
31/12. 1825 § 11 Z. 4, V. v. 24/10. 1811 — G. S. S. 359 —, M. E. v. 25/9. 1866,
M. Bl. f. d. i. V. S. 194; vgl. auch Kab.O. v. 8/3. 1842 G.S. 111).
Die Erlaubniß zur Anlegung einer neuen Apotheke ist nur eine persönliche; besteht eine
Apothekenberechtigung in der Form einer Realgerechtigkeit, so bedarf es für den Besitzer oder
Erwerber derselben nur des Nachweises seiner persönlichen Befähigung als Apotheker.
Die Apotheker sind einerseits vom Staate besonders geschützt und andererseits beauf-
1) Trotz der Freigabe des ärztlichen Berufs haben einzelne Reichsgesetze den Aerzten gewisse
Vorrechte ertheilt und bestimmte öffentliche Pflichten auferlegt. a) Vorrechte: a) Straflosigkeit im
Falle der Hilfeleistung bei einem Zweikampf (R. Str. G. B. § 209, 6) Befreiung von der Pflicht zur
Uebernahme des Geschwornen= und Schöffendienstes (G.V.G. 8§8§ 35, 85), J) Befreiung von der Pflicht
zur Gestellung ihrer zur Ausübung ihres Berufes erforderlichen Pferde zum Kriegsdienste und Vor-
spann (R.G. v. 13/6. 1873 § 25 u. R. G. v. 13/2. 1875 § 3), 3) die zur Ausübung ihres Berufes
erforderlichen Gegenstände unterliegen nicht der Exekution (C. Pr. O. 5 715), e) sie haben ein Konkurs-
privileg für ihre Forderungen (Konk. O. § 54). b) Pflichten: a) Verpflichtung zur Geheimhaltung
der ihnen kraft ihres Berufs anvertrauten Privatgeheimmnisse (Str. Pr. O. § 300), daher kein Zeugniß-=
zwang in Bezug auf solche Thatsachen (C. Pr. O. § 348 und Str. Pr. O. § 52), H) Anzeigepflicht in Be-
zug auf die Geburten (R.G. v. 6/2. 1875 8§ 18). — Ueber die Verpflichtung der Aerzte zur Anzeige an-
steckender Krankheiten bei der Polizeibehörde vgl. Regul. v. 8/8. 1835.
2) Feldhaus, die Apothekengesetzgebung von Preußen, 1890. — Staas, die Apotheken=
gesetze nach deutschem Reichs= und preuß. Landesrecht, 5. Aufl., 1891.
3) Vgl. Bekk. des R.K. v. 5/3. 1878, 11/11. 1875, 4/2. 1879, 13/1. 1883, 6/5. 1884, 6/7. 1889
(C. Bl. 1875, S. 167, 1879, S. 91, 1883, S. 12, 1888, S. 155, 1889, S. 421).