Full text: Handbuch des Öffentlichen Rechts. Band II.3. Das Staatsrecht des Königreichs Preußen. (23)

466 Sechstes Buch: Die Landesverwaltung. III. Kapitel. 8 112. 
Die öffentlichen Wege sind nach dem A. L. R. II 16 8 1 entweder Land= und Heerstraßen, 
die von einer Grenze des Landes zu einer anderen, oder von einer Stadt, von einem Post= oder 
Zollamte zu einem anderen oder zum Meere und Hauptströmen führen. Alle anderen öffent- 
lichen Wege werden vom Allgemeinen Landrecht als Gemeinde-, Kommunikations= oder Vicinal- 
wege bezeichnet. In der Regel werden die öffentlichen Wege eingetheilt mit Rücksicht auf den 
Träger der Wegebaupflicht in Staats-, Provinzial-, Kreis= und Gemeindewege. Dabet ist be- 
züglich der Staatsstraßen hervorzuheben, daß durch § 18 d. Dotations-G. v. 8/7. 1875 (G.S. 
S. 497) den Provinzialverbänden von Preußen, Brandenburg, Pommern, Posen, Schlesien, 
Sachsen, Schleswig-Holstein, Hannover, Westfalen und der Rheinprovinz, den Kommunal= 
verbänden der Regierungsbezirke Kassel und Wiesbaden, den Stadtkreisen Berlin und Frank- 
furt a.]:M. und dem Landeskommunalverbande der hohenzollern'schen Lande die Verwaltung, 
einschließlich der technischen Bauleitung, sowie die Unterhaltung der bereits ausgebauten 
Staatschausseen und derjenigen chaussirten Straßen übertragen wurde, welche aus den den be- 
treffenden Kommunalverbänden durch das G. v. 87. 1875, bezw. durch die früheren Dotations-= 
gesetze überwiesenen Fonds ausgebaut werden und nicht in die Verwaltung Dritter übergingen. 
Zugleich mit der Unterhaltung der bereits ausgebauten Staatschausseen ging das Eigenthum 
an denselben nebst allen Nutzungen und Pertinenzien, einschließlich der Chausseewärter= und 
Einnehmer-Häuser auf die Kommunalverbände über. Für die Uebernahme der Verwaltung 
und Unterhaltung der Staatschausseen, einschließlich der Kosten der Besoldung und Pensionir- 
ung des für die obere Leitung der Neu= und Unterhaltungsbauten, sowie für die Beaufsichtig- 
ung der Chausseen neu anzustellenden, bezw. schon vorhandenen Beamtenpersonales wurde den 
im § 18 genannten Kommunalverbänden eine Jahresrente von 19 Millionen Mark gewährt. 
Durch diese Bestimmungen ist die Mehrzahl der Staatsstraßen auf die Provinzen, bezw. 
Kommunalverbände übergegangen, nur die Verwaltung und Unterhaltung derjenigen Staats- 
chausseen, deren Kosten bisher aus berg= oder forstfiskalischen Fonds bestritten wurde, verblieb 
nach § 18 Abs. 5 dem Staate. 
Eine besondere Art von Landstraßen sind die Chausseen oder Kunststraßen, die sich von 
den übrigen Straßen an und für sich nur durch die technische Ausführung unterscheiden. Je- 
doch gelten für dieselben eine Anzahl besondere Rechtsvorschriften ½. 
Die Entscheidung der Frage, ob ein Weg ein öffentlicher ist, hat nach § 56 Z.G. im 
Verwaltungsstreitverfahren zu erfolgen. Wird ein Weg im Verwaltungsstreitverfahren für 
einen öffentlichen erklärt, so bleibt aber nach § 56 Abs. 8 a. a. O. demjenigen, der privat- 
rechtliche Ansprüche auf den Weg geltend macht, der Antrag auf Entschädigung gegen den 
Wegebauverpflichteten im ordentlichen Rechtswege nach Maßgabe des § 4 G. v. 11/5. 1842 
vorbehalten. 
III. Die Verwendung der für die Wegeanlage verwendeten Grundstücke schließt das 
Eigenthumsrecht daran keineswegs aus, sondern beschränkt es in seinen Wirkungen nur so 
lange, als die Grundstücke für den öffentlichen Verkehr in Anspruch genommen sind?). Daraus 
  
1) Die wichtigsten Chausseen hat der Staat auf Grund des ihm nach A.L. R. II, Tit. 15 zu- 
stehenden Regals selbst gebaut, den Bau anderer Chausseen hat er durch Gewährung von Prämien 
und Verleihung besonderer Vorrechte (Recht der Enteignung, Recht der Chausseegelderhebung, Anwend- 
ung der für Staatschausseen geltenden polizeilichen Bestimmungen) an Kommunalverbände und Gesell- 
schaften (vgl. Kab. O. v. 21/6. 1809, V. v. 8/11. 1834) gefördert (vgl. M. E.E. v. 8/8. 1854, — M. Bl. 
d. i. V. S. 183, — v. 21/8. 1869, ebendaselbst S. 221, — v. 27/1. 1867, — ebendaselbst S. 34,— 
v. 2/11. 1878 — ebendaselbst 1879, S. 38). Die früher zur Anlegung von Chausseen erforderliche 
allerhöchste Genehmigung ist jetzt weggefallen (Kab.O. v. 25/10. 1878, M. Bl. d. i. V., S. 38); es be- 
darf jetzt nur noch der ministeriellen Genehmigung zur Anlegung von Chausseen, die an nichtdeutsche 
Staaten grenzen, sowie solchen, die in Festungsrayons einmünden sollen (Kab.O. v. 24/9. 1867 u. 17/7. 
1874, M.E. v. 2/11. 1879, M. Bl. d. i. V. 1879, S. 38). 
2) Vgl. über die Beschlußfassung hinsichtlich der Einziehung und Verlegung öffentlicher Wege 
§ 57 Z.G.
	        
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