Full text: Handbuch des Öffentlichen Rechts. Band II.3. Das Staatsrecht des Königreichs Preußen. (23)

462 Sechstes Buch: Die Landesverwaltung. III. Kapitel. § 111. 
v. 24/1. 1848 unterliegt die Bildung von Deichverbänden dem königlichen Verordnungsrechte: 
demgemäß sind durch königl. Erlaß v. 14/11. 1853 „Allgemeine Bestimmungen für künftig 
zu erlassende Deichstatuten“ ergangen. Dieselben sind für alle Deichverbände verbindlich, in 
deren Statuten diese Bestimmungen in Bezug genommen sind. Im Uebrigen sind die Rechts- 
verhältnisseder noch bestehenden älteren Verbände nach den betreffenden Statuten und Reglements, 
sowie den Grundsätzen des gemeinen Deichrechtes zu beurtheilen. Für die Deichverbände in 
Hannover und Schleswig-Holstein kommen die daselbst in Kraft gebliebenen partikularrecht- 
lichen Deichordnungen zur Anwendung. 
Der Deichverband bildet eine Korporation, die die durch den Deich geschützten Grund- 
stücke umfaßt; die Mitgliedschaft ist ausnahmslos an den Besitz eines deichpflichtigen Grund- 
stückes geknüpft. Innerhalb des Verbandes können selbstständige Genossenschaften für be- 
sondere Zwecke, namentlich die Binnenentwässerung gebildet werden. 
Die innere Verfassung ist nach dem G. v. 24/1. 1848 dahin geordnet, daß neben dem 
Deichhauptmann, der an der Spitze des Verbandes steht und diesen nach außen vertritt, und 
dem Deichinspektor, der die technische Leitung hat, als Organ für die Kontrolle und oberste 
Verwaltung ein von den Deichgenossen gewähltes Deichamt fungirt. Deichhauptmann und 
Deichinspektor werden von den Repräsentanten der Deichgenossen auf 6 Jahre gewählt und 
bedürfen der Genehmigung der Aufsichtsbehörde. Die Beamten des Deichverbandes haben die 
Eigenschaft von mittelbaren Staatsbeamten; der Deichhauptmann handhabt die örtliche Deich- 
polizei, er hat das Recht, Polizeiverordnungen zu erlassen und die von ihm innerhalb seiner 
Zuständigkeit getroffenen Anordnungen durchzuführen, sowie die Befugniß zum Erlasse vor- 
läufiger Strafverfügungen bei Uebertretungen (allg. Bestimmungen v. 1853 § 29; G. v. 11½K. 
1850 886 5, 20; G. v. 23/4. 1883 § 1). 
Die Deichpflicht ruht als öffentliche Last unablöslich und unverjährbar auf den zum 
Deichverbande gehörigen Grundstücken; rückständige Leistungen werden im Verwaltungzwangs- 
verfahren beigetrieben. Für die Vertheilung der Deichlast auf die einzelnen Genossen ist ein 
vom Verbande geführtes Verzeichniß, der Deichkataster maßgebend. 
Die Deichordnungen enthalten vielfach Bestimmungen über die Beschränkungen, denen 
die nicht dem Verbande angehörigen Besitzer im Interesse der Deichunterhaltung unterworfen 
sind. Nach dem G. v. 1848 ist allgemein vorgeschrieben, daß solche Beschränkungen im Deich- 
statut getroffen werden können. 
Die Aufsicht über die Deichverbändc führt der Regierungspräsident (im Geltungsbereiche 
des G. v. 11/4. 1872 die untere Verwaltungsbehörde), in zweiter Instanz der Minister für 
Landwirthschaft. Nach dem Z.G. § 97 kann aber statutarisch die Aufsichtsführung auf den 
Kreisausschuß, den Bezirksausschuß oder den Provinzialrath übertragen werden. 
Anlangend die Neubildung von Deichverbänden, so können nach dem G. v. 24/1. 1848 
solche Verbände gebildet werden, wenn die Deichanlagen zur Abwendung gemeiner Gefahr oder 
zu erheblicher Förderung der Landeskultur nothwendig ist. Es bedarf dabei nur der Anhörung 
der betheiligten Grundbesitzer. Die Bildung der Verbände erfolgt durch königliche Verordnung, 
bezw. ein landesherrlich vollzogenes Statut ). Im Geltungsbereiche des G. v. 11/4. 1872 
kann gegen den Willen der Betheiligten nur im Falle gemeiner Gefahr ein Deichverband ge- 
bildet werden; bezweckt die Deichanlage nur die Förderung der Landeskultur, so bedarf es für 
die Bildung des Verbandes der Zustimmung der Mehrheit der Grundbesitzer. 
VI. Die Wassergenossenschaften 2). Das G. v. 1/4. 1879, betreffend die Bildung 
  
1) Ueber das Verfahren bei Bildung der Verbände giebt die Instruktion des Ministers der Land- 
wirthschaft v. 24/8. 1850 (nicht publizirt, vgl. Hermes, a. a. O., S. 261 f.) Anweisung. 
2) Rönne, a. a. O., IV, S. 340 ff. — Bornhak, a. a. O,, III, S. 306. — Grotefend, 
a. a. O., II, S. 686 ff. — Frank-Nieberding, a. a. O., I., S. 204 ff. — Hermes, Art. 
Wassergenossenschaften in Stengel's Wörterbuch des Verw.-Rechts, II, S. 868 ff.
	        
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