8 105. Das Heilpersonal und die Heilanstalten. 445
sichtigt ) Der Schutz der Apotheker liegt darin, daß nur sie mit Arzneiwaaren handeln und
die ärztlich vorgeschriebenen Heilmittel anfertigen dürfen (vgl. kaiserl. V. v. 27/1. 1890, R.=
G. Bl. S. 9 und Str. Pr.O. § 367 Z. 3). Andererseits sind sie verpflichtet, die in der deutschen
Pharmakopbe verzeichneten, rohen und zubereiteten Arzneimittel in tadelloser Beschaffenheit
vorräthig zu haben, die erforderlichen Räume zur Aufbewahrung der Materialien, ein zweck-
entsprechend eingerichtetes Laboratorium und einen angemessenen Verkaufsraum, sowie die zur
Aufbewahrung der Arzneistoffe und die zur Zubereitung der Arzneimittel erforderlichen Gefäße
und Geräthe bereit zu haben 2). Ebenso unterliegen die Apotheker einer Ueberwachung durch
die Medizinalbeamten und finden deshalb in bestimmten Zeiträumen und auch außerordent-
liche Revisionen durch den Kreisphysikus in seinem Amtsbezirke und durch den Medizinalrath
der Regierung unter Hinzuziehung eines Apothekers im Regierungsbezirke statt.
Nach § 80 Abs. 1 R.Gew.O. können für die Apotheker durch die Centralbehörden der
Bundesstaaten Taxen festgestellt werden. Ermäßigungen derselben durch freie Vereinbarungen
sind jedoch zulässig.
Von besonderen Vorrechten der Apotheker sind zu erwähnen: 1. Apotheker, welche
keinen Gehilfen haben, können die Berufung zum Schöffen und Geschworenendienste ablehnen
(G. V. G. 88 35 u. 85); 2. der Pfändung sind die zum Betriebe einer Apotheke unentbehrlichen
Geräthe, Gefäße und Waaren nicht unterworfen (C. Pr. O. § 715); 3. die Forderungen der
Apotheker aus dem Verkaufe von Arzneimitteln haben im Konkurse einen Vorrang (Konk.O. 854).
Als eine besondere Pflicht der Apotheker und ihrer Gehilfen ist andererseits die Pflicht
zur Geheimhaltung der ihnen in Ausübung ihres Gewerbes anvertrauten Geheimnisse (R. Str.=
Pr. O. § 300) zu erwähnen.
3. Die Hebammenz). Nach § 30 Abs. 2 R.Gew.O. bedürfen Hebammen eines
Prüfungszeugnisses der nach den Landesgesetzen zuständigen Behörde, ohne welches sie ihr
Gewerbe nicht ausüben können (6147 Nr. 1a. a. O.). In Preußen steht die gewerbliche Ausübung
der Geburtshilfe durch Frauen nur den Hebammen zu, welche ein Prüfungszeugniß einer
preuß. Behörde erhalten haben, vorbehaltlich der durch Staatsverträge geregelten Verhältnisse
in den Grenzbezirken (allg. Vf. v. 6/8. 1883). Die Vorbildung erfolgt in den Hebammen-
lehrinstituten ekommunalständischen Anstalten). Das Zeugniß wird von einer Prüfungskom-
mission ausgestellt; auf demselben wird auch die gleichzeitig erfolgte Vereidigung vermerkt.
Alle Hebammen stehen unter der Aufsicht des Kreis-(Stadt-, Oberamts-PPhysikus und
haben die ihnen durch die allgemeinen Vorschriften über das Hebammenwesen und durch be-
sondere Polizeiverordnungen auferlegten Verpflichtungen zu erfüllen).
Es sind bestimmte Hebammenbezirke gebildet, in denen Bezirkshebammen angestellt sind.
Die Anstellung steht, soweit nicht die Angelegenheit von den Kreisverbänden statutarisch ge-
regelt ist, den einen Hebammenbezirk bildenden Gemeinden und Gutsbezirken zu. Hebammen-
bezirke, welche die Mittel zur Ausbildung, Besoldung oder Unterstützung einer Bezirkshebamme
nach dem Gutachten der Provinzialverwaltungsbehörde aufzubringen außer Stande sind, er-
halten in den neun älteren Provinzen des Staates den erforderlichen Zuschuß durch die Kreis-
verbände (vgl. auch G. v. 28/5. 1875, betreffend die Verpflichtung zur Unterstützung hilfsbe-
dürftiger Hebammenbezirke u. s. w., G. S. S. 223)5).
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1) Vgl. die Apothekenordnung f. d. alten Provinzen v. 11/10. 1801 (Mylius Nov. Corp. Const.
K, S. 555): f. Hannover V. v. 19/12. 1820 (hannov. G. S. 1821, I, S. 17; f. Hessen Mediz-O.
v. 10/7. 1830.
2) Das Halten von Hausapotheken und das Selbstdispensiren ist den Aerzten nur ausnahms-
weise gestattet. Vgl. darüber Grotefend a. a. O. S. 132s/3.
3) Ueber das sog. niedere Heilpersonal vgl. Rönne a. a. O. S. 235. ff.
4) Ueber Hebammen-Taxen vgl. Rönne a. a. O., S. 232, Note 4.
5) Ueber die Verpflichtung der Hebammen zur Anzeige von Geburten vgl. R.G. v. 6/2. 1875, § 18,