470 Sechstes Buch: Die Landesverwaltung. III. Kapitel. 8 113.
Staate im Durchschnitte der Jahre vom 1/4. 1881 bis 1/4. 1891 für den gleichen Zweck aus
dem Extraordinarium des Staatshaushaltsetates aufgewendeten Betrages entspricht. Die
Feststellung dieser Jahresrente wurde im § 46 Abs. 2 königlicher Verordnung überlassen mit
der Maßgabe, daß sie vom Staate durch einmalige Zahlung des fünfundzwanzigfachen Be-
trages derselben abgelöst werden kann. In Folge dessen wurde durch V. v. 28/3. 1892 die
Rente auf 519 862 M. 53 Pfg. festgestellt, mit dem Vorbehalte anderweitiger Festsetzung für
den Fall, daß die eine oder andere der seither aus dem Fonds Kap. 65 Tit. 18 des Ordina-
riums des Staatshaushaltsetates unterhaltenen Straßen u. s. w. von der Uebergabe an die
Provinz ausgeschlossen werden sollte. Ferner wurde durch G. v. 14/7. 1892 die Staats-
regierung ermächtigt, behufs Ablösung dieser Rente eine Summe bis zu 13190 643 M. durch
Verausgabung eines entsprechenden Betrages von Schuldverschreibungen flüssig zu machen.
Was die zweite Gruppe von Wegen anlangt, so zerfällt dieselbe wieder in zwei Klassen:
a) ohne Hebeberechtigung, b) mit Hebeberechtigung. Wenn nämlich für die Benutzung von
öffentlichen Wegen oder von Zubehörungen derselben eine Abgabe (Wege-, Pflaster-, Damm-,
Brücken-, Fährgeld u. s w.) zu entrichten ist, so liegt nach § 27 die Baulast an Stelle des nach
den Bestimmungen der Wegeordnung sonst Verpflichteten dem Hebeberechtigten ob. Bezüg-
lich der ersten Klasse von Wegen aber bestimmt § 43, daß diejenigen Rechte und Verbindlich-
keiten in Beziehung auf den Wegebau, welche vor dem Inkrafttreten der Wegeordnung durch
besondere Titel begründet waren, insoweit in Kraft bleiben, als in den letzteren die Wegebau-
last nicht bloß in den bisherigen allgemeinen oder besonderen gesetzlichen Vorschriften, Ord-
nungen, Gewohnheitsrechten und Observanzen anerkannt und festgestellt ist.
Solche Wege, deren Unterhaltung nicht der Provinz, den Kreisen oder Gemeinden ob-
liegt, sondern einem auf Grund eines besonderen Titels Verpflichteten verbleibt, sind zu unter-
halten wie die Gemeindewege (§ 24). Der auf Grund besonderer Titel Verpflichtete kann
jedoch nach § 25 seine Verpflichtung durch Zahlung einer jährlichen Geldrente an den gesetz-
lich Verpflichteten ablösen. Ebenso kann der Letztere die Ablösung der auf besonderen Titel
beruhenden Verpflichtung verlangen #).
§ 113. Die Verkehrsanstalten (Post= und Telegraphenwesen, Eisenbahnen).
I. Das Post= und Telegraphenwesen unterliegt nach Art. 4 Nr. 10 R. V. der Ge-
setzgebung und Beaufsichtigung des Reiches; abgesehen von Bayern und Württemberg sind
aber nach Art. 48 R.V. auch die Post wie der Telegraph für das gesammte Reichsgebiet als
einheitliche Staatsverkehrsanstalten eingerichtet und verwaltet. Das Reich ist also nicht bloß
zur Gesetzgebung und Beaufsichtigung in Bezug auf das Post= und Telegraphenwesen zustän-
dig, sondern hat auch die Verwaltung an sich genommen, so daß auch in dieser Beziehung
die Zuständigkeit der Einzelstaaten ausgeschlossen ist. Zuständig sind die Einzelstaaten nach
Art. 50 Abs. 5 R.V. nur noch zur Anstellung derjenigen Post= und Telegraphenbeamten, deren
Anstellung nicht wie die der oberen und der Aufsichtsbeamten durch Art. 50 Abs. 4 R.V. dem
Kaiser übertragen ist. Für Preußen wird dieses Anstellungsrecht auf Grund des A.E. v.
28/9. 1867 von den Organen des Reiches (Staatssekretär des Reichs-Postamtes und Ober-
postdirektionen) im Namen des Königs von Preußen ausgeübt .
II. Die Eisenbahnens). Insoweit die Eisenbahnen ein Bestandtheil der Finanz-
verwaltung sind, sind sie bereits in § 62 besprochen worden; hier kommt das Eisenbahnwesen
1) Der dritte Titel (§§ 36—41) handelt von den Berpflichtungen Dritter in Beziehung auf den
Wegebau, insbesondere auch von den Naturaldiensten zum Zwecke der Verhütung oder Beseitigung von
Verkehrsstörungen in Folge von Schneefall, Ueberschwemmungen u. s. w.
2) Sydow, Art. Post= und Telegraphenbeamte in Stengel's Wörterbuch des Verw.
Rechts, II, S. 295 f.
3) Laband, das Staatsrecht des deutschen Reiches, 2. Aufl., II, S. 112 ff. — Rönne, das
Staatsrecht der preuß. Monarchie, 4. Aufl., IV, S. 574 ff. — Schulze, das preuß. Staatsrecht,